Neue Landesregierung im Amt
Seit dem 1. Februar ist es fix: Südtirol hat eine neue Landesregierung – und im Vergleich zur vorhergehenden bleibt mit Blick auf die personelle Besetzung kaum ein Stein auf dem anderen. Auch die Landwirtschaft hat einen neuen Ansprechpartner.
Viele Diskussionen und zum Teil auch heftige Reaktionen waren der Bildung der Regierungskoalition und der neuen Landesregierung vorausgegangen. Am Ende gibt es nun eine Koalition aus fünf Parteien und eine Landesregierung mit vielen neuen Gesichtern. Tatsächlich sind vom „alten“ Regierungsteam mit Landeshauptmann Arno Kompatscher sowie den Landesräten Philipp Achammer und Daniel Alfreider nur drei Vertreter übriggeblieben. Die anderen acht Mitglieder der Landesregierung sind allesamt Neueinsteiger. Der Südtiroler Landtag hat die neue Landesregierung am Donnerstag mit den Stimmen der Mehrheit gewählt, die acht Landesräte und drei Landesrätinnen können ihr Amt somit antreten. In der neuen Regierungskoalition sind neben der Südtiroler Volkspartei auch die Freiheitlichen sowie die italienischen Parteien Fratelli d’Italia, Uniti per l’Alto Adige – Lega und La Civica vertreten. Bis auf letztere sind alle Parteien auch in der neuen Landesregierung vertreten.
Walcher übernimmt von Schuler
Bis zuletzt war die Frage ungeklärt, wer im neuen Regierungsteam die Agenden der Land- und Forstwirtschaft übernehmen sollte. Während unter anderem auch Landeshauptmann Arno Kompatscher für eine Bestätigung des bisherigen Landesrates Arnold Schuler eintrat, forderten der Südtiroler Bauernbund und mehrere Bezirke innerhalb der Südtiroler Volkspartei die Berücksichtigung von Luis Walcher, der bei den Landtagswahlen im Oktober ein besseres Vorzugsstimmenergebnis eingefahren hatte. Als alles auf eine Kampfabstimmung hindeutete, zog sich Arnold Schuler schließlich zurück. In einem vielbeachteten Facebook-Post begründete er diesen Schritt mit dem Wunsch, „einen Schaden von der Partei sowie eine Spaltung innerhalb der Landwirtschaft abzuwenden“.
Walcher zuständig für Land- und Forstwirtschaft und Tourismus
Damit war der Weg frei für den ehemaligen Bozner Vizebürgermeister und Bauern Luis Walcher, der dann auch ins Team der neuen Landesregierung aufgenommen und – so wie seine Kolleginnen und Kollegen – am Donnerstag vom Landtag gewählt wurde. Walcher wird in der neuen Landesregierung die Bereiche Land- und Forstwirtschaft sowie den Tourismus betreuen, so wie dies Arnold Schuler in den vergangenen Jahren getan hatte. Der Bereich Zivilschutz, der in den vergangenen Jahren ebenfalls zum Ressort von Schuler gehörte, wandert hingegen in den Zuständigkeitsbereich des Landeshauptmanns.
Luis Walcher ist damit in den kommenden fünf Jahren der erste Ansprechpartner in der Landesregierung für die Anliegen der bäuerlichen Familien im Land. Er ist aber bei Weitem nicht der Einzige, der sich um Themen kümmern wird, die sie in ihrem Alltag bewegen werden. So ist der ehemalige Brixner Bürgermeister Peter Brunner unter anderem für die Bereiche Raumentwicklung, Energie sowie Umwelt- und Klimaschutz zuständig, Rosmarie Pamer kümmert sich unter anderem um die Familien und das Ehrenamt, Philipp Achammer um die Bereiche Bildung, Innovation und Forschung und Christian Bianchi um Grundbuch und Kataster.
