„Bauer Willi“ hat viele Erfahrungen in der Kommunikation mit Nicht-Landwirten gesammelt.

„Wir sind die Essensmacher!“

Er ist seit Jahren einer der bekanntesten Erklärer der Landwirtschaft im deutschen Sprachraum, am 24. Februar ist er bei der Bauernbund-Landesversammlung zu Gast: Die Rede ist von Wilhelm Kremer-Schillings, besser bekannt als „Bauer Willi“.

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Südtiroler Landwirt: Herr Kremer-Schillings, Sie sind als „Bauer Willi“ bekannt geworden und versuchen tagtäglich, den Menschen die Landwirtschaft zu erklären und damit näherzubringen. Wieso ist das gerade aktuell so wichtig?
Bauer Willi: Wir „Essensmacher“ haben es über Jahrzehnte versäumt, unsere Mitbürger auf dem Weg zu unserer jetzigen Wirtschaftsweise mitzunehmen. Dann sehen die Mitbürger Bilder, die sie nicht einordnen können und die sie erschrecken. Da will ich meine Sicht der Dinge erzählen.

Gesellschaft und Landwirtschaft haben sich anscheinend auseinandergelebt. Wie sehen ihrer Erfahrung nach die Bürgerinnen und Bürger die Landwirtschaft und die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern? Wo gibt es die größten Missverständnisse, wo ist der größte Aufklärungsbedarf?
Unsere Mitbürger haben Bilder im Kopf, die sie aus Kinderbüchern (Idylle) oder aus den Medien („alles Gift“) kennen. Bei beiden Sichtweisen ist zu korrigieren, auch bei der Idylle.

Gibt es Themen, die die Menschen besonders interessieren und wo die Bäuerinnen und Bauern „punkten“ können? Bei welchen Themen reagieren die Menschen besonders kritisch?
Besonders kritisch reagieren die Menschen bei Tierhaltung und Pflanzenschutz. Wenn wir authentisch und ehrlich erzählen, was wir machen und warum wir es so machen wie wir es machen, können wir bei den Menschen punkten und sie mitnehmen. Das ist nicht immer ganz einfach und auch nicht bequem.

Die Landwirtschaft befindet sich oft in einer Zwickmühle: Sie soll nachhaltiger wirtschaften, die Natur, das Klima und die Artenvielfalt schützen – gleichzeitig sollen die Lebensmittel möglichst günstig sein. Das kann doch nicht funktionieren, oder?
Nein! Naturschutz, Tierwohl und Klimaschutz gehen nicht zum Nulltarif. Deshalb ja auch der Begriff „Dilemma der Essensmacher“. Im Laden entscheiden die Menschen anders als bei einer Umfrage.

In den Medien wird oft sehr kritisch über die Landwirtschaft berichtet. Ärgert Sie das manchmal?
In den Medien wird überwiegend kritisch über Landwirtschaft berichtet. Das ist für mich Ansporn und Motivation. Es ist eine Aufgabe!

Derzeit sind in mehreren europäischen Ländern die Bauern auf der Straße, um zu protestieren. Die Zustimmung dazu ist in der Bevölkerung recht hoch. Ermutigt Sie diese Zustimmung?
Hier würde ich mal abwarten. Ich denke, die Zustimmung ist so groß, weil die Landwirte sich als erste gegen die aktuelle Politik gewendet haben und jetzt protestieren. Da machen jetzt auch andere mit. Ob das auch unserer Arbeit gilt, muss sich erst zeigen.

Was glauben Sie: Welche Themen werden die Landwirtschaft in den nächsten Jahren beschäftigen, wo kann sie bei der Bevölkerung punkten?
Leider habe ich keine Glaskugel. Aber lassen Sie uns darüber am 24. Februar reden und Ideen sammeln. Ein paar kann ich mitbringen.

Was können die Bäuerinnen und Bauern selber tun, um ihr Image zu optimieren?
Offen, ehrlich und proaktiv auf die Mitmenschen zugehen. Wir kommunizieren immer, auch wenn wir nichts sagen. Das ist dann aber keine kreative Kommunikation.

Sie legen oft den Finger in die Wunde. Medien sprechen deshalb von Ihnen als „streitlustigen Agrar-Blogger“. Sind Sie für Ihre Meinung auch schon mal angefeindet worden?
Mehr als einmal. Ich streite halt sehr gerne. Aber nur die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen bringt uns alle weiter. Mich übrigens auch!

Auf der SBB-Landesversammlung am 24. Februar sprechen Sie über „Bauern als Essensmacher – Mehr Mut zu kreativer Kommunikation“. Was können sich die Besucher erwarten? 
Ich werde erzählen, wie es zu Bauer Willi kam, möchte aufzeigen, wie es zu den Missverständnissen der letzten Jahre kam und Lösungsansätze zeigen, wie wir die Situation ändern können. Ich verspreche Ihnen, dass es dabei humorvolle und sehr ernste Momente geben wird. Bisher ist noch nie ein Zuhörer eingeschlafen.

Interview: Michael Deltedesco