Verfahren zu Baurechten eingeleitet

Das Landschaftsleitbild Südtirol soll mit Übergangsbestimmungen zur Bautätigkeit ergänzt werden. Die Gemeinden und Bürger sind aufgerufen, Anmerkungen vorzubringen. Dafür haben sie ab Veröffentlichung des Beschlusses 30 bzw. 60 Tage Zeit.

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Betriebsberatung

Seit Inkrafttreten des neuen Landesgesetzes für Raum und Landschaft am 1. Juli 2020 werden die Baurechte in den Natur- und Agrarflächen (Landwirtschaftsgebiet, Wald, bestockte Wiesen und Weiden, Weidegebiet und Alpines Grünland, Felsregion und Gletscher, Gewässer) restriktiv ausgelegt. Gebaut werden darf nur, was im Gesetz oder in der Landschaftsplanung explizit vorgesehen ist – ansonsten gilt ein absolutes ober- und unterirdisches Neubauverbot.

Neu ist zudem, dass die Bautätigkeit in den Natur- und Agrarflächen nicht mehr im Bauleitplan, sondern im Landschaftsplan geregelt wird. Demnach müssen einerseits die Durchführungsbestimmungen des Bauleitplans mit dem entsprechenden Verfahren in die Landschaftspläne aller Gemeinden übertragen werden. In einigen Gemeinden ist dies bereits in den Jahren 2021 und 2022 erfolgt.

Neue Übergangsbestimmungen

Andererseits fehlt für eine Reihe von Bautätigkeiten in den Natur- und Agrarflächen (u. a. private unterirdische Baumasse, Holzlagerplätze und Bienenstände) bis dato die Rechtsgrundlage, welche auch in der Landschaftsplanung verankert werden muss.

Nachdem die landesweite Anpassung der einzelnen Landschaftspläne sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, wurde mit Beschluss der Landesregierung Nr. 822 vom 8.11.2022 das Verfahren zur Ergänzung des landesweit gültigen Fachplans „Landschaftsleitbild Südtirol“ mit dem Anhang 5, bestehend aus elf Artikeln, eingeleitet. Bei den neuen Übergangsbestimmungen handelt es sich um verbindliche Mindestvorgaben, welche im Zuge der Anpassung der gemeindespezifischen Landschaftspläne nur so oder restriktiver übernommen werden können. Davon nicht berührt werden etwaige restriktivere Bestimmungen von Landschaftsgütern von herausragender landschaftlicher Bedeutung (u. a. Ensembles, Naturparks, Landschaftsschutzgebiete, landschaftliche Bannzonen) und des Nationalparks Stilfser Joch.

Wesentliche Elemente der neuen Bestimmungen sind die Verankerung der Baurechte zur Errichtung von unterirdischer Baumasse für Haupt- und Nebenzwecke, von Bienenhäusern und Holzlagerplätzen sowie die Erweiterung von gastgewerblichen Betrieben, zum Wiederaufbau und zur Verlegung von Gebäuden sowie des Energiebonus, des Mindestgebäudeabstandes an der Hofstelle und der Mindesteigentumsfläche für Wirtschaftsgebäude. Die Bestimmungen enthalten dabei aber verschiedene spezifische Vorgaben, welche eine Umsetzung erschweren bzw. in spezifischen Fällen einen zu geringen Ermessensspielraum für Bauherren und Techniker zulassen.

Bauernbund: Bestimmungen sind unvollständig

Der Südtiroler Bauernbund drängte schon seit geraumer Zeit auf die Schließung der Gesetzeslücke und die Umsetzung einiger dieser Bestimmungen, wobei mehrere Verbesserungsvorschläge an die Landesverwaltung übermittelt wurden. Diese wurden im Beschluss jedoch kaum berücksichtigt.

Nicht nachvollziehbar sind unter anderem die restriktiven Vorschriften zur Vermeidung von Bodenversiegelung (eigentlich nur für das Siedlungsgebiet bestimmt), die Flächenvorgaben bei Wiederaufbau und Verlegung von Gebäuden oder die weiterhin fehlenden Bestimmungen zur Unterschreitung des Mindestgrenzabstandes bei Geländeveränderungen. Zudem fehlen bei einigen Bestimmungen wesentliche Elemente für eine praxistaugliche Anwendung.

Auch sind die Bestimmungen mit den bereits bestehenden Landschaftsplänen in einigen Punkten nicht abgestimmt und bedürfen deshalb einiger Präzisierungen.

Jetzt sind Bürger und Gemeinden am Zug

Der Beschluss der Landesregierung soll vom 12. Dezember 2022 bis zum 10. Jänner 2023 in allen Südtiroler Gemeinden veröffentlicht werden. Während dieser Zeit kann jeder Bürger Anmerkungen bei der jeweiligen Gemeinde vorbringen.

Innerhalb der darauffolgenden 30 Tage geben die Gemeinden unter Berücksichtigung der eingebrachten Einwände und Vorschläge ihre begründete Stellungnahme zum Planentwurf ab. Die Landesregierung genehmigt anschließend den Plan, welcher am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Region in Kraft tritt.

Vor allem die Gemeinden und somit die gewählten Gemeinderäte sind aufgerufen, sich die Bestimmungen genau anzusehen und Änderungs- und Verbesserungsvorschläge einzubringen. Der Südtiroler Bauernbund wird am Freitag, dem 16. Dezember, um 20 Uhr die notwendigen Informationen an die bäuerlichen Vertreter in einem Webinar weitergeben.

Hermann Stuppner, SBB-Abteilung Betriebsberatung

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