In Südtirols Obstbaugebiet hat Mitte August die Apfelernte begonnen, bei der Prognosfruit ging es vorher bereits um die Ernteschätzung.

Märkte wieder im Lot

Mit leer geräumten Lagern, aufnahmefähigen Märkten und einer durchschnittlichen Erntemenge präsentiert sich laut Prognosfruit der europäische Apfelmarkt. Gute Vorzeichen nach der schwierigen Vermarktungssaison 2022/23. Ob sich das im Laufe des Abverkaufs bestätigt, muss sich aber erst zeigen.

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Produktion Markt

Mit einer im langjährigen Durchschnitt liegenden Erntemenge von 11.411.000 Tonnen Äpfeln rechnet man für Europa. Das sind drei Prozent weniger als im Vorjahr, rechnete die WAPA (World Apple and Pear Association) bei der diesjährigen Prognosfruit vor. Die Konferenz fand Anfang August im Trentino statt und wurde von APOT (Associazione Produttori Ortofrutticoli Trentini) zusammen mit WAPA und COPA-COGECA (Vereinigung der europäischen landwirtschaftlichen Genossenschaften und Produzenten) mit Unterstützung von Assomela organisiert. Die Konferenz wird jedes Jahr an einem anderen Ort organisiert und sammelt die Ernteschätzungen der europäischen Erzeugerländer. Obwohl es sich um Schätzungen vor dem eigentlichen Erntebeginn handelt, zeigt der Abgleich mit den effektiven Erntemengen, dass die Prognosen über die Jahre nur unwesentlich von den Schätzungen abweichen (s. Grafik 1).

Ertragseinbußen in fast allen europäischen Ländern
Laut Prognosen werden für Italien 2.104.125 Tonnen an Erntemenge erwartet, was in etwa der des Vorjahres entspricht. Damit bleibt Italien mengenmäßig die Nummer zwei am europäischen Apfelmarkt, während Polen mit einer geschätzten Apfelernte von 3.995.000 Tonnen der größte Apfelproduzent Europas bleibt, auch wenn dort in diesem Jahr ein Ernteminus von elf Prozent hingenommen werden muss. Auch in anderen Erzeugerländern wird die Ernte geringer ausfallen als im Vorjahr: Österreich  verzeichnet ein Minus von 26 Prozent (111.000 t), Belgien  eine Minderernte von 15 Prozent (203.000 t), Deutschland elf Prozent Einbußen (952.000 t), die Niederlande ein Minus von zwölf Prozent (207.000 t) und Griechenland sogar ein Ernteminus von 34 Prozent (212.000 t) im Vergleich zum Vorjahr. Negative Vorzeichen werden auch bei den Erntemengen in Nordeuropa und den skandinavischen Ländern erwartet. Frankreich hingegen rechnet mit einer Steigerung der Erntemenge um acht Prozent (1.501.000 t) und bleibt damit drittgrößter Apfelproduzent Europas. Spanien verzeichnet ein Plus von 30 Prozent und eine Erntemenge von 536.000 Tonnen, während Portugal eine Erntemenge von 313.000 Tonnen und damit eine Zunahme von sieben Prozent im Vergleich zur Ernte 2022 erwartet.

Südtirol im Ernteplus
Trotzdem für Italien eine dem Vorjahr entsprechende Ernte prognostiziert wird, präsentieren sich die einzelnen Anbaugebiete sehr unterschiedlich: So steigt die Erntemenge in Südtirol im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 930.583 Tonnen und jene des Trentino auf 495.243 Tonnen Äpfel, was einem Plus von vier Prozent entspricht. Damit bleiben die beiden nördlichsten Anbaugebiete die Marktführer in Italien und in etwa im langjährigen Durchschnitt. Alle anderen italienischen Anbaugebiete müssen in diesem Jahr mit Mindererträgen rechnen: Besonders Venetien mit einer Ernte von 171.798 Tonnen und einem Minus von 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (s. Grafik 2). Die italienische Bioerzeugung wird im Vergleich zur letztjährigen Rekorderntemenge in diesem Jahr leicht zurückgehen, nämlich um sieben Prozent und wird mit geschätzten 180.224 Tonnen etwa neun Prozent des nationalen Gesamtangebots ausmachen.

Golden und Gala top
Abgesehen von den Sorten Golden Delicious, für die man auf europäischer Ebene ein Ernteplus von zwölf Prozent (2.168.000  t) im Vergleich zum Vorjahr prognostiziert, und Gala, die mit über 1.527.000 Tonnen und fünf Prozent mehr Erntemenge als 2022 einen Produktionsrekord erwartet, sind bei vielen der traditionellen Sorten die Erntemengen in diesem Jahr rückläufig: Red Delicious (–11 %), Granny Smith (–22 %), Fuji (–8 %) und Jonagold (–8 %). Die Produktionsmenge von Cripps Pink geht ebenfalls zurück und erreicht in dieser Saison voraussichtlich ein Erntevolumen von 292.000 Tonnen und damit ein Minus von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die neuen Sorten sind weiterhin auf dem Vormarsch und erreichten eine Erntemenge von insgesamt 588.000 Tonnen und damit 18 Prozent mehr als im Vorjahr und 54 Prozent mehr als im Durchschnitt der letzten drei Jahre (s. Grafik 3).
Auf nationaler Ebene steigt die Erntemenge von Golden Delicious ebenfalls wieder um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahrestief und erreicht voraussichtlich 684.431 Tonnen. Gala stellt mit einem Plus von acht Prozent gegenüber 2022 und einer Produktion von über 405.000 Tonnen auf italienischer Ebene einen neuen Rekord auf. Dasselbe gilt für neue (Club-)Sorten, die mit einem Zuwachs von 20 Prozent und einer Erntemenge von 229.000 Tonnen zu Buche schlagen. Auch die Sorte Morgenduft legt italienweit wieder zu und übertrifft 2023 mit einem Erntevolumen von 50.837 Tonnen die schwache Ernten der letzten beiden Jahre 2021 und 2022) deutlich mit einem Plus von 57 Prozent und kehrt damit wieder zur Normalproduktion zurück. Bei der Sorte Red Delicious dagegen fällt die Erntemenge in diesem Jahr um 20 Prozent unter den Durchschnitt der letzten fünf Jahre auf 169.347 Tonnen.
Ein deutlicher Rückgang der Erntemenge wird auch für die Sorte Granny Smith erwartet (–44 % gegenüber 2022), die Sorte Fuji verliert im Vergleich zu 2022 neun Prozent und wird eine Erntemenge von 155.420 Tonnen einfahren. Die für Italien geschätzte Erntemenge der Sorte Cripps Pink fällt um fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bleibt aber über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre (+5,4 %).

Zwei ergänzende Interviews (mit Martin Pinzger und Walter Pardatscher) finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 15 des „Südtiroler Landwirt“ vom 1. September ab Seite 43, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

Renate Anna Rubner

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