50 Jahre angewandte Forschung
Was 1975 mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begann, ist heute Südtirols Kompetenzzentrum für Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie: Das Versuchszentrum Laimburg feiert heuer sein 50. Jubiläum. Mit einem reichhaltigen Programm und einem überarbeiteten Logo.
Mit einem neuen, modern überarbeiteten Logo geht das Versuchszentrum Laimburg in sein 50. Jubiläum: „Es ist simpler, die Pflanze steht dabei im Vordergrund und die Bezeichnung ist international gewählt“, erklärte Michael Oberhuber das neue Erscheinungsbild. Der Direktor des Versuchszentrums Laimburg hatte am 15. Jänner ins Foyer des Stadlhof-Gebäudes geladen, um mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Vertretern aus Landwirtschaft und Politik den Auftakt zum runden Geburtstag des Versuchszentrums zu feiern und das gesamte Programm vorzustellen, das sich über das ganze Jahr 2025 erstrecken wird: Ein neuer Imagefilm und eine Festschrift gehören ebenso dazu wie Aktionen, die die gesamte Südtiroler Bevölkerung mit einbeziehen: durch eine Fotochallenge und das Citizen-Science-Projekt „Bloomiverse“, das durch eine Online-Umfrage aus vier Projekten ausgewählt und ins Tätigkeitsprogramm des Versuchszentrums aufgenommen wurde. Es startet bereits in wenigen Wochen. Am 24. Mai gibt es einen Open Day am Versuchszentrum Laimburg und am 3. November ein Symposium zum Thema „Wissenschaft im Dialog: Impulse für Gesellschaft und Wirtschaft in Südtirol“, bei dem man einen Blick in die Zukunft werfen wird.
Stetig gewachsen, auch in der Qualifikation
Oberhuber steht seit 15 Jahren an der Spitze des Versuchszentrums, das heute rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt. Gestartet sei man vor 50 Jahren mit sieben, erklärte der Direktor. Man sei aber nicht nur quantitativ gewachsen, sondern habe inzwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit höherer Qualifikation. Auch strukturell habe man sich weiterentwickelt, nicht nur am Standort Laimburg: Zur Versuchsanstalt gehören auch Außenstellen sowie Versuchsflächen der Agentur Landesdomäne, im NOI Techpark besetzt man einige Büro- und Laborflächen. Bis Ende des Jahres werden es 2000 Quadratmeter sein. Schließlich erläuterte Oberhuber die verschiedenen Kompetenzfelder, die das Versuchszentrum Laimburg inzwischen in Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie bearbeitet: von Obst- und Weinbau mit Önologie über Berglandwirtschaft und Pflanzenschutz, Ergänzungskulturen und Gartenbau bis hin zu Fermentation und Destillation, Laboranalytik, Lebensmittelsensorik, Obst- und Gemüseverarbeitung, Lagerung und Nacherntebiologie sowie Fleischprodukte.
Der Direktor des Versuchszentrums ging auch auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen ein, zu denen Forschung betrieben werden müsse, um Antworten auf die brennenden Fragen zu erhalten: So gehe es um Sorteninnovation und entsprechende Technologien in der Forschung, digitale Lösungen in der Landwirtschaft und biologische Methoden, die untersucht werden müssen. „Landwirtschaft war nie einfach und wird nicht leichter, im Gegenteil“, meinte der Direktor, „unser Ziel aber ist zu bestehen, obwohl sie schwierig ist.“ Das sei Frucht langer Erfahrung und fundierter Forschung in den verschiedenen Bereichen.