Was im Regierungsprogramm an Themen steht
Noch vor der Bildung der neuen Landesregierung hatten sich die Koalitionspartner auf ein umfangreiches Regierungsprogramm geeinigt (siehe digitale Ausgabe). Die Landwirtschaft ist darin gemeinsam mit der Wirtschaft in einem Kapitel zusammengefasst. Alle Maßnahmen zugunsten der Landwirtschaft sollen demnach darauf abzielen, dass Südtirol auch in Zukunft durch möglichst viele Familienbetriebe flächendeckend landwirtschaftlich bewirtschaftet wird und die Wirtschaftskraft des Primärsektors erhalten wird. Durch die Förderung gezielter Marketing-Maßnahmen sollen die landwirtschaftlichen Premiumprodukte bessere Absatzpreise erzielen, sodass die Auszahlungspreise für das Urprodukt steigen. Die Viehhaltungsbetriebe sollen bei der Umsetzung der neuen Richtlinien zum Tierwohl Hilfe bekommen, zudem sollen die genossenschaftlichen Milchverarbeiter und die extremen Bergbauernbetriebe unterstützt werden. Die Entwicklung neuer Zu- und Nebenerwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft wird ebenso geprüft. Die Entwicklung des Bioanbaues soll auch durch absatzfördernde Maßnahmen und durch die Bezuschussung von Zertifizierungskosten vorangetrieben werden. Für die soziale Landwirtschaft mit verschiedenen Tätigkeiten will die Landesregierung die noch fehlenden Rahmenbedingungen schaffen. Die Initiativen zum Schutz der traditionellen Alm- und Landwirtschaft gegenüber dem Großraubwild werden auf allen Entscheidungsebenen (Staat, Europäische Union), auch im Schulterschluss mit anderen Regionen, mit aller Kraft unterstützt. Geplant sind auch die Umsetzung eines Landesplans für ein strategisches Wassermanagement sowie die Anpassung des Höfegesetzes zur Eindämmung des Ausverkaufs geschlossener Höfe.
Rohstoff Holz aus Südtiroler Wäldern
Maßnahmen zur Unterstützung der Holzwirtschaft und zur Eindämmung des Borkenkäfers stehen ebenso auf der Agenda wie ein Programm für die verstärkte Verwendung des Rohstoffs Holz, vorzugsweise aus Südtiroler Wäldern. 25 Prozent der öffentlichen Bauten sollen in Holzbauweise errichtet werden, eine schrittweise Erhöhung dieses Prozentsatzes ist vorgesehen. Geplant ist auch ein Projekt zur Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs (z. B. lokale Emissionskompensation durch langfristige Kohlenstoffspeicherung) für forstliche und agrarische Ökosysteme und Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für eine Umsetzung, auch durch eine Kartierung der Südtiroler landwirtschaftlichen Böden als Grundlage für eine standortangepasste Bewirtschaftung.
Punkte außerhalb des Kapitels zur Landwirtschaft
Auch außerhalb des Kapitels zur Landwirtschaft beinhaltet das Regierungsprogramm einige interessante Punkte: Die Koalitionspartner bekennen sich beispielsweise zur Verwendung von Holz und Biomasse als Energieträger als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie. Im Sinne eines klimaschonenden wie regionalen Konsums werden gezielte Initiativen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft sowie zur Förderung von lokalen Produkten ergriffen. Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Frei- und Zubehörflächen unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Landschaftsschutzes ist ebenso vorgesehen wie die Umsetzung von Studien bzw. Pilotprojekten für Agri-Photovoltaik auf infrastrukturnahen Obstbauflächen mit wissenschaftlicher Begleitung, wobei das Landschaftsbild immer in jegliche Überlegungen miteinbezogen werden muss. Zum Schutz des Grundeigentums und des möglichst geringen Bodenverbrauchs will die Landesregierung einen Ausgleich zwischen Eigentumsschutz und den zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen mittels starker Einbindung der Grundeigentümer anstreben.

Luis Walcher ist für Land- und Forstwirtschaft und den Tourismus zuständig. (Foto: Ivo Corrà)