Die Botschaft ist klar: Nur wer in der Landespolitik mitspielt und nicht nur am Spielfeldrand steht, kann auch mitentscheiden.

„Mitspielen, nicht nur zuschauen!“

Wie wichtig eine gute Vertretung auf politischer Ebene für die Landwirtschaft ist, weiß nicht nur der Südtiroler Bauernbund. Der „Südtiroler Landwirt“ hat sich mit den Vorsitzenden der Bauernbünde bzw. -verbände in Tirol, Salzburg und Bayern unterhalten.

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SBB Politik

Auch wenn die Voraussetzungen teils unterschiedlich sind – wie man als Vorsitzender eines Landesverbandes die bäuerlichen Interessen gut und effizient weiterbringt, wissen Josef Geisler (Tirol), Rupert Quehenberger (Salzburg) und Günther Felßner (Bayern) von ihrer täglichen Arbeit. Die Bundesländer Tirol und Salzburg haben ihren Landtags-Wahlkampf bereits hinter sich, Bayern wählt am 8. Oktober.

Das Bundesland Tirol hat vor knapp einem Jahr einen neuen Landtag gewählt. Herr Geisler, wie erfolgreich haben die bäuerlichen Vertreter dabei abgeschnitten? Ist der Tiroler Bauernbund mit dem Ergebnis zufrieden?
Josef Geisler:
Die Tiroler Landtagswahlen fanden durch den überraschenden Rückzug von Landeshauptmann Günther Platter früher statt als geplant. Es galt, sämtliche Kräfte über die Sommermonate zu mobilisieren und unsere Kandidaten bestmöglich zu unterstützen. Trotz der schwierigen Grundvoraussetzung ist es uns gelungen, ein starkes und verjüngtes bäuerliches Team in den Landtag zu entsenden. Nun sind mit den Bezirksbauernobmännern Martin Mayerl und Michael Jäger auch der Landesobmann der Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend, Dominik Traxl, und der Klubobmann der Stadt-Volkspartei in Innsbruck und aktiver Bauer, Christoph Appler, im Landtag vertreten.
Somit hat der Bauernbund vier der 14 ÖVP-Sitze inne. Als Bauernbundobmann werde ich zusätzlich auch in dieser Periode als stell­vertretender Landeshauptmann von Tirol in meiner Regierungsfunktion bleiben. Neben dem wichtigen Ressort Land- und Forstwirtschaft sowie dem Grundverkehr bin ich zusätzlich auch für die Tiroler Raumordnung zuständig.

Das Bundesland Salzburg hat im April dieses Jahres einen neuen Landtag gewählt. Herr Quehenberger, wie erfolgreich haben die bäuerlichen Vertreter dabei abgeschnitten? Ist der Salzburger Bauernbund mit dem Ergebnis zufrieden?
Rupert Quehenberger:
Der Salzburger Bauernbund hat seit der Angelobung des neuen Landtags und der neuen Landesregierung mit den Landtagsabgeordneten Nicole Leitner und Hans Schnitzhofer sowie Bundesrat Silvester Gfrerer drei Vertreter im Salzburger Landtag bzw. im Bundesrat, die von Landesrat Sepp Schwaiger als Mitglied der Landesregierung ergänzt werden.
Wir sind sowohl mit der Wahlbeteiligung als auch der Mobilisierung sehr zufrieden und waren im Wahlkampf sehr aktiv. Flächendeckende Veranstaltungen, die Aufstellung von Landschaftselementen in den meisten Salzburger Gemeinden und beeindruckende Ergebnisse bei den Vorzugsstimmen der bäuerlichen Kandidatinnen und Kandidaten zeugen von der Unterstützung der Land- und Forstwirte.

