„Beratung ist wichtiger denn je“
Alexander Rainer ist seit 25 Jahren Versicherungsagent und lebt auf einem Bauernhof im Schnalstal. Dem „Südtiroler Landwirt“ erklärt er, warum Risiken für landwirtschaftliche Betriebe steigen, wie sich Versicherungen verändert haben und weshalb gute Beratung heute entscheidend ist.
Alexander Rainer ist auch Gast in der aktuellen Folge des „Südtiroler Landwirt“-Podcasts „Zuaglost“. Das folgende Interview ist eine Kurzfassung des Gesprächs, das online abrufbar ist.
Südtiroler Landwirt: Herr Rainer, stellen Sie sich bitte kurz vor. Wie kamen Sie zur Versicherungsbranche?
Alexander Rainer: Ich komme aus dem Schnalstal, von einem Bergbauernhof. Landwirtschaft habe ich also von klein auf erlebt. Nach der Matura bin ich eher zufällig in die Versicherungswelt geraten – über einen Sponsor aus dem Skisport. Obwohl ich Versicherungen früher langweilig fand, habe ich gemerkt, wie viel man für Menschen und Betriebe bewirken kann. Seit 25 Jahren bin ich als Versicherungsagent und Miteigentümer einer Versicherungsmakler-Gesellschaft tätig.
Wie oft haben Sie in Ihrem Alltag mit Bauern und Bäuerinnen zu tun?
Eigentlich fast täglich. Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftssektor. Ich betreue seit vielen Jahren Bauernbund-Mitglieder, wenn es um ihre Rechtsschutzversicherung geht, da gibt es laufend Anfragen. Auch in den Agenturen haben wir ständig Kontakt, weil Betriebe sehr vielfältig sind und individuellen Schutz brauchen.
Hat sich das Versicherungswesen in den letzten zehn bis 15 Jahren stark verändert?
Ja, enorm. Alles wird globaler und schneller. Wir sind Teil eines internationalen Versicherungsmarktes, in dem Rückversicherer eine große Rolle spielen. Wenn weltweit Katastrophen passieren, steigen die Rückversicherungskosten – das wirkt sich auf Prämien bei uns aus. Schäden und deren Kosten sind generell gestiegen. Manche Versicherer ziehen sich aus bestimmten Risikobereichen sogar zurück.
Was bedeutet das für Bauern konkret?
Die Beratung wird immer wichtiger. Landwirtschaftliche Betriebe sind sehr unterschiedlich. Maschinen, Technik, Stallausrüstung – alles ist viel wertvoller als vor 20 Jahren. Auch Risiken haben sich verändert: mehr Elektronik, mehr Installationen, mehr Abhängigkeit von Technik. Das erfordert maßgeschneiderte Lösungen.
Welche Risiken haben in letzter Zeit besonders zugenommen?
Klimarisiken, ganz klar: Starkregen, Unwetter, Wetterextreme. Auch Investitionen sind höher geworden – moderne Maschinen oder Stalleinrichtungen sind teuer. Als Versicherungsberater muss man auf diese Neuerungen und Details im Einzelnen eingehen. Da ist auch die Kommunikation zwischen Bauern und Beratern wichtig – wenn sich grundlegende Dinge in Sachen Ausstattung am Hof ändern, dann kann das natürlich Auswirkungen auf die aktuellen Versicherungspolizzen haben, die zu überarbeiten sind. Ein großes Thema sind Brände: Früher gab es im Stall kaum Technik. Heute haben wir Heukräne, Photovoltaik, Batterien, Ladestationen. Diese Systeme erhöhen das Risiko. Viele Brände beginnen bei Photovoltaik-Anlagen oder elektrischen Geräten.
Wie schätzen Sie die Einstellung der Bauern zum Thema Versicherung ein?
Versicherungen gelten oft als „notwendiges Übel“. Viele versichern Maschinen oder Gebäude, aber nicht sich selbst. Für ein Auto geben manche locker 1.000 Euro für eine Vollkasko-Versicherung aus, aber beim eigenen Körper sparen sie. Das hat auch mit Versicherungskultur zu tun. Wichtig wäre, sich zu fragen: Welche Risiken können meine Existenz gefährden? Genau dafür ist Versicherung da.
Man hört auch vom Problem der Überversicherung. Was bedeutet das?
Überversicherung entsteht, wenn mehrere Anbieter gleichzeitig Polizzen verkaufen und Kunden den Überblick verlieren. Manche decken dasselbe Risiko doppelt ab. Das lässt sich vermeiden, wenn ein einzelner Berater die gesamte Situation kennt. Gute Beratung heißt: erklären, zusammenfassen, unnötige Polizzen vermeiden.
Online-Versicherungen werden immer mehr. Spielt das in der Landwirtschaft eine Rolle?
Nein, eigentlich nicht – und ich denke auch nicht, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Landwirtschaftliche Betriebe sind zu individuell. Kein Onlinetool kann einschätzen, wie ein Hof funktioniert, welche Geräte, Gebäude oder Tätigkeiten es gibt. Dafür braucht es Menschen, die Betriebe kennen und Risiken realistisch bewerten können.
Haben Sie Beispiele, wo eine Versicherung einem Betrieb wirklich geholfen hat?
Ja, da habe ich in den 25 Jahren meiner Tätigkeit viele erlebt. Besonders prägend sind Stallbrände oder schwere Unfälle. Für Betroffene ist das eine Schocksituation. Wenn man dann als Versicherer einen Scheck übergeben kann, damit der Betrieb wieder aufgebaut wird, ist das ein sehr bewegender Moment. Da merkt man, warum man diesen Beruf macht.
Sie sprechen in wenigen Tagen bei der Fachmesse Agrialp bei einer Diskussionsrunde auf der Bauernbund-Aktionsbühne über Brandschutz. Warum brennt es so oft in der Landwirtschaft?
Brände begleiten die Landwirtschaft seit Jahrhunderten. Die Versicherungsgesellschaft ITAS – um nur ein Beispiel zu nennen – wurde vor über 200 Jahren gegründet, weil bäuerliche Gebäude so oft brannten. Heute kommen neue Risiken dazu: Photovoltaik, Batterien, Technik. Viele Brände der letzten Jahre hatten ihren Ursprung in Photovoltaik-Anlagen oder elektrischen Installationen. Das Thema ist aktueller denn je.
Was ist Ihnen zum Abschluss wichtig?
Versicherung ist kein Zwang, sondern Verantwortung. Jeder Bauer sollte prüfen: Welche Risiken können meine Familie und meinen Betrieb wirklich gefährden? Und dann die passende Lösung wählen – nicht weil jemand einem etwas „aufschwätzt“, sondern weil man überzeugt ist, dass es notwendig ist.