Zwei Welten zueinander bringen

Vorurteile sind selten wahr: Dass das für den weltentrückten Unidozenten ebenso gilt wie für den primitiven Bergbauern, zeigt das Beispiel von Thomas Zanon. Auf der Agrialp, die zurzeit in der Bozner Messe läuft, spricht er unter anderem über die Wirtschaftlichkeit der Südtiroler Milchwirtschaft.

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Produktion Wirtschaft

Der 28-jährige Barbianer Thomas Zanon ist in der Welt der Südtiroler Landwirtschaft – und auch bei aufmerksamen Leserinnen und Lesern des „Südtiroler Landwirt“ – längst kein Unbekannter mehr: Er ist nicht nur ein innovativer Jungbauer (und Finalist beim Bauernjugend-Innovationspreis IM.PULS), sondern auch Dozent an der Freien Universität Bozen. Zwei Welten, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen. Die Begeisterung für die Landwirtschaft hat Zanon früh entdeckt: „Ich war als Kind immer an den Wochenenden und in den Ferien am Lukashof in Barbian bei meiner Oma und meinem Onkel. Die Leidenschaft für die Tiere war bald spürbar, und im Jahr 2021 hat mein Onkel Sepp mir das Vertrauen geschenkt und den Hof übergeben. Seitdem bewirtschafte ich den Hof im Nebenerwerb, Sepp steht mir dabei tatkräftig zur Seite“, erzählt Zanon.

Hauptberuf Unidozent mit ­Schwerpunkt Nutztierhaltung
Hauptberuflich arbeitet er als Dozent für Tierzucht und Forschung im Bereich Nutztierwissenschaften an der Freien Universität Bozen – also auch im Bereich Landwirtschaft. Auch in diesem Bereich war ihm bald klar, dass er diese Richtung einschlagen möchte: Nach dem Bachelorstudium in Agrarwissenschaften an der Uni Bozen hat Zanon an der Universität für Bodenkultur in Wien Nutztierwissenschaften studiert und in Gießen das Forschungsdoktorat absolviert.  Zurück in Südtirol, folgte die erfolgreiche Staatsprüfung für Agronomen, ab 2019 dann der Vollzeitjob an der Universität Bozen. Gerade als vergleichsweise kleine Universität ist die Uni Bozen darauf bedacht, ihre inhaltlichen Schwerpunkte auf die Bedürfnisse und Anliegen der Bevölkerung vor Ort auszurichten. „Vor allem im Bereich der Nutztierwissenschaften ist es mir und meinem Vorgesetzten Matthias Gauly wichtig, praxisbezogene Forschung zu betreiben. Das ist finanziell alles andere als einfach, denn der Großteil der Forschungsgelder fließt nach wie vor eher in die Grundlagenforschung als in die angewandte Forschung.

Aktionsplan Berglandwirtschaft wichtiges Instrument
In den vergangenen Jahren sei der Aktionsplan Berglandwirtschaft des Landes Südtirol für unseren praxisorientierten Forschungsansatz ein wichtiges Instrument gewesen, das mehrere wichtige Projekte ermöglicht habe. „Wir hoffen, dass es auch in den kommenden Jahren eine solche Finanzierungsmöglichkeit geben wird, damit wir unseren praxisorientierten Ansatz weiterhin vorantreiben können“, betont Zanon. Da er selbst auch Bauer ist, kommt er mit vielen Berufskollegen ins Gespräch und lernt somit auch deren Herausforderungen und Schwierigkeiten aus erster Hand kennen. „Das hilft uns, unsere Forschungsschwerpunkte richtig auszurichten und praxisorientiert zu arbeiten“, erklärt Zanon. Ziel dieser Arbeit ist es, gewissermaßen zwei Welten zueinander zu führen. Auch die Zusammenarbeit mit den Verbänden, den Genossenschaften sowie  den anderen Institutionen und Einrichtungen im Bereich Beratung und Forschung – wie etwa dem BRING und dem Versuchzentrum Laimburg – funktioniere sehr gut. „Mit dem Bauernbund haben wir etwa bei der Umsetzung des Projektes INNOGeflügel eng zusammengearbeitet und eine Potenzial­analyse erstellt“, berichtet Zanon.

Wirtschaftlichkeit zentrales Forschungsthema
Einen Schwerpunkt hat Zanon in den vergangenen Jahren auf das Thema Wirtschaftlichkeit in der Berglandwirtschaft gelegt. „Die Produktionskosten auf einem Bergbauernhof sind schon lange sehr hoch, die Pandemie und der Ukraine-Krieg waren zwei Faktoren, die diese Entwicklung nur noch beschleunigt haben. Wir überlegen uns, welche Möglichkeiten unsere Bäuerinnen und Bauern haben, auf ihrem Hof ein akzeptables Einkommen zu erwirtschaften, damit sie auch dort bleiben“, unterstreicht Zanon. Im Berggebiet gebe es in vielen Fällen keine flächendeckende Alternative zur Haltung von Wiederkäuern als Nutztiere – egal, ob das dann mit der für Südtirol traditionellen Milchwirtschaft oder Alternativen wie der Rindermast verbunden  ist. Letztere versucht Zanon auch, auf seinem eigenen Hof umzusetzen: Mit dem Projekt „Barbianer Hornochs“ hat er bereits von sich reden gemacht, unter anderem ist Zanon damit auch einer von drei Finalisten beim Innovationspreis IM.PULS der Südtiroler Bauernjugend. Der Sieger des Preises steht mittlerweile fest, der Name wird aber erst im Rahmen der Agrialp (Samstag, 25. November,  15 Uhr) auf der Aktionsbühne des Südtiroler Bauernbundes bekannt gegeben.
Unabhängig davon, ob nun der „Barbianer Hornochs“ oder eines der beiden anderen innovativen Produkte diesen Preis gewinnt, ist auch dieses Projekt ein gutes Beispiel für die Verbindung von Universtät und Praxis. „Während meiner Zeit an der BOKU in Wien habe ich mir ein Konzept überlegt, wie man Stierkälber aufziehen, mästen und dann ihr Fleisch vermarkten kann. Nach meiner Rückkehr nach Südtirol habe ich dieses Konzept dann an meinem Hof umgesetzt“, berichtet Zanon. Heute vermarktet Zanon seine „Barbianer Hornochsen“ vor allem über Direktvermarktung und arbeitet eng mit einem Restaurant in Barbian zusammen. „So möchte ich auch aufzeigen, dass Landwirtschaft und Gastronomie nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern auch voneinander profitieren können. Es braucht aber das Engagement und die Wertschätzung beider Seiten“, erinnert Zanon.

Vollkostendeckung für Südtiroler Betriebe kaum machbar

Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 21 des „Südtiroler Landwirt“ vom 24. November ab Seite 15, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App. Außerdem spricht er mit uns über dieses Thema im Podcast "Zuaglost".

Bernhard Christanell

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