Bäuerinnen und Bauern schaffen beim Urlaub auf dem Bauernhof Zeit und Raum für Begegnung mit den Gästen.

Im Zentrum: der aktive Bauernhof

Eine Marke wie „Roter Hahn“ ist nicht Leistungsversprechen, sondern erlebter Leistungsbeweis, wurde bei der ­diesjährigen Fachtagung für Urlaub auf dem Bauernhof deutlich zum Ausdruck gebracht. Zum 25. Geburtstag der Marke das wohl schönste Geschenk für Bäuerinnen und Bauern.

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Wirtschaft Roter Hahn

„Lassen Sie uns gleich eines klarstellen“, sagte Markus Webhofer vom Institute of Brand Logic in Innsbruck, „der Markenname, das Logo etc., das sind lediglich die Zeichen einer Marke, jedoch nie die Marke selbst.“ Webhofer war einer der Hauptreferenten der 23. Fachtagung für Urlaub auf dem Bauernhof und sprach anlässlich des 25. Geburtstags der Marke „Roter Hahn“ zum Thema „Wenn uns das Bild der Marke führt …“.
Die Tagung fand am 24. Oktober im Kongresszentrum der Messe Bozen/Four Points by Sheraton statt. Wie immer waren die Säle voll besetzt, aus allen Landesteilen waren UaB-Betrieberinnen und Betreiber für die Veranstaltung nach Bozen gekommen. Webhofer erklärte weiter: „Marke ist nicht mit Marketing und Werbung gleichzusetzen. Deshalb ist Marke auch nicht Leistungsversprechen, sondern erlebter Leistungsbeweis.“ Laut dem Fachmann repräsentieren Marken attraktive, unternehmerische Ideen. Und genau diese Ideen seien der Bindungsstoff für die Kunden der Marke. „Wir Menschen leben nicht nur in Mensch-Mensch-Beziehungen“, meinte Webhofer, „sondern auch in Mensch-Ding-Beziehungen. In diesem Sinn sind Menschen auch mit Marken emotional verbunden und verwoben. Fragen Sie jemanden nach seiner/ihrer Lieblingsmarke, werden Sie überschüttet mit Geschichten, Erlebnissen und Kaufmotiven. Marken erzeugen attraktive, positive Bilder in uns!“
Nun stecke hinter der Markenidee von „Roter Hahn“ eine Erfolgsgeschichte, die 1998 begonnen hat. „Oder doch schon früher?“, fragte Webhofer in den Raum, denn die Wurzeln reichen weit zurück. „Die bäuerliche Lebensart hat das kulturelle Selbstverständnis Südtirols geprägt, seine Bräuche, seine Sprache, seinen Bezug zur Natur.“ Das sei der Nährboden, auf dem die Marke „Roter Hahn“ fußt – mit dem Leitbild „wir bringen den Menschen ein Stück bäuerliche Südtiroler Lebensart näher“. Der Bauernhof, die Lebensart, die bäuerliche Familie, die selbst hergestellten Produkte, die Unterkünfte, die Standorte der Höfe, die Natur, die Landwirtschaft – all das manifestiere diese Herkunft und Projektionsfläche der kulturellen Identität. „Wohl kein anderes Berufs- und Menschenbild vermag mehr zur kulturellen Identität Südtirols beizutragen“, sagte der Markenforscher und stellte klar: „Sie sind keine Zimmervermieter, keine Pension, kein Hotel und keine Freizeiteinrichtung. Sie sind weit mehr, Sie verkörpern das bäuerliche Leben, Sie sind der Archetyp der Kultur Südtirols, echt und authentisch, und die Gäste dürfen an genau diesem bäuerlichen Leben teilhaben.“

„Roter Hahn“: Anker und Sehnsuchtsort
Authentizität dieser Art sei selten geworden. Die Marke „Roter Hahn“ sei das Kontrastprogramm zum Alltagsleben der Gäste. „In diesem Umfeld ist ,Roter Hahn‘ wohl eine Art Anker, ein Sehnsuchtsort im Garten der Südtiroler Bergwelt, inmitten der Natur. Ein Ort des Rückzugs, der Entschleunigung, ein Refugium für die Seele, ganz privat – zu sich kommen, Mensch sein dürfen, Ruhe finden, Zeit haben“, sinnierte Webhofer weiter. Nur das Bewusstsein über die tiefere Zwecksetzung der Marke, mache die Markenidee auch führbar und tragfähig. Diesen Nutzen könne kein touristisches Konzept bieten, das sei auch nicht kopierbar. Deshalb müsse alles, was die Organisation macht, einen unmittelbaren Beitrag leisten: Alle Entscheidungen, Ressourcen, Investitionen, alle Produkte und Kontaktpunkte, alle Führungskräfte, Mitarbeitenden und Partner stünden im Dienst dieser Markenidee, müssen diese stärken, bereichern und aufladen. „Deshalb haben alle Details im Kontakt zu Gästen die Aufgabe, die Gesamtidee der bäuerlichen Südtiroler Lebensart erlebbar zu machen“, schloss Markus Webhofer.

