Apfelernte: Die Märkte sind unter Druck

Deutlich früher als sonst hat die Apfelernte in Europa begonnen. Noch ungewiss sind die definitiven Erntemengen, die in diesem Jahr zu erwarten sind. Die Direktoren der VIP und des VOG wagen eine vorsichtige Prognose auf Ernte und Vermarktungssaison.

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Mit 12.168.000 Tonnen und damit in etwa gleich vielen Äpfel wie im Vorjahr, schätzte die diesjährige Prognosfruit das Erntevolumen 2022. Die Veranstaltung, die nach zwei Jahren erstmals wieder in Präsenz stattfand, ging von 3. bis 5. August in Belgrad über die Bühne. Organisiert wurde sie von der WAPA, World Apple and Pear Association, die damit jedes Jahr die Ernteschätzungen der 27 EU-Länder und des Vereinigten Königreichs zusammenträgt und damit einen Ausblick in die neue Vermarktungssaison zulässt. 

Die effektiven Erntemengen dürften aber geringer ausfallen, zumindest in manchen Gebieten. Denn die Hitze im August dürfte die Ertragserwartungen eingebremst haben. Trotzdem beziehen sich die folgenden Zahlen auf die Schätzungen der WAPA bei der Prognosfruit.

Größter Produzent ist Polen, neue Sorten ziehen deutlich an

Spitzenreiter bei den Erntemengen bleibt Polen, das wahrscheinlich 4.495.000 Tonnen Äpfel einfahren und damit etwa fünf Prozent mehr Äpfel produzieren wird als im Vorjahr. Ein Plus können auch Italien mit 2.150.000 Tonnen, Frankreich mit 1.468.000 Tonnen und Deutschland mit 1.067.000 Tonnen verzeichnen, mengenmäßig die Nummern zwei, drei und vier in der europäischen Rangliste. Mit einer im Vergleich zum Vorjahr geringeren Erntemenge müsse dagegen Belgien (–12 %), Spa­nien (–23 %), Portugal (–20 %) oder Ungarn (–33  %) rechnen. 

Bei den Sorten bleibt der Golden Delicious mit 2.064.000 Tonnen Erntemenge die wichtigste Apfelsorte Europas, ein Minus von fünf Prozent zeichnet sich aber im Vergleich zum Vorjahr ab (s. Tabelle 1). Im Gegensatz dazu bleibt der Wachstumstrend bei der Sorte Gala: Die Europäische Galaernte wird in diesem Jahr auf 1.614.000 Tonnen geschätzt. Das entspricht einem leichten Plus von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr und einer vorläufigen Rekordernte. Dasselbe gilt für die Sorte Cripps Pink, die ihren Höhenflug fortsetzt und in diesem Jahr auf ein Erntevolumen von 311.000 Tonnen ansteigen wird. Das entspricht einem Plus von 21 Prozent im Vergleich zu 2021. Insgesamt sind die sogenannten „Neuen Sorten“ oder Clubsorten stark im Steigen begriffen: Sie machen inzwischen 436.000 Tonnen aus, das sind 19 Prozent mehr als im letzten Jahr.

Italienisches Ernteplus, für Südtirol ein Minus

Während Italien ein kleines Ernteplus im Vergleich zum Vorjahr erwartet, ist die Prognose für Südtirol eine Ernte von insgesamt 912.803 Tonnen, das sind rund drei Prozent weniger als 2021. Ein Minus muss auch das Trentino hinnehmen, es werden dort 507.360 Tonnen (–1 %) geschätzt. In allen anderen Regionen ist die Apfelernte aber voraussichtlich größer als 2021, besonders im Piemont, wo letzthin die Anbauflächen deutlich zugenommen haben. Hier werden schätzungsweise 225.149 Tonnen Äpfel geerntet (+20 %).

Was die Sorten anlangt, ist der Golden Delicious auch auf nationaler Ebene zwar immer noch die Hauptsorte, mit einem Ernteminus von fünf Prozent aber weiter im Abwärtstrend. Dasselbe gilt für Jonagold (3399 t), Brae­burn (34.224 t) oder Fuji (153.275 t), die 18, 15 bzw. drei Prozent weniger Erntemenge stellen werden als im Vorjahr. 

Alle anderen Sorten legen zu: Gala (392.520 Tonnen) um zwei Prozent, Red Delicious (205.944 Tonnen) um sieben Prozent, Granny Smith (157.000 Tonnen) um 18 Prozent und Cripps Pink (107.171 Tonnen) um 16 Prozent. Teils starke Zuwächse können auch andere Clubsorten für sich verbuchen, Italien erwartet in diesem Jahr eine Rekordernte von 194.315 Tonnen Clubäpfeln, was einen Zuwachs von 38 Prozent im Vergleich zu 2021 bedeutet. 

Deutlich im Steigen begriffen ist auch die Erntemenge bei Bioäpfeln, es wird für Italien eine Rekordernte von fast 200.000 Tonnen Bio-ware erwartet. Das sind vier Prozent mehr im letzten Jahr und entspricht neun Prozent des italienischen Erntevolumens an Äpfeln. 

Ergänzende Tabellen und zwei Interviews mit Walter Pardatscher, Vorsitzender Direktor des VOG, und Martin Pinzger, Direktor des VIP, finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 15 des „Südtiroler Landwirt“ vom 2. September ab Seite 46,
online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

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