Einsaaten können zur Steigerung der Biodiversität beitragen und als Nahrungsquelle für Insekten dienen.

Mehr Biodiversität für Südtirol

Wie schwierig es ist, regionales Saatgut zu gewinnen, zu vermehren und daraus verkaufsfertige Mischungen herzustellen, wurde bei einer Tagung am Versuchszentrum Laimburg deutlich. Trotzdem gibt es Interesse daran, autochthones Wildsaatgut zu sammeln und für mehr Biodiversität einzusetzen.

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Produktion Wirtschaft

In einem dreijährigen Projekt sollen am Versuchszentrum Laimburg Wiesenblumensamen aus und für Südtirol gewonnen werden, um sie dann vor allem im (ökologischen) Obstbau als Einsaat einsetzen zu können. Diese Einsaaten sollen die Biodiversität erhöhen, den Boden verbessern und/oder als Nahrungsquelle beispielsweise für bestäubende Insekten dienen.

Erstes Projektjahr abgeschlossen
Elena Wilhelm begleitet das Projekt und stellte bei einer Informationsveranstaltung am 31. Januar die Ergebnisse des ersten Projektjahres vor: Im Juni/Juli 2023 habe sie erstes Basissaatgut gesammelt. Das sei sehr aufwändig, eine gute Artenkenntnis sei die Grundlage dieser Arbeit. Insgesamt wurden etwa 15 Arten besammelt, vor allem Arten wie der Wiesenkümmel (Carum carvi), der Spitzwegerich (Plantago lanceolata), die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) und der Wiesensalbei (Salvia pratensis).
Nach dem Trocknen und Reinigen der Samen wurden sie auf Reinheit und Keimfähigkeit geprüft, um sie in der Folge auf dem Feld weitervermehren zu können. Das ist einer der Schritte, die in diesem Jahr folgen werden. Die reifen Samen müssen alle zwei Tage von Hand geerntet werden, um dem natürlichen Verbreitungsmechanismus der Pflanze zuvorzukommen.
Erste Erfahrungen in der Vermehrung einiger Arten konnten laut Wilhelm schon im letzten Sommer gesammelt werden: So wurden auf den Flächen des Versuchszentrums Laimburg in Eyrs im Vinschgau die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis) und die Rote Lichtnelke (Silene dioica) weitervermehrt. Ab Herbst 2024 werden die Forscherinnen und Forscher am Versuchszentrum Laimburg  verschiedene Mischungen auf ihre Eignung in den Obstanlagen testen. „Marktfähig werden wir nach diesen drei Jahren noch nicht sein, das wird länger dauern“, meinte Wilhelm.
Erstes Ziel des Projekts ist zwar eine Saatgutmischung für die Zwischenzeilenbegrünung biologisch bewirtschafteter Obstwiesen. In einem weiteren Schritt soll eine höher wachsende Saatgutmischung für den Randbereich von Obstwiesen entwickelt werden. Langfristig soll das Südtiroler Wildpflanzen-Saatgut aber nicht nur für den Obstbau, sondern auch für andere landwirtschaftliche Bereiche wie den Weinbau sowie für Interessengruppen wie z. B. Gemeinden oder Privatpersonen verfügbar sein, erklärte Elena Wilhelm.

Großes Interesse
Von der Informationsveranstaltung erwarte sie sich wertvolle Inputs von den Referenten des Tages, denn in manchen Gebieten sei man mit der Vermehrung von regionalen Saatgutmischungen schon seit Langem beschäftigt und könne entsprechende Erfahrung einbringen, meinte Wilhelm. Dass das Interesse für das Thema autochthones Saatgut groß ist, ließ der voll besetzte Saal am Versuchszentrum Laimburg vermuten: Gekommen waren neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Vertretern verschiedener Landesämter auch mehrere Bäuerinnen und Bauern, die sich für die Sammlung und Vermehrung von Wildpflanzen interessieren.

Regional auf Ökotypen eingrenzen
Einer der Referenten der Tagung war Mauro Tomasi vom Bozner Unternehmen Local Flora Seed. Er sprach über Erfahrungen und Resultate der ersten Jahre seines Betriebes, den er mit zwei weiteren Partnern führt. Tomasi unterstrich, dass es zunächst wichtig sei, den Begriff „regional“ eng zu fassen und ihn auf angepasste Ökotypen einzugrenzen. Das sei die Garantie für eine größere Anpassungsfähigkeit der Pflanzen und den Erhalt der genetischen Biodiversität. Local Flora Seeds selbst gewinnt Saatgut auf Spenderflächen: von Magerwiesen und artenreichen Bergwiesen, zum Beispiel auf der Seiser Alm. Die Eigentümer/Bewirtschafter bekommen einen finanziellen Ausgleich für die Bereitstellung ihrer Flächen, weil sie durch den späteren Erntetermin qualitative und quantitative Verluste hinnehmen müssen. Um die Samen zu gewinnen, werden die Flächen gebürstet, das Erntegut wird kurz liegen gelassen, damit alle Tiere den Sack verlassen können, danach wird im Freien vorgetrocknet (falls es das Wetter zulässt), schließlich getrocknet. Später werden die so gewonnenen Samen auf die gewünschten Flächen ausgebracht und mit Heu oder Stroh abgedeckt, damit die Fläche nicht zu stark austrocknet.

Rechtlich in der Grauzone
Andrea Ferrario vom Studio F.A. Natura erzählte über die Produktionskette von autoch­thonem Saatgut in der Region Lombardei. Er ging vor allem auf die gesetzliche Grundlage für die Basissaatgutgewinnung ein und erklärte: „Bereits seit dem Jahr 2008 ernten wir Wildsaatgut in der Lombardei, auch wenn wir uns dabei rechtlich in einer Grauzone befinden.“ Die italienische Gesetzgebung sei nämlich sehr lückenhaft und teilweise sogar widersprüchlich.

In Österreich zwei Schritte voraus
... Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 3 des „Südtiroler Landwirt“ vom 16. Februar ab Seite 43, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

 

Renate Anna Rubner

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