Können, dürfen, müssen
Stefan Brida von Kohl und Partner referierte über Preisgestaltung. Er stellte zunächst klar. „Roter Hahn“-Betriebe KÖNNEN mutiger sein, weil die Nachfrage nach wie vor hoch und im Steigen begriffen ist. Sie DÜRFEN mutiger sein, weil sie viel zu bieten haben, sowohl in Hard- als auch in Software. Sie MÜSSEN aber auch mutiger sein, weil die allgemeine Kostensteigerung und die Inflation den Gewinn schmälern. In einem Rechenbeispiel zeigte Brida anschaulich, dass es zwischen 2019 und 2022 eine Preisangleichung von 15 Prozent gebraucht habe, um denselben Output zu generieren. Er gab den Bäuerinnen und Bauern zehn Tipps mit auf den Weg: Sie sollen die eigene Preisuntergrenze berechnen, Qualitätssteigerungen mit höheren Preisen koppeln, eine jährliche Angleichung an den Verbraucherpreisindex vornehmen, die Preise saisonal anpassen und auf alle Inklusivleistungen hinweisen, auch wenn sie selbstverständlich scheinen. Zudem sollten sie in Ausstattung und Angebot investieren, die Gäste für längere Aufenthalte mit günstigeren Tagespreisen belohnen, die Stornobedingungen streng handhaben (und gleichzeitig auf die Stornoschutzversicherung hinweisen), mutig sein bei sonstigen Preispotentialen wie beim Frühstück oder beim Unterbringen von Haustieren und in der Kommunikation der Preise maximal transparent sein.

„Machen Sie Gäste zu Fans“
„Empathie ist die Fähigkeit, Bedürfnisse und Wünsche wahrzunehmen und darauf zu reagieren“, erklärte Strategiecoach Greti Ladurner. Durch Empathie könne man dauerhafte Bindung mit den Gästen aufbauen: „Machen Sie dadurch Gäste zu ihren Fans“, riet sie den Bäuerinnen und Bauern im Saal. Denn Empathie sei eine Schlüsselfunktion, die in allen Phasen einer Reise genutzt werden könne: Vor der Ankunft, während des Aufenthalts und auch nach der Abreise. Vor der Ankunft, indem man die Gäste darauf einstimmt, was sie am Hof erwartet. Nach der Abreise, indem man Kontakt hält. Das könne auch durch den Einsatz Sozialer Medien gemacht werden. Während des Aufenthalts aber sei es wichtig, für Begegnung zu sorgen, indem man Orte schafft, wo man mit den Gästen zusammenkommt. Ein Aufenthalts- oder Frühstücksraum ist ideal dafür. Gemeinsame Erlebnisse in Form von Ausflügen, Verkostungen, einem Grillabend oder dergleichen binden Gäste.
Bei den Angeboten am Hof müsse man sich zunächst Gedanken darüber machen, was einem selber liegt, was man gerne macht. Und dann analysieren, ob dies ein gutes Angebot für die Gäste sein kann. Denn nur so könne man ein authentisches, ehrliches Angebot bieten, das einen von anderen Bewerbern abhebt. Ladurner gab den Bäuerinnen und Bauern den Rat: „Sie haben einen Mega-Vorteil, wenn Sie die Typizität Ihres Hofes bewahren: Versuchen Sie nicht, Hotels zu imitieren, denn Ihr Bauernhof steht für Regionalität, Genuss und Gesundheit und nicht zuletzt für Begegnung!“

Gratulation zum Geburtstag
Zum 25sten Geburtstag der Marke „Roter Hahn“ gratulierte neben Landesobmann Leo Tiefenthaler auch Landesrat Arnold Schuler: „Es ist Euch Bäuerinnen und Bauern zu verdanken, dass die Marke so erfolgreich ist“, lobte er, vergaß darüber aber auch die Abteilung Marketing im Südtiroler Bauernbund nicht. An Hans J. Kienzl gerichtet, sagte er: „Es ist kein Geheimnis, dass diese Marke ganz stark Deine Handschrift trägt, auch Dir und Deinem Team herzlichen Dank!“ Kienzl seinerseits bedankte sich bei UaB-Betreiberinnen und -betreibern. Er mahnte allerdings an, dass bei UaB keine Mogelpackung angeboten werden dürfe, auch wenn der Nebenerwerb oft lukrativer sei als die Landwirtschaft: „Der Gast will bäuerliche Lebensart spüren und leben, deshalb muss der aktive Bauernhof das Herzstück bleiben!“
Viel Herzblut in die Landwirtschaft und den touristischen Zuerwerb stecken viele Bäuerinnen und Bauern im Land. Zwei davon wurden bei der UaB-Tagung vorgestellt: Der Traubenhof von Sylvia und Reinhard Peterlin in Kaltern und der Huberhof von Marianna und Franz Josef Kiebacher in Vierschach. Beide Familien betreiben die Landwirtschaft mit Liebe und Ehrgeiz, die Gäste am Hof empfindet man als Bereicherung, verwöhnt sie nach Strich und Faden und hat dabei ein großes Anliegen: Den Gästen ein Zuhause zu bieten.

Renate Anna Rubner

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