Abdrift-Maßnahmen wirken
Die Anstrengungen der Obst- und Weinbauern gegen Abdrift von Pflanzenschutzmitteln zeigen Wirkung: Die Rückstände von Wirkstoffen auf öffentlichen Flächen haben in den vergangenen vier Jahren um mehr als 70 Prozent abgenommen. Das geht aus einer Studie des Südtiroler Sanitätsbetriebs und des Versuchszentrums Laimburg hervor.
Im Vierjahreszeitraum von 2018 bis 2022 hat die Sektion Umweltmedizin des Sanitätsbetriebs Grasproben an insgesamt 39 untersuchten Standorten gezogen. Das Monitoring erstreckte sich über die Gebiete Vinschgau, Burggrafenamt, Überetsch, Unterland und die Gegenden um Bozen und Brixen. Bei 33 Standorten handelt es sich um Spielplätze, bei den übrigen um Schulflächen, einen Kindergarten und eine Parkfläche. Sämtliche Standorte befinden sich in der Nähe von landwirtschaftlichen Feldern. In diesen sensiblen Zonen wurden 399 Grasproben gezogen und auf Rückstände untersucht. Die Ergebnisse hat der Sanitätsbetrieb gemeinsam mit dem Versuchszentrum Laimburg in einer Studie aufgearbeitet und kürzlich bei einer Pressekonferenz vorgestellt.
70 Prozent weniger Rückstände auf öffentlichen Flächen
Während des Monitorings wurden demnach insgesamt 39 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Der Großteil davon stammt aus der Landwirtschaft. Die meisten Rückstände wurden im Monat Mai gefunden. Die mit Abstand am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffe waren Fluazinam und Captan, zwei Fungizide, die gegen Apfelschorf zum Einsatz kommen. Die gute Nachricht aber lautet: Sowohl die Anzahl der Rückstände als auch die gemessene Konzentration in den untersuchten Standorten ist im Vierjahreszeitraum um mehr als 70 Prozent gesunken. Die Anzahl der Rückstände pro Standort hat im Untersuchungszeitraum um 72 Prozent abgenommen. Waren 2018 noch durchschnittlich 5,36 Rückstände pro Standort und Jahr gefunden worden, sank diese Zahl bis zum Jahr 2022 auf nur mehr 1,46 Rückstände. Die durchschnittliche Konzentration der Wirkstoffe ist sogar um 78 Prozent von 0,055 mg/kg auf 0,012 mg/kg gesunken und liegt damit knapp über der Nachweisgrenze von 0,010 mg/kg.
„Anstrengungen der Landwirte wirken“
Laimburg-Direktor Michael Oberhuber und Lino Wegher, Direktor der betrieblichen Sektion für Umweltmedizin des Südtiroler Sanitätsbetriebes, unterstrichen den „signifikanten Rückgang von Pflanzenschutzmittelrückständen“.
Für beide Wissenschaftler zeigt die positive Entwicklung ganz deutlich: Die Maßnahmen im Obst- und Weinbau zur Abdriftreduktion sind erfolgreich. Dazu zählen zum Beispiel die grobtropfige Ausbringung durch Injektordüsen bei Sprühgeräten und eine sachgerechte Ausbringung durch die Anwender. Oberhuber unterstrich: „Die Anstrengungen der Landwirte haben gewirkt und zu einer maßgeblichen Reduktion der Rückstände geführt“. Diese Entwicklung müsse weitergehen, bekräftigt der Laimburg-Direktor. Denn einige der beprobten Standorte weisen regelmäßig eine höhere Anzahl an Wirkstoffen auf. „Wie Landwirte die Pflanzenschutzmittelbehandlungen handhaben, ist ein wirkungsvoller Hebel zur Reduktion von Abdrift. Wir müssen weiterhin alles gegen die Abdrift unternehmen, denn Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gehören auf öffentlichen Flächen nicht hin.“
Kein gesundheitliches Risiko
Auf die Frage, ob die gefundenen Rückstände für Unbeteiligte wie etwa spielende Kinder ein gesundheitliches Risiko darstellen, gibt die Studie klare Entwarnung. “Bei der Einschätzung eines möglichen Risikos für die menschliche Gesundheit geht es nicht nur um das Vorhandensein von Rückständen, sondern vor allem darum, deren Konzentration zu betrachten. Diese ist in den Grasproben deutlich unterhalb jenes Bereichs, der gesundheitlich bedenklich sein könnte,” lautete die klare Botschaft von Lino Wegher.
Zur Verdeutlichung der minimalen Mengen wird in der Studie ein Vergleich mit den zulässigen Höchstmengen in Agrarprodukten gezogen. Das Fazit: „Die Rückstandskonzentrationen sind vergleichbar mit den Mengen, die wir auf Lebensmitteln finden und die der Gesetzgeber für diese als sicher festgelegt hat“, erklärt Oberhuber. „Die aufgefundenen Werte bereiten mir also keine Sorgen.“
Studie in Fachmagazin veröffentlicht
Beide Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Ergebnisse des Monitorings nur repräsentativ für „sensible Zonen“ sind, die direkt an Landwirtschaftsflächen angrenzen. Sie lassen sich also auch nicht auf die gesamte Südtiroler Fläche übertragen.
Die gesamte Studie, an der weitere Autoren mitgewirkt haben, wurde vom Sanitätsbetrieb und dem Versuchszentrum Laimburg – nach Überprüfung durch unabhängige Gutachter – im renommierten wissenschaftlichen Journal „Frontiers in Environmental Science“ in englischer Sprache publiziert. Auch die Rohdaten des Langzeit-Monitorings sind im Internet öffentlich zugänglich. Ziel der Arbeit war es, die Gesamtheit der gewonnen Daten des Monitorings transparent und nachvollziehbar darzustellen.