Diskutierten am Podium: (v. l.) Sigmar Stocker (Die Freiheitlichen), Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion im Südtiroler Landtag), Madeleine Rohrer (Grüne), Sven Knoll (Südtiroler Freiheit), Landesrat Luis Walcher (Südtiroler Volkspartei) und Daniele Piscopiello (Team K)

Bäuerlicher „Politikratscher“

Zum zweiten Mal lud der Bauernbund-Bezirk Meran am Donnerstag, 19. Juni, zu einem „Politikratscher“ in die Kellerei Meran Burggräfler ein. Diesmal mit dabei: Hochrangige Vertreter mehrerer politischer Parteien aus Südtirol.

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SBB Politik

Dass die Burggräfler Bäuerinnen und Bauern großes Interesse an einer solchen parteiübergreifenden Diskussionsrunde haben, zeigte der voll besetzte Saal im Gebäude der Kellerei Meran Burggräfler. Bezirksobmann Hannes Dosser lud ein, die Gelegenheit zum Austausch mit den Politikern zu nutzen und sich die verschiedenen Argumente anzuhören. Am Podium saßen Sigmar Stocker (Die Freiheitlichen), Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion im Südtiroler Landtag), Madeleine Rohrer (Grüne), Sven Knoll (Südtiroler Freiheit), Luis Walcher (Südtiroler Volkspartei) und Daniele Piscopiello (Team K). Matthias Bertagnolli moderierte die Veranstaltung.

Rahmenbedingungen schaffen
In einer ersten Fragerunde stellten die einzelnen Teilnehmer ihre Schwerpunkte zur Landwirtschaft vor. Stocker prangerte die überbordende Bürokratie an, es sei Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Bäuerinnen und Bauern sich auf ihre Arbeit konzentrieren können. Leiter Reber ergänzte diesen Wunsch mit dem Aufruf, Vorgaben aus Brüssel und Rom bestmöglich an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und – am Beispiel des Wolfsgesetzes – auch vor Wahlen mehr auf Ehrlichkeit und Fakten zu setzen als auf Aktionismus. Rohrer erläuterte die Vision der Grünen von einer Landwirtschaft, in der die Menschen, die dort arbeiten, davon leben können und die gebührende Wertschätzung erfahren, die aber auch die Bedürfnisse der Verbraucher und Umweltfragen berücksichtigt. Knoll merkte an, dass in Südtirol produzierte Lebensmittel im Vergleich zu Industrieware oft zu billig seien. Auch der Tourismus müsse zu seiner Verantwortung stehen, die Landwirtschaft in der Vermarktung der Produkte unterstützen und mithelfen, den heimischen Produkten ein Gesicht zu geben. Landesrat Luis Walcher wies auf die bereits in den vergangenen Monaten gesetzten Schritte zum ländlichen Wegenetz, dem geänderten Höfegesetz und zu den Maschinenförderungen hin und versprach, vor allem jene Bäuerinnen und Bauern unterstützen zu wollen, die engagiert seien und aus ihren Betriebe etwas machen wollen. Piscopiello fordert schließlich, dass von den Erlösen der Produkte mehr bei den einzelnen Betrieben ankommen müsse und Wege gefunden werden müssten, Verbraucher und Landwirte wieder näher zusammenzubringen.

Ja zur Agri-Photovoltaik und Autonomiereform
In der zweiten Fragerunde sprach sich Madeleine Rohrer für die Nutzung der Agri-Photovoltaik aus, sofern Großinvestoren ausgeschlossen werden und die lokale Bevölkerung davon profitiere. Der Vorrang bei den betroffenen Flächen müssen klar bei der Landwirtschaft bleiben und auch sonst müssten klare Regeln – etwa zu den Standorten – festgelegt werden. Sigmar Stocker mahnte an, dass bei den Diskussionen über die Gemeindeentwicklungsprogramm die Einwände der Landwirtschaft mehr Gewicht bekommen müssten. Schließlich sei es die Landwirtschaft, die von den Entwicklungen am stärksten betroffen sei. Daniele Piscopiello regte die Gründung von mehr Bürgergenossenschaften an, in der Bürger und Direktvermarkter ohne Zwischenhändler miteinander in Kontakt kommen können. Das würde den Direktvermarktern viel Aufwand für die Vermarktung ihrer Produkte abnehmen und es ihnen ermöglichen, sich auf die Produktion zu konzentrieren. Luis Walcher wies auf die wichtigen Errungenschaften hin, die die derzeit diskutierte Autonomiereform mit sich bringen würde – vom Bereich Umwelt über die Einvernehmensklausel bis hin zum Wildtiermanagement. Die Reform könnte hier viel möglich machen, was derzeit blockiert werde. Für Sven Knoll ist Wertschätzung für die Leistungen der Landwirtschaft der wesentliche Faktor, um die Landwirtschaft auch für junge Menschen attraktiv zu erhalten. Landwirtschaft werde in der öffentlichen Diskussion oft schlechtgeredet, zu Unrecht. Andreas Leiter Reber rief dazu auf, Sektoren wie Gemüse und Fleisch mehr Raum zu geben und andere Produktionszweige wie Getreide jenen Gebieten in Europa zu überlassen, die bessere Voraussetzungen dafür bieten.

Mehr Offenheit bei Großprojekten
In der abschließenden offenen Fragerunde mit dem Publikum nahm die Diskussion über die neue Bahntrasse Bozen-Meran breiten Raum ein. Einigkeit herrschte darüber, dass die im Raum stehenden Varianten offener kommuniziert und diskutiert werden müssen. Dass die ohnehin schon kleinen Grundstücke noch mehr zerstückelt und Betriebe somit an den Rand ihrer Existenz getrieben werden, sei nicht akzeptabel. Der Bauernstand im gesamten Etschtal müsse geschlossen und solidarisch zusammenstehen. Auch zum notwendigen Bau von Speicherbecken für die Sicherung der Bewässerung entwickelt sich eine angeregte Diskussion. Auch hier gelte es, alle Argumente anzuhören, aber auch zukunftsweisenden Projekten nicht den Weg zu versperren. Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser begrüßte abschließend diese Form des politischen Austausches. Alle seien sich einig, dass es gemeinsame Anstrengungen brauche, um die Landwirtschaft attraktiv zu erhalten.

Bäuerinnen und Bauern aus den Burggrafenamt kamen zahlreich zur Diskussionsrunde in die Kellerei Meran Burggräfler.

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