Bayern steht so wie Südtirol unmittelbar vor den Wahlen zum Landtag. Herr Felßner, wie gut ist die Landwirtschaft zurzeit im Landtag vertreten? Wie ist der Bayerische Bauernverband in den Wahlkampf involviert?
Günther Felßner:
Eine konkrete Zahl zu nennen, ist schwierig, viele Abgeordnete in Bayern haben einen landwirtschaftlichen Hintergrund oder stammen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb – haben also Bezug zur Landwirtschaft. Natürlich ist es aus unserer Sicht so: je mehr Bäuerinnen und Bauern oder Verbündete unserer Branche, umso besser. Als berufsständische Interessenvertretung ist der Bayerische Bauernverband kraft Satzung unabhängig von politischen Parteien und damit auch nicht in den bayerischen Wahlkampf involviert. Als berufsständische Interessenvertretung steht der Verband jedoch ständig im Dialog mit allen demokratischen Parteien sowie mit landwirtschaftlich interessierten und fachlich berührten Abgeordneten, um die Belange der Land- und Forstwirtschaft sowie des ländlichen Raumes darzulegen und bei der politischen Willensbildung zur Geltung zu bringen. Mit einem eigens erstellten 10-Punkte-Katalog zur Landtagswahl 2023 weisen wir auf wichtige Punkte und Anliegen der Bäuerinnen und Bauern hin. Der Bayerische Bauernverband hat zudem einen Fragenkatalog mit zehn Fragen an die Parteizentralen der im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien geschickt. Die Fragen basieren auf den Wahlanliegen des Bayerischen Bauernverbandes und der Landfrauen. Die Antworten der Parteien können auf unserer Website nachgelesen werden.

Wie wichtig ist eine gute bäuerliche Vertretung im Landtag für die Bäuerinnen und Bauern in Tirol, Bayern und Salzburg? Wie versuchen Sie, diese Vertretung sicherzustellen?
Josef Geisler:
Fakt ist, wenn wir nicht selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen und uns für unsere bäuerlichen Anliegen einsetzen, wird es bestimmt kein anderer für uns tun. Deswegen ist es unabdingbar, dass wir weiterhin Bauern und bäuerlich gesinnte Personen direkt im Landtag sitzen haben. Unsere bäuerlichen Funktionäre wissen das, und es ist sehr wichtig, dass wir alle unsere Mitglieder immer wieder darauf hinweisen. Es ist gewiss so, dass manche Gruppierungen, die sich populistisch einem Thema widmen und utopische Forderungen in den Raum stellen, auf den ersten Blick fast schon verführerisch wirken. Um es bildlich auszudrücken, hilft es der bäuerlichen Welt aber nichts, wenn wir lauter selbsternannte Macher und Experten auf der Zuschauertribüne sitzen haben, die besserwisserische Zurufe an die Spieler schicken. Wir brauchen Spieler, die im Zentrum des Geschehens sind und für bäuerliche Anliegen rennen und sprichwörtlich das letzte Hemd geben. Auch wenn nicht alle Tore gelingen, so werden viele gegnerische Tore verhindert und wird hart am Erfolg gearbeitet.

Günther Felßner: Eine starke bäuerliche Vertretung in den Parlamenten ist neben einer starken Interessenvertretung sehr wichtig. Erfahrene Praktiker können in der politischen Arbeit sowie in Gesetzgebungsverfahren ihr Fachwissen einbringen und damit für ein Mehr an Praxisnähe und Machbarkeit sorgen. Wir versuchen, unsere Mitglieder immer wieder zu motivieren, sich auch auf politischer Ebene zu engagieren und für Gemeinde-/Kreis- oder Bezirkstag oder auch auf Landesebene zu kandidieren. Wir sind stolz, dass viele unserer Ehrenamtlichen bereits in kommunalen Parlamenten wie Gemeinde-, Stadt- oder Kreisräten vertreten sind.

Rupert Quehenberger: Eine gute bäuerliche Vertretung ist unumgänglich, um die eigenen Themen zu positionieren und damit auch umsetzen zu können. Das betrifft nicht nur den Landtag, sondern alle politischen Ebenen. Darum sind wir als Bauernbund stolz darauf, dass wir von der Gemeinde- über die Bezirks- und Landesebene bis hin zum Bund und der EU unsere Vertreterinnen und Vertreter erfolgreich positionieren können und dort präsent sind, wo die Entscheidungen getroffen werden.

