„Begegnungen bereichern mich“
Margareth Hofer Vanzetta ist eine Frau mit großen Gedanken, geerdet, verbunden mit der Natur. Die Bäuerin auf dem Gogerer Hof im Jaufental ist Bäuerin des Jahres 2022. Als solche ist es ihr wichtig, über Nachhaltigkeit zu reden, über das Bäuerin-Sein und Frauenseilschaften.
Neugier und eine gehörige Portion Mut haben Margareth Hofer Vanzetta zur Bäuerin gemacht. Die Bäuerin des Jahres 2022 erklärt im Interview, wie wichtig sie es findet, Neues zu wagen. Aber auch, auf altes Wissen zurückzugreifen.
Frau Hofer Vanzetta, Bäuerin-Sein bedeutet für Sie …
Margareth Hofer Vanzetta: Abwechslungsreich, naturverbunden, arbeitsreich.
Naturverbundenheit spielt eine große Rolle?
Ja, ich denke, das geht allen Bäuerinnen so. Wir arbeiten viel in und mit der Natur, sie wirkt auf das, was wir machen, auf die Entscheidungen, die wir treffen, und auf das, was am Ende des Jahres erwirtschaftet werden kann.
Die Natur wirkt – wie meinen Sie das?
Wenn das Wetter gut ist, kann man Heuarbeiten machen, wenn’s regnet, dann wächst es im Garten und im Acker. Wenn es keine großen Unwetterschäden gibt, dann ist die Ernte reicher. So funktioniert es halt auf dem Hof, man kann im Winter nicht Gartenarbeit machen, es muss Hand in Hand gehen. Man kann den Mist beim abnehmenden Mond ausbringen, dann wirkt er besser, es geht anders auch, aber nicht so gut. Dieses ganzheitliche Denken ist am Hof alltäglich.
Trotzdem ist die Naturheilkunde oder die Homöopathie im Stall nicht überall so präsent wie bei Ihnen?
Viele wissen schon noch Bescheid über die Naturheilkunde. Früher war das selbstverständlich. Man hat ein wenig den Glauben daran verloren, weil die Pharmaindustrie erklärt, dass die Mittel, die es zu kaufen gibt, viel besser sind. Jeder versucht, dir den einfacheren Weg zu zeigen. Die Anwendung der Homöopathie oder der Naturheilmittel ist halt nicht so einfach, da muss man sich bemühen, man muss sich schon einsetzen.
Sie bieten auch Hofführungen an, lassen Ihre Gäste in den Stall. Den Wert der lokalen Produkte aufzuzeigen, ist Ihnen ein Anliegen?
Ein großes sogar! Warum in die Ferne reisen, wenn das Gute so nahe ist? Die Superfood-Werbung preist Pflanzenkeime aus China und Blaubeeren aus Peru an, doch wir hätten hier bei uns eigentlich so viele gute Produkte. Wenn wir im Speziellen an die Milch denken: Es ist ein reichhaltiges Produkt, sie enthält viele Nähstoffe, da können Ersatzprodukte nicht mithalten. Die Unverträglichkeit ist ein anderes Thema. Leute, die mit der Landwirtschaft nichts zu tun haben, meinen oft, man solle nicht Milch kaufen, weil auf die Tiere nicht gut geschaut wird. Das stimmt einfach nicht! Und dann holen sie sich die Sojamilch aus Amerika. Unsere Milch ist gut, es gibt kein veganes Produkt, das mithalten kann, wenn wir ehrlich sind.
Was braucht es, um Bäuerin zu werden?
Den Willen anzupacken, braucht es auf jeden Fall. Man muss flexibel sein und auch mutig, weil es ist kein 8--Stunden-Job. Man muss den Mut haben, das Leben am Hof mitzutragen, es so anzunehmen, wie es ist. Und Wissbegierde braucht es: Man muss sich in vielen Bereichen auskennen, man ist Köchin, Sekretärin, Gärtnerin, Hausfrau, Bäckerin, Lebensmittelproduzentin und vieles mehr.
Sie waren lange Zeit Ortsbäuerin. Wie wichtig ist für Sie diese Frauengemeinschaft innerhalb der Bäuerinnenorganisation?
Die Ortsgruppe ist eine Bereicherung, vor allem für die Frauen selbst, aber auch für die Dorfgemeinschaft. Man trifft sich mit Frauen, die ein ähnliches Leben führen: Da kann man sich austauschen, das ist einfach super. Die Begegnungen mit Bäuerinnen haben mich immer bereichert, das tun sie auch heute noch.
Wenn Frauen einander unterstützen, sind sie stark …
Ja, das ist so. Ich glaube, Frauen unterstützen einander mehr, als es eigentlich sichtbar ist aufgrund der Rolle, welche die Frau in unserem patriarchalen System hat. Wenn die Frauen nicht zusammenhalten würden, dann wäre vieles nicht möglich. Es ist zwar schwer, doch die Frauen kämpfen sich schon durch. Es braucht Frauenpower, viele Frauen vor uns haben uns gezeigt, dass man als Frau Großes schaffen kann, ganz ohne Macht. Ich glaube an diese Frauenpower.
Die Bäuerin der Zukunft – wo geht es hin?
Die Zukunft wird schwierig. Als ich jung war, habe ich mir Gedanken gemacht über Atommüll und Computer, die unsere Arbeiten übernehmen werden. Heute ist das Thema Klimawandel sehr präsent. Energie braucht es, da kommen wir nicht drum herum, aber woher nehmen wir diese Energie, ohne dem Planeten zu schaden? Das sind Fragen, die mich beschäftigen.
Sie sagen: Jeder Bauernhof ist nachhaltig?
Ja auf jeden Fall! Kein anderer Berufszweig ist imstande, so viel CO² zu speichern wie der Bauernhof, auch wenn er noch so klein ist. Jeder Bauernhof bearbeitet Grund und Boden, schaut, den Hof produktiv zu halten. Und das ist nachhaltig.
Welche Erfahrungen haben Sie als Bäuerin des Jahres gemacht?
Viele schöne Erfahrungen! Ich war erstaunt, wie viele Menschen sich für die Bäuerin des Jahres, für mich und für den Hof interessiert haben. Das hat mich berührt. Ich habe in dieser Zeit viele Leute kennengelernt, ganz viele interessante Gespräche geführt, das ist für mich etwas ganz Positives.
Was wünschen Sie sich als Bäuerin des Jahres?
Ich hätte so viele Wünsche! Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass es nicht so eine große Schere zwischen Arm und Reich gibt, ich wünsche mir Frieden, ich wünsche mir, dass wir unseren Planeten Erde als Geschenk annehmen und bewahren. Wir sind von der Natur abhängig, sie gibt uns so vieles.
Einen ergänzenden Beitrag, wie ein Tag bei Frau Hofer Vanzetta abläuft, finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 15 des „Südtiroler Landwirt“ vom 2. September ab Seite 23, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.