Die Bäuerinnen und weitere Teilnehmer schauten Chefkoch Florian Patauner über die Schultern.

Spargel, das Gourmetgemüse

Er gedeiht am besten in sandigem Boden, wurde früher vor allem in Königshäusern sehr geschätzt und er sollte das Sonnenlicht nicht sehen: der Spargel. Kürzlich war er der Star beim Kochkurs „Gartenlust trifft auf Kochkunst“ im Gustelier des Hoteliers- und Gastwirteverbandes.

Lesedauer: 10
Leben

Gebeizter Pseirer Saibling mit zweierlei vom Terlaner Spargel und eingelegten Radieschen,  geschmortes einheimisches Lamm auf Spargelgröstl mit Pesto von Kohlrabiblättern und Erdbeerragout mit karamellisiertem Spargel, Zitronensorbet und Streuseln: Das war das Menü der sechsten Ausgabe der Reihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“ von der Südtiroler Bäuerinnenorganisation und den Gastwirtinnen im Hoteliers- und Gastwirteverband. Zugegeben, eine Nachspeise mit Spargel zu servieren, ist eine hohe Kunst, doch mit Kreativität lässt sich vieles kreieren. Und je mehr man über ein Produkt weiß, desto eher wird man Fan davon.

Lange Geschichte und Tradition
Wussten Sie zum Beispiel, dass der Spargel zur Familie der Liliengewächse gehört? Der Wurzelstock ist ein unterirdischer Spross, aus welchem mehrere Knospen austreiben und die Spargelstangen bilden. Es sind diese Spargelstangen, die im Frühling heiß begehrt sind. Bereits die Ägypter kannten den Spargel. Dies ist durch Zeichnungen in Pyramiden belegt. Auch die Römer entdeckten den Spargel schon früh im Raum des Schwarzen Meeres und verbreiteten ihn in den meisten Ländern Europas. Die Benediktinerklöster verwendeten den Spargel für Apothekerzwecke. Rund 400 v. Chr. wurde der Spargel als Heilpflanze gegen Bauch- und Blasenbeschwerden genutzt. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde in den Niederlanden eine Stammsorte entwickelt, worauf weitere Sorten folgten. Der Spargel verbreitete sich in Europa und wurde hauptsächlich in Klöstern und Schlossgärten sowie Gartenbaubetrieben angepflanzt. Seit 1900 wird intensiv nach Sorten gesucht. Deutschland und die Niederlande sind darin führend.
Der Spargel hat auch in Südtirol lange Tradition. Bekannt ist vor allem der Terlaner Spargel. Für Bäuerinnen-Dienstleisterin Ruth Waschgler vom Judhof in Terlan gehört er im Frühjahr bei jedem Gericht dazu: im Salat, als Beilage oder ganz klassisch mit Kren und Schinken. Sie schwärmt für den Terlaner Spargel, wächst doch dieses gesunde Frühlingsgemüse vor ihrer Haustür. Der Judhof liegt unterhalb von Schloss Neuhaus. Terlan hat dank der Etsch einen sehr sandigen Boden, das mag der Spargel. Hier gedeiht er gut und vor allem wächst er im sandigen Boden schön gerade. Die Terlaner Bauern belieferten immer schon die Bozner Familien im Frühjahr mit den Spargeln. Ruth erinnert sich gerne an ihre Kindheit, wo die Spargel den Mauern entlang gepflanzt wurden. Dann, in den 1980er-Jahren, entstand das Spargeldreieck Terlan-Vilpian-Siebeneich.
Die Bozner kamen mit den Fahrrädern nach Terlan geradelt, um das königliche Gemüse in den Gasthäusern zu genießen – damals schon serviert mit Bozner Soße. Der Margarete-Spargel ist der, der von der Kellerei Terlan vertrieben wird. Hier sind einige Spargelbauern Mitglied, sie vermarkten ihre Spargel unter diesem Qualitätsmarkenzeichen. Der Name kommt von Margarete, Gräfin von Tirol und Görz, die einst im Schloss Neuhaus oberhalb von Terlan zeitweise lebte.