Einige Themen, die in Tirol und Salzburg diskutiert werden, sind auch im Südtiroler Wahlkampf allgegenwärtig: Zukunft der Berglandwirtschaft, Umgang mit dem Wolf, Herkunftskennzeichnung für landwirtschaftliche Produkte, Klimawandel, Kontakt zur nichtbäuerlichen Gesellschaft usw. Wie steht der Tiroler und Salzburger Bauernbund zu diesen Themen und welche Rolle spielt die Landespolitik dabei?
Josef Geisler:
Wir können zwar von Tirol aus im Alleingang keine EU- und Bundesgesetze ändern, was wir derzeit besonders klar bei den Raubtieren Wolf und Bär erleben, ist, dass wir sehr wohl wesentliche Akzente setzen und dabei als Beispiel für andere Bundesländer gelten können. So sind es nun österreichweit schon einige Bundesländer, die den Verordnungsweg zur raschen Wolfsentnahme gehen. Auch schaffen wir es, jeden kofinanzierten Cent für die Landwirtschaft in Brüssel abzuholen. Wir stehen auch in sehr gutem Austausch mit unseren Abgeordneten auf EU-Ebene und pflegen einen sehr guten Kontakt mit unserem Tiroler Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Nur so schaffen wir es, durch ein Miteinander auf allen politischen Ebenen die Rahmenbedingungen für die heimische Landwirtschaft zu optimieren.

Rupert Quehenberger: Unser wichtigstes Ziel ist es, unsere bäuerlichen Familienbetriebe in Salzburg zu erhalten. Hier kann die Landespolitik einen wichtigen Beitrag leisten, um attraktive Rahmenbedingungen für die Land- und Forstwirte mitzugestalten. Die Land- und Forstwirte leisten mit ihrer täglichen Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft, die eines der wichtigsten Zugpferde für den Tourismus ist. Diese Tatsache und dass uns die Bäuerinnen und Bauern mit hoch qualitativen und regionalen Lebensmitteln versorgen, hat ihnen vor allem in Zeiten der multiplen Krisen die Anerkennung der Bevölkerung eingebracht. Dennoch ist – gerade in Zeiten, wo die Nutzung der Natur immer beliebter wird – ein Zusammenleben nur mit gegenseitigem Verständnis und dem Respekt vor dem bäuerlichen Eigentum möglich. Der Klimawandel ist Realität und die Bäuerinnen und Bauern sind direkt davon betroffen und spüren seine Auswirkung in ihrer täglichen Arbeit. Dabei sind sie aber – entgegen der landläufigen Meinung – nicht die Verursacher, sondern leisten seit Jahren ihren Beitrag, um den Klimawandel einzudämmen (standortangepasste Kreislaufwirtschaft, Reduktion der Düngemittel, Verringerung der Schadstoffemmissionen).
Der Wolf wiederum gefährdet die Arbeit der Land- und Forstwirte auf den Almen und unsere Position ist hier klar: Der Schutzstatus auf EU-Ebene muss aufgehoben und eine Bejagung möglich werden, um dem Wolf klare Grenzen zu setzen.
Einen wichtigen Schritt zur Förderung der regionalen Produkte wurde in Salzburg mit der Einführung des „SalzburgerLand“-Herkunftszertifikats gesetzt. Damit werden regionale Produkte ausgezeichnet, aber auch Gastronomie- und Hotelleriebetriebe haben die Möglichkeit, dieses Gütesiegel zu erhalten. Das „SalzburgerLand“-Herkunftszertifikat ist eine Erfolgsgeschichte, die auch verdeutlicht, dass mit dem Kauf von regionalen Produkten die Wertschöpfung in der Region bleibt. Das ist ein wichtiges Zeichen gegen die vorherrschende „Geiz ist Geil“-Mentalität.

