Weniger Zucker, gleiche Haltbarkeit?
Wie viel Zucker braucht ein Fruchtaufstrich wirklich, um haltbar zu sein? Dieser Frage ging ein Projekt der Bauernbund-Abteilung Innovation & Energie und des NOI Techpark gemeinsam mit dem Partschillerhof in Völser Ried nach. Mit einem erstaunlichem Ergebnis.
Früher war Marmelade – oder, um technisch korrekt zu sein, Fruchtaufstrich – vor allem eines: süß. Wer in den Vorratskammern der Großeltern stöberte, fand Gläser voller Fruchtaufstriche, die mit Gelierzucker im Verhältnis eins zu eins oder zwei zu eins eingekocht wurden. Der hohe Zuckergehalt diente nicht nur dem Geschmack, sondern vor allem der Haltbarkeit. Zucker bindet nämlich Wasser und hemmt so das Wachstum von Mikroorganismen – ein bewährtes Prinzip der Konservierung. Doch mit dem wachsenden Gesundheitsbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten wurde der hohe Zuckergehalt von Fruchtaufstrichen und anderen Produkten zunehmend kritisch gesehen. Rückmeldungen wie „zu süß“ oder „nicht mehr zeitgemäß“ häuften sich. Auch in der bäuerlichen Direktvermarktung ist dieser Trend zu weniger Zucker deutlich spürbar. Aber nicht nur die Süße ist für Konsumentinnen und Konsumenten ein Thema, insgesamt sind die Erwartungen an Fruchtaufstriche gestiegen: Sie sollen schmecken, möglichst ohne Zusatzstoffe auskommen und zudem gesund sein – idealerweise mit wenig oder gar keinem Zucker auskommen.
Der Versuch am Partschillerhof
Wie also soll ein Fruchtaufstrich hergestellt werden, der keinen Zucker enthält? Und wie kann man dabei Haltbarkeit und Qualität sicherstellen? Das sollte ein Projekt der Abteilung Innovation & Energie im Südtiroler Bauernbund herausfinden. Es wurde gemeinsam mit dem NOI Techpark umgesetzt. Ein weiterer Partner des Projekts war der Partschillerhof in Völser Ried. Dieser stellt zwar bereits seit einigen Jahren Fruchtaufstriche mit weniger Zucker her, doch die Frage bleibt: Wie lange sind sie haltbar? Und wie stark kann man den Zuckergehalt tatsächlich reduzieren? „Wir wollten wissen, wie sich die Reduzierung des Zuckergehaltes auf Geschmack, Konsistenz und Haltbarkeit der Fruchtaufstriche auswirkt“, erklärt Andreas Rungger, Bauer und Direktvermarkter vom Partschillerhof. Einen Einblick in den Versuchstag am NOI Techpark gibt es im Video (siehe Link).
Das A und O: Sauberkeit!
Bereits bei der Herstellung der Fruchtaufstriche wurde deutlich: Zucker ist viel mehr als nur ein Konservierungsmittel. Die Reduzierung des Zuckers wirkte sich nämlich sowohl auf die Konsistenz als auch auf den Geschmack des Produktes aus – auch wenn sich diese Unterschiede nicht immer messen ließen. Entscheidend für die Beurteilung der Haltbarkeit war die mikrobiologische Untersuchung der verschiedenen Fruchtaufstriche mit den unterschiedlichen Zuckergehalten nach 360 Tagen Lagerung. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen: Ja, Fruchtaufstriche sind auch mit geringen Zuckeranteilen noch gut haltbar – allerdings unter einer Bedingung: absolute Sauberkeit in allen Produktionsschritten. Die Voraussetzung für eine lange Haltbarkeit bei niedrigem Zuckergehalt ist eine konsequent saubere Arbeitsweise. Das beginnt bei der Auswahl der Rohstoffe, geht über die hygienische Verarbeitung bis hin zur sterilen Abfüllung des Produktes. Nur wenn Keime keine Chance haben, kann auf Zucker als Konservierungsmittel verzichtet werden.
Und nach dem Öffnen?
Eine wichtige Frage bleibt allerdings noch offen: Wie lange ist ein Fruchtaufstrich mit reduziertem Zuckergehalt nach dem Öffnen haltbar? Zwar wurde auch diese Frage im Projekt untersucht – allerdings unter Laborbedingungen. Was in einem Haushalt passiert, wenn Kinder mit dem Löffel ins Glas greifen oder Brotkrümel über das Messer in den Aufstrich gelangen, wurde nicht getestet. Dazu bedarf es weiterer Forschung – und Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten über richtige Lagerung und raschen Verbrauch geöffneter Gläser.
Fazit: genießbar und hygienisch produziert
Das Projekt zeigt: Mit dem richtigen Know-how, modernen Verarbeitungsmethoden und konsequenter Hygiene in allen Produktionsschritten lassen sich Fruchtaufstriche mit hohem Fruchtanteil und wenig Zucker herstellen, ohne damit auf lange Haltbarkeit verzichten zu müssen. Für Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter in Südtirol eröffnet das neue Möglichkeiten, den steigenden Ansprüchen gesundheitsbewusster Konsumentinnen und Konsumenten gerecht zu werden. Die Forschungsfrage zu reduzierten Zuckergehalten in Fruchtaufstrichen ist eine von vielen, die die Abteilung Innovation & Energie des Südtiroler Bauernbundes gemeinsam mit Forschungspartnern wie dem NOI Techpark bearbeitet. Ziel ist es, praxisnahe Lösungen für bäuerliche Betriebe zu entwickeln. Wer eine Frage an die Forschung hat oder mehr über das Projekt erfahren möchte, kann sich unter 0471 999363 oder innovation-energie@sbb.it melden.

Andreas Rungger (l.) ist der Frage nachgegangen, wie gut man Zucker reduzieren kann.