Der Spargelanbau in Terlan und Umgebung
Mit viel Begeisterung erzählt Ruth dies und jenes über den Terlaner Spargel. Sie weiß aus persönlicher Erfahrung: Die Arbeit der Spargelbauern ist das ganze Jahr hindurch intensiv. Die Ernte im Frühjahr startet, wenn die Lufttemperatur ca. zwölf Grad Celsius beträgt. Unter den Folien hat es dann auch schon um die 25 Grad Celsius, dann fangen die Spargel an zu treiben und zu wachsen. Die Stauden lässt man dann über den Sommer auswachsen, sie werden bis zu zwei Meter hoch und bekommen sogar rote Beeren, die für den Menschen allerdings ungenießbar sind. Die Vögel hingegen mögen die roten Kerne und tragen so zur Verbreitung des wilden Spargels bei. Die Spargelfelder sind willkommener Lebensraum für Insekten und Tiere. Der Spargelanbau trägt somit auch zur Biodiversität bei.
Für Bäuerin Ruth ist dies eine ganz wichtige Information. Die Kochreihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“ bietet der Spargelbotschafterin den Rahmen, all diese Informationen über den heimischen Spargel weiterzugeben: „Das ist das Tolle an diesem Kooperationsprojekt zwischen der Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen und der Südtiroler Bäuerinnenorganisation“, sagt Ruth. Bereits seit dem Jahr 2018 gibt es diese Kochkurs-Reihe. Im Fokus steht vor allem der Vernetzungsgedanken zwischen Landwirtschaft und Gastronomie. „Dieses Projekt hat sich bewährt“, freut sich Landesbäuerin Antonia Egger. Der Kochkurs bietet Raum für fachliche Informationen über das Produkt, dazu kreative Rezepte sowie – und das ist das Besondere – einen Austausch zischen Köchin oder Koch, Bäuerinnen und Gastwirtinnen.

Regionale Produkte, um sich abzuheben
Als Koch konnte für diese Ausgabe Florian Patauner, Chefkoch im Restaurant Patauner in Siebeneich und Vorsitzender der Gruppe Südtiroler Gasthaus, gewonnen werden. Die regionalen Produkte spielen in seiner Küche eine wesentliche Rolle: „Das gibt mir die Möglichkeit, mich von der Küche anderer Länder abzuheben.“ Natürlich braucht es von den Bauern Verlässlichkeit und Sicherheit, das weiß auch Landesbäuerin Antonia Egger: „Es ist vor allem diese persönliche Beziehung zwischen Koch und Köchin und Bauer und Bäuerin, die sehr bereichernd ist.“ Adele Huber von der Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen unterstreicht den Mehrwert: „Wir brauchen dieses Bewusstsein im Gastgewerbe für die landwirtschaftlichen Produkte. Wir müssen aber über die Besonderheit Bescheid wissen, dann gelingt auch die Zusammenarbeit und es ist für beide Seiten gewinnbringend.” Es ist genau dieser Austausch, der die Kochreihe so besonders macht. Während der Kochlöffel seine Runden zwischen Spargel, Fleisch, Fisch, Gemüse und Gewürzen dreht, verraten Koch Florian und Botschafterin Ruth ihre Tipps: wie man den Spargel am besten schält oder wie lange man ihn im Kühlschrank aufbewahren kann. Und dann die Erkenntnis, dass der Spargel auch roh sehr gut schmeckt. Es wird diskutiert, nachgefragt, zugeschaut und probiert. Bei Tisch, wenn das Spargelmenü gemeinsam verkostet wird, werden persönliche Eindrücke ausgetauscht. Es entsteht ein schönes Miteinander, ein gegenseitiger Ansporn, das Menü zu Hause auszuprobieren, vielleicht sogar den Spargel im eigenen Garten anzupflanzen – ­warum auch nicht?
Mit Begeisterung erzählt Koch Florian, wie kreativ es sein kann, Regionalität in der Gastronomie zu leben. Es lässt sich vieles kombinieren, wichtig dabei ist, mit den Jahreszeiten zu gehen. Und auch das Gemüse als Ganzes zu verwerten, nicht nur das Tier, schlägt er vor. Das sorgt für weiteren Gesprächsstoff. Warum die Kohlrabiblätter wegwerfen? Es lässt sich daraus ein wunderbarer Pesto zubereiten – passt hervorragend zu den Spargeln, meint Chefkoch Florian. Übrigens, ein Tipp aus Omas Küche zum Schluss: Alles, was zur gleichen Zeit wächst, lässt sich gut kombinieren.

Die Rezepte gibt es auf www.baeuerinnen.it.

Ulrike Tonner

Weitere Artikel zu diesem Thema