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Die Familie von Weinbauer Paul Huber führt den Griesserhof in Vahrn mit Urlaub auf dem Bauernhof, Buschenschank, Weinkellerei und Direktvermarktung. Das ist viel Arbeit. Für ihn aber auch die beste Möglichkeit, dem Hof seinen Stempel -aufzudrücken. Und dem Wein seinen eigenen Charakter.

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Produktion

Einen Traumplatz hat der Griesserhof in Vahrn: inmitten des Grüns von Wiesen und Apfelbäumen, nicht weit vom Dorf und von der Stadt Brixen. Hier lebt Paul Huber mit seiner Partnerin Daniela und seiner Mutter Paula. Gemeinsam bewirtschaften sie den Hof mit rund sechs Hektar Weinbergen, Kellerei und Direktvermarktung, Buschenschank und Urlaub auf dem Bauernhof.

Für die Landwirtschaft ist hauptsächlich Paul verantwortlich, sein Sohn Andrè (20) geht ihm dabei zur Hand. Den Buschenschank organisieren Paul und Daniela gemeinsam: Die gelernte Hotelfachfrau macht die Verwaltung und behält den Überblick. Mutter Paula hilft mit, wo sie kann. Sie ist es auch, die mit viel Herzblut die Südtiroler Bauernkost auf den Tisch bringt, die den Buschenschank weitum bekannt macht. Jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten am Hof ein, gemeinsam sind sie ein gutes Team. Der Buschenschank ist ihnen eine Herzensangelegenheit. Denn die Gästebewirtung gehört einfach zum Griesserhof dazu.

1192 erstmals urkundlich erwähnt

Der Griesserhof ist 1192 erstmals urkundlich erwähnt: In dem Dokument ist von einer Schenkung der Augustinerchorherren des Klosters Neustift an den Bischof von Brixen die Rede. Der Hof war ein sogenannter „Maierhof“, Urkunden belegen, dass er über die Jahre und Jahrhunderte oft den Pächter gewechselt hat. Auch Pauls Großvater kam als Pächter auf den Hof. Das war im Jahr 1934, in dem Jahr ist auch Pauls Vater, Franz Huber, geboren. Er hat den Pachtvertrag später übernommen und den Griesserhof als Mischbetrieb samt Buschenschank bewirtschaftet. Den hatte nämlich schon Pauls Oma geführt, sehr primitiv noch, in der eigenen Stube, der eigenen Küche. Wie es damals halt üblich war.

Vom Pächter zum Besitzer

Paul ist Jahrgang 1972, er ist gemeinsam mit einem älteren Bruder und zwei Schwestern am Griesserhof aufgewachsen. 1997 hat er den Pachtvertrag für den Hof übernommen, geändert hat sich dadurch zunächst kaum etwas: Sein Vater kümmerte sich vor allem um den Hof, Paul schloss seine Ausbildung an der Fachschule Laimburg ab, dann arbeitete er nebenbei für das Vinzentinum in der Landwirtschaft. Schließlich – im Zuge der Umstrukturierung der Diözese Bozen-Brixen – bekam er die Gelegenheit, den Griesserhof zu kaufen, als kleinstmöglichen geschlossenen Hof. Diese Chance nahm er wahr, 2006 ging der Handel definitiv über die Bühne. Bald darauf begann Paul, den Hof umzustrukturieren: Die rund 14 Milchkühe kamen weg, der ehemalige Kuhstall wurde zum Verkostungsraum, der Schweinestall zur Kellerei und der Buschenschank bekam eine neue, professionelle Küche.

Zusätzlich zu den eigenen zwei Hektar hat Paul weitere Weinbauflächen in Pacht. Das Lesegut wurde seit Vaters Zeiten über einen genossenschaftlichen Zusammenschluss von Bauern aus der Gegend an die Stiftskellerei Neustift verkauft, zu einheitlichen Preisen und Konditionen. Einen Teil hat man am Griesserhof immer schon selbst eingekellert und über den Hofschank offen an die Gäste verabreicht.

Weil Paul die Arbeit im Weinkeller Freude machte und er auch die entsprechende Ausbildung genossen hatte, begann er bald schon, seinen Wein nach Lagen getrennt und in 7/10-l-Flaschen abzufüllen. Im Jahr 2009 waren es um die 5000 Flaschen, vorwiegend weiße Sorten wie Müller-Thurgau, Sylvaner, Kerner, Grüner Veltliner. Statt Portugieser nahm Paul den Zweigelt als Rotwein mit ins Sortiment, später auch Blauburgunder. Und bei den Weißweinen kamen Sauvignon und Gewürztraminer dazu. Inzwischen bewirtschaftet Paul Huber rund sechs Hektar Fläche und füllt jährlich 40.000 Flaschen ab.

Der Griesserhof in Vahrn

Buschenschank als Motor

„Der Buschenschank war für mich der Motor, der die Direktvermarktung gestartet hat“, erzählt Paul Huber. Durch den direkten Kontakt mit den Gästen war das Feedback für die Eigenbauweine unmittelbar. Der Schritt darüber hinaus, also zum Ab-Hof-Verkauf und den Vertrieb über Gastronomie und Handel, sei aber ein großer: „Denn damit beginnt das ,Branding‘, eine Rolle zu spielen.“ Und Paul nimmt diese Rolle sehr ernst. „Ich mache Weine, die nicht nur unsere spezielle Situation hier am Hof widerspiegeln, sondern auch mich, meinen Charakter, meine Geschichte“, sagt er.