Zu den Themen, die bereits die Kollegen aus Tirol und Salzburg angesprochen haben, kommen auch Biodiversität, Klimawandel, Kontakt zur nichtbäuerlichen Gesellschaft usw. Wie steht der Bayerische Bauernverband zu diesen Themen?
Günther Felßner:
Unser zentrales Anliegen ist es, die vielfältige Land- und Forstwirtschaft in Bayern zu stärken, denn unsere bäuerlichen Familienbetriebe sind das grüne Fundament für Bayern. Wir Bäuerinnen und Bauern sind die Garanten für eine nachhaltige Versorgungsicherheit mit Lebensmitteln, nachwachsenden Rohstoffen und Energie. Dementsprechend fordern wir den Erhalt von Landwirtschaftsflächen und lehnen den ungemindert hohen Flächenverbrauch ab. In Sachen Klimaschutz können wir zudem als einzige Branche über Böden, Wälder, Holz und Ernteprodukte aktiv CO2 binden – damit leisten wir einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Dekarbonisierung im besten Sinne.
Beim Thema Wolf bedarf es dringend, den strengen Schutzstatus des Wolfs nach der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie zu ändern. Außerdem brauchen wir ein aktives und wirkungsvolles Wolfsmanagement, die Feststellung des (guten) Erhaltungszustands der Wolfspopulation im gesamten Europäischen Raum sowie die Möglichkeit zur Entnahme auffälliger Wölfe zur Aufrechterhaltung der Almbewirtschaftung. Unser Anliegen ist es, Bäuerinnen und Bauern bei der Ausgestaltung der politischen Rahmenbedingungen besser einzubinden. Dabei wollen wir beispielweise auf freiwillige Kooperationen im Naturschutzbereich setzen oder praxistaugliche, gemeinsam mit der Politik erarbeitete und langfristig verlässliche Konzepte zur Weiterentwicklung der Land- und Forstwirtschaft forcieren.

Die bäuerliche Bevölkerung ist in Südtirol bekannt dafür, dass sie geschlossen hinter den Kandidaten steht, die sich für ihre Anliegen einsetzen und daher auch von bäuerlichen Organisationen unterstützt werden. Ist das auch in Ihrem Bundesland der Fall?
Josef Geisler:
Ich denke, die bäuerliche Welt ist sich der Notwendigkeit einer starken politischen Vertretung bewusst. Das bedeutet auch geschlossene Unterstützung bäuerlicher Kandidaten und der Volkspartei bei den Wahlen. Wir wissen nur allzu gut, wie schnell die klein strukturierte Berglandwirtschaft nicht mehr überlebensfähig wäre, wenn Parteien in der Regierung wären, die nichts für Landwirtschaft übrighaben und im Gegenteil sogar noch Neiddebatten auf dem Rücken unserer hart arbeitenden Bauernfamilien schüren. Bei uns in Tirol ist es ein ausgesprochener Glücksfall, dass wir in Tirol mit Anton Mattle einen Landeshauptmann haben, der selbst aus der Landwirtschaft kommt und sich mit viel Herzblut für unsere Bäuerinnen und Bauern einsetzt.

Rupert Quehenberger: Die Vertreterinnen und Vertreter des Salzburger Bauernbundes sind nicht nur in Wahljahren das ganze Jahr über für die ländliche und bäuerliche Bevölkerung aktiv, kämpfen für die Umsetzung derer Anliegen und stellen sich den persönlichen Diskussionen. Dadurch sind sie immer greifbar und arbeiten mit und für unsere Wählerinnen und Wähler.

Günther Felßner: Die Bäuerinnen und Bauern entscheiden nach ihrem besten Wissen und Gewissen, welchen Kandidaten sie ihre Stimme bei der Wahl geben. Als Bauernverband versuchen wir, über die Positionierung der Kandidaten und Parteien zu unseren Wahlanliegen eine Hilfestellung zu geben, wo sich Landwirte, Waldbesitzer und Grundeigentümer bestmöglich aufgehoben sehen. Der Wahltag am 8. Oktober selbst wird zeigen, wie sich die Bäuerinnen und Bauern entscheiden, wem sie ihre Stimme und damit ihr Vertrauen für die nächsten fünf Jahre geben. Klar ist: Bei dieser Wahl werden für die bayerischen Bauernfamilien wichtige Weichen gestellt. Und wichtig ist, dass jeder sein Wahlrecht nutzt.

Bernhard Christanell

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