Von den Anfängen
Von den Anfängen des Versuchszentrums Laimburg erzählten zwei Gründerväter: Luis Durnwalder, ehemaliger Landeshauptmann und langjähriger Präsident des Verwaltungsrats des Versuchszentrums, und Klaus Platter, früherer Direktor der Gutsverwaltung Laimburg, Wegbereiter des Versuchszentrums ab 1970 und Vizedirektor des Versuchszentrums von 1976 bis 2010. Klaus Platter gab zunächst einen historischen Einblick: Anfang des 20. Jahrhunderts (noch unter der Habsburgermonarchie) entstand die erste Struktur an diesem Standort, und zwar ein Heim für straffällig gewordene Jugendliche. Gleichzeitig wurde eine Zufahrt gebaut und die Brücke in Auer, die über die Etsch führt. Nach dem Ersten Weltkrieg kam Südtirol bekanntlich zu Italien und die Struktur wurde zunächst aufgelassen. Erst später wurde mit dem Stadlhof eine Nervenheilanstalt in Betrieb genommen, bis 1999 waren dort psychisch Kranke in stationärer Behandlung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die Situation in Südtirol nicht einfach. Der Hof musste vor allem Ernährungssicherheit bieten und große Familien versorgen: Es wurden Tiere gehalten, Obst und Gemüse angebaut, auch Wein. Im Laufe der Jahre wurde die Landwirtschaft vor viele offene Fragen gestellt: sowohl im Obst- und Weinbau als auch in der Viehzucht. Die Ausbildung steckte noch in den Kinderschuhen, im Kloster Muri-Gries fanden erste Kurse für Obst- und Weinbauern statt.
Als es darum ging, einen Standort für eine landwirtschaftliche Schule zu finden, beanspruchten sowohl die Bauern aus dem Burggrafenamt als auch die Bozner diesen Standort für sich. Schließlich einigte man sich darauf, einen Teil der landwirtschaftlichen Flächen am Stadlhof zu kaufen. 1962 entstand dort schließlich die Schule Laimburg mit Übungsbetrieb. Gleich begannen beherzte Lehrer, landwirtschaftliche Versuche zu machen. Allerdings war das eigentliche Forschungszentrum für die Region das Istituto Agrario in San Michele all’Adige. Erst das Zweite Autonomiestatut ermöglichte es dem Land Südtirol, eine eigene Forschungsstätte einzurichten, was 1975 mit der Gründung des Versuchszentrums Laimburg gelang.
Praxisnahe Lösungen für die Landwirtschaft
„Ziel dieser Forschungseinrichtung war es von Anfang an, praxisnahe Lösungen für die Landwirtschaft im Land zu entwickeln“, erklärte Luis Durnwalder. Denn der Schuh drückte überall: Im Obstbau ging es vor allem um Sorten, Anbausysteme, Pflanzenschutz und Lagerung, im Weinbau darum, die Qualität zu verbessern. Deshalb suchte man Antworten auf Anbaufragen, zu Themen der Kellerwirtschaft und zum Rebschulwesen wie die Produktion von gesichertem Unterlagen- und Edelreismaterial. Ein Mann der ersten Stunde war Hermann Mantinger. Luis Durnwalder würdigte seine Verdienste als erster Direktor des Versuchszentrums und seinen wichtigen Beitrag für die Südtiroler Landwirtschaft.
Felsenkeller: ein Bezugspunkt
Auch über die Entstehung des Felsenkellers erzählte Luis Durnwalder: In den 1980er-Jahren wurde eine Vergrößerung vor allem im Weinkeller nötig. Da kaum Platz zur Verfügung stand, entschied man sich, den Weinkeller in den Felsen zu sprengen. Mit 5000 Kilogramm Dynamit wurde das Unterfangen umgesetzt – in nur 140 Arbeitstagen. Ursprünglich war er weder als Repräsentationsaal noch in der heutigen Größe geplant, erklärte Durnwalder, inzwischen sei er aber ein wichtiger Bezugspunkt: „Es gab kaum einen Minister- oder Bundespräsidenten, der nicht dort war“, erklärte der ehemalige Landeshauptmann. Landesrat Luis Walcher unterstrich nicht ohne Stolz das Gewicht, das das Versuchszentrum Laimburg inzwischen weltweit habe: „In diesen letzten fünf Jahrzenten hat es sich stetig weiterentwickelt und seinen Platz als international anerkannte Forschungsinstitution gefestigt. Gleichzeitig hat man in all dieser Zeit die Landwirtschaft, die Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern sowie der lebensmittelverarbeitenden Betriebe in Südtirol durch praxisnahe Forschung maßgeblich unterstützt.“