Deshalb gibt es vom Griesserhof Lagenweine: Gols, Rigger und Gall. „Mir ist aufgefallen, dass diese drei Lagen sehr unterschiedliche Weine hervorbringen, auch wenn es sich um ein und dieselbe Sorte handelt“, erzählt Paul. Denn die Böden und das Mikroklima seien jeweils sehr unterschiedlich, deshalb müsse man auch die Kulturmaßnahmen entsprechend anpassen. „Der Wein entsteht im Weinberg“, ist der Winzer überzeugt, deshalb sei ihm Ausgewogenheit so wichtig. „Vegetatives Wachstum und Ertrag müssen im Gleichgewicht sein, um Weine hervorzubringen, die harmonisch und im Gleichgewicht sind“, sagt er. Im Keller versuche er dann, die Charakteristik der Sorten und ihrer Lagen in die Flasche zu bringen und damit seiner Hände Arbeit und seinen Stil. Das hat Zeit gebraucht und ist ein ständiger Lern- und Entwicklungsprozess.

 

So naturnah wie im Weinberg versucht Paul Huber auch im Weinkeller zu arbeiten.

Über den Zusammenschluss „Weinwerk“ werden die Weine vom Griesserhof in Südtirol vermarktet.

Naturnah bis in die Flasche

„Anfangs waren meine Weine standardisiert vinifiziert, also mit Reinzuchthefen und traditionell geschönt. Heute produzieren wir in Anbau und Vinifizierung viel naturnaher, mit Spontanvergärung, teils mit Maischekontakt, immer mit biologischem Säureabbau und zehn Monaten Zeit, um zu reifen“, erzählt der Bauer. Im neu gebauten Weinkeller stehen Stahltanks, große Holzfässer und Amphoren, weitere Instrumente, um die Weine ihrem Potenzial und ihren Ansprüchen entsprechend auszubauen.

„Jeder Wein hat eine Geschichte und die ändert sich auch von Jahr zu Jahr“, erklärt Paul Huber. Also erzählt er die Geschichte seines Rosé „Lilith“, von der Namensfindung bis zur Kreation des Etiketts. Oder die, weshalb er im Sortiment einen Müller-Thurgau führt: „Eigentlich wollte ich die Stöcke schon roden und stattdessen Riesling anpflanzen.“ Doch dann sei ihm schlagartig bewusst geworden, dass die Leichtigkeit, Frische und Fruchtigkeit dieser Sorte eigentlich genau dem entspricht, was heute gefragt ist. Bei Verkostungen schneidet der Wein super ab, heuer ist er schon ausverkauft. „Die Leute reagieren nur auf den Namen mit Ablehnung, der Wein selbst kommt sehr gut an“, sagt der Winzer. „Und er gehört zu unserer Gegend, zu unserem Hof.“

Konsequenz auch im Verkauf

Paul Huber investiert viel in seinen Betrieb. Er macht sich Gedanken, nichts passiert, ohne gut überlegt zu sein. Deshalb ist er auch im letzten Schritt konsequent, im Verkauf. Knapp ein Viertel seiner Produktion geht über den Buschenschank und den Ab-Hof-Verkauf an Gäste, Kundinnen und Kunden. Den Rest bringt Paul Huber über Vertriebspartner und die Gastronomie an Weinliebhaberinnen und -liebhaber in Südtirol, im restlichen Italien und im Ausland. Diese Partner sucht Paul Huber gezielt aus, er will die beste Platzierung für sein Produkt. „Es ist wichtig, den Wert des eigenen Produkts zu erkennen und es im entsprechenden Rahmen gut zu präsentieren“, ist er sich sicher, denn nur so könne man seine Wertigkeit zum Ausdruck bringen. Eine gute Positionierung zahle sich aus.

Gemeinsam mit zwölf anderen kleinen Südtiroler Winzern hat er sich zum „Weinwerk“ zusammengeschlossen, das Vinum und das Meraner Weinhaus als exklusiven Vertriebspartner für Südtirol nutzt. Initiator dieses Zusammenschlusses ist der Aurer Luis Oberrauch, er fungiert auch als Koordinator, die beiden Vertriebspartner übernehmen Distribution und Fakturierung, teils auch den Kontakt für Verkostungen und Betriebsbesuche. „Eine fruchtbringende Zusammenarbeit für beide Seiten“, sagt Huber, die Gruppe habe aber noch andere Vorteile: Man trifft sich zum Diskutieren, Verkosten und für Lehrfahrten.

Nur im Online-Geschäft hat Paul Huber das Gefühl, nicht Herr der Lage zu sein. Das möchte er künftig ändern. „Ich möchte die Souveränität über mein Produkt behalten, im Online-Handel ist das fast unmöglich, dort sehe ich aber auch enormes Wachstumspotenzial“, meint er. Auch hier müsse man sich den Entwicklungen anpassen, er ist gewillt, das Ruder in die Hand zu nehmen. Im Fall mit guten Partnern. Dasselbe gilt für einen professionellen Auftritt im Internet und in den Sozialen Medien. Die Neugestaltung der hofeigenen Webseite ist das nächste Projekt von Paul Huber, über Instagram kann er mit 800 Followern kommunizieren: „Da zeige ich unsere Realität am Hof, unsere Produkte und was gerade so läuft. Sehr aktiv bin ich nicht, aber ich versuche, uns auch über diesen Kanal ein Profil zu geben.“ Und damit ein jüngeres Publikum und potentielle neue Kunden zu erreichen. „Wir sind hier in Südtirol inzwischen total international, die Leute kommen von überall her und lieben Wein“, erzählt Paul Huber mit Begeisterung. Und wenn sie Sensibilität für unser Produkt mitbringen, ist bei ihnen unser Wein genau am richtigen Ort.“

 

Dieser Beitrag ist Teil der Direktvermarkter-Offensive des Südtiroler Bauernbundes

 

Renate Anna Rubner

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