Mit dem Thema Energiegemeinschaften beschäftigt sich unter anderem auch die Plattform Land.

Energie gemeinsam nutzen

Beim bereits dritten Webinar zum Thema „Erneuerbare Energiegemeinschaften“ (EEG) der Plattform Land ­haben verschiedene Referenten und Referentinnen über die Vorteile, die aktuellen Bestimmungen und die bereits getroffenen Vorbereitungen gesprochen. 

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Energie

Erneuerbare Energiegemeinschaften sind eine Chance für die Zukunft, vor allem im Hinblick auf die voranschreitende Klimakrise und die Entlastung der Stromnetze. Andreas Schatzer, der Präsident der Plattform Land, erklärte gleich zu Beginn des Webinars: „Erneuerbare Energiegemeinschaften machen eine proaktive Teilnahme an der Energiewende möglich. Zudem wird der Ausbau der erneuerbaren Energien dezentral vorangetrieben.“  
Die zwei wichtigsten Formen von Erneuerbaren Energiegemeinschaften sind gemeinsam handelnde Eigenversorgerinnen im selben Gebäude (z. B. im Kondominium) und Erneuerbare Energiegemeinschaften, die sich im Einzugsbereich der sogenannten Primärkabine befinden. Im Gegensatz zu traditionellen Energieunternehmen gehe es bei Erneuerbaren Energiegemeinschaften nicht in erster Linie um den Profit, berichtete Stephanie Maffei vom Südtiroler Energieverband: „Hauptziel der EEG ist es, Mitgliedern oder den lokalen Gebieten, in denen die Gemeinschaft tätig ist, auf Gemeinschaftsebene einen ökologischen, wirtschaftlichen oder sozialen Nutzen zu bieten.“ Die Energie, die von der Produktionsanlage produziert wird, könne unmittelbar selbst genutzt werden, Überschüsse würden ins Netz eingespeist und mit dem Marktpreis vergütet. „Für die gemeinsam genutzte Energie innerhalb der Gemeinschaft wird zusätzlich ein gestaffelter zweiteiliger Fördertarif für 20 Jahre ausbezahlt und eine Rückerstattung der Netzgebühren gewährt“, erklärte Maffei. Zudem gibt es für Anlagen, die sich in Gemeinden unter 5000 Einwohnern befinden, Investitionsbeiträge von bis zu 40 Prozent aus dem EU-Wiederaufbaufonds (PNRR). Bei Nutzung der Investitionsbeiträge wird allerdings der Fördertarif für die gemeinsam genutzte Energie vermindert. Über die Aufteilung der Einnahmen aus dem Fördertarif für die gemeinsam genutzte Energie entscheidet die EEG autonom, wobei ein gewisser Teil an Teilnehmerinnen, die nicht Unternehmen sind, oder sozialen Zwecken zugewiesen werden muss. 
Um in den Genuss der Förderungen zu kommen, muss – nach derzeitigem Stand – zuerst die EEG gegründet und dann erst die erneuerbare Energieanlage gebaut werden. Das heißt: Bereits seit dem ersten Dekret aus dem Jahr 2021 bestehende Anlagen werden wider Erwarten nicht gefördert. Ob dies noch geändert wird, ist fraglich. Weitere Informa­tionen folgen mit den technischen Regeln der staatlichen Behörde GSE, welche in nächster Zeit veröffentlicht werden sollen. 

Schritte zur EEG
Pascal Vullo, Energieexperte des Südtiroler Bauernbundes, erklärte die einzelnen Schritte hin zu einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft. Zu beachten ist, dass EEG ein Zusammenschluss von Stromproduzenten und -konsumenten sowie Prosumenten sind. Vullo wies darauf hin, dass ein guter Mix an Abnehmern mit unterschiedlichem Energiebedarf – z. B. Gewerbe, Hotels, Haushalte und gemeindeeigene Verbraucher – von Bedeutung für den Erfolg von Erneuerbaren Energiegemeinschaften ist. Zudem sind auch unterschiedliche erneuerbare Energiequellen wichtig, da etwa eine Photovoltaikanlage vor allem zu Mittag und im Sommer Strom produziert, während z. B. eine Biogasanlage eine Grundlast durchgehend abdecken könnte. „Eine zentrale Herausforderung ist die Bildung und das Management der EEG. Entscheidungen über Investitionen, die Verwaltung der Gemeinschaft oder über die Nutzung und Aufteilung der Förderungen muss die Gemeinschaft gemeinsam treffen“, zieht Pascal Vullo als Fazit. 

Rechtliche Voraussetzungen
Damit Erneuerbare Energiegemeinschaften auch rechtlich in Ordnung sind, braucht es genaue Verträge zwischen den Mitgliedern. Über die diversen und zum Teil äußerst komplexen Vertragsmöglichkeiten klärte Karl Heinz Weger vom Raiffeisenverband Südtirol umfassend auf. Möglich sind unterschiedliche Rechtsformen wie anerkannte oder nicht anerkannte Vereine, Stiftungen, Sozialunternehmen oder Genossenschaften oder ein Mix aus unterschiedlichen Rechtsformen, wobei jede Rechtsform Vor- und Nachteile bringt. Als besonders geeignete Formen wurden – je nach Größe der EEG – anerkannte Vereine bzw. Bürgergenossenschaften vorgestellt, da diese die Bedürfnisse ihrer Gemeinschaft auf partizipative, zielgerichtete und konkrete Weise zu erkennen und umzusetzen vermögen. Ebenso erläuterte er, wie die Verteilung der Fördermittel gehandhabt werden kann. Zu diesen gab es im Anschluss auch zahlreiche Fragen von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Einig waren sich alle, dass Erneuerbare Energiegemeinschaften zukünftig ein bedeutendes Thema in Südtirol sein werden. Das große Interesse daran zeigte die beachtliche Teilnehmerzahl von knapp 300 Personen, darunter auch viele aus den Gemeinden. 

Die Aufzeichnung des Webinars und die Referate sind unter www.plattformland.org online abrufbar.

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