Agri-Photovoltaik: Gute Perspektiven, offene Fragen

Der Südtiroler Bauernbund begrüßt den Beschluss der Landesregierung zur Agri-Photovoltaik, der unter bestimmten Voraussetzungen die Stromproduktion über Obstbäumen ermöglicht. Weil jedoch noch technische und wirtschaftliche Fragen offen sind, sollten Investitionen gut überlegt und sorgfältig geplant werden. Dem SBB ist besonders wichtig, dass die Agri-Photovoltaik in Südtiroler Hand bleibt und von der Bevölkerung mitgetragen wird.

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Innovationen

Um die Klimaziele zu erreichen und die Energiewende zu schaffen, ist ein massiver Ausbau erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren unerlässlich. Ein großes Potenzial bietet dabei die Agri-Photovoltaik, die in anderen Ländern bereits etabliert ist und nun auch in Südtirol Realität werden soll. Dabei werden auf derselben landwirtschaftlichen Fläche sowohl Landwirtschaft betrieben als auch Strom erzeugt. Der Südtiroler Bauernbund beschäftigt sich bereits seit Längerem mit dem Thema Agri-Photovoltaik. Unter anderem ist der SBB Partner im europäischen Projekt „Symbiosyst“, das die Symbiose von Photovoltaik und Landwirtschaft sowie deren optimale Nutzung untersucht. Zudem fand vor nicht allzu langer Zeit ein Workshop mit Interessierten, Bürgerinnen und Bürgern, Fachleuten, Interessenvertretern und politischen Entscheidungsträgern statt. „Bisher gab es keine Möglichkeit für Agri-Photovoltaik. Mit dem Beschluss der Landesregierung wird sie nun auch in Südtirol erlaubt. Wir begrüßen diese Entscheidung, da Gesellschaft, Klima und Umwelt davon profitieren können. Für landwirtschaftliche Betriebe könnte die Agri-Photovoltaik ein zusätzliches Einkommen ermöglichen – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen“, fasst Daniel Gasser, Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes, zusammen.

Wichtig ist dem SBB auch, dass nun klare Kriterien für die Umsetzung festgelegt wurden: „Agri-Photovoltaik ist ausschließlich über Obstanlagen in der Talsohle erlaubt.“ Ein Anliegen ist dem Bauernbund weiters, dass die Landwirtschaft weiterhin Vorrang hat und die Flächen in Südtiroler Hand bleiben. „Was wir nicht wollen, ist, dass Großinvestoren landwirtschaftliche Flächen ausschließlich zur Stromproduktion erwerben, und die Landwirtschaft zur bloßen Alibi-Tätigkeit verkommt. Von der Agri-Photovoltaik sollen die bäuerlichen Betriebe profitieren, und die Wertschöpfung soll im Land bleiben.“ Das sei auch für die gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend, die dem SBB besonders am Herzen liegt. „Die Auswirkungen auf das Landschaftsbild dürften vergleichsweise gering ausfallen, da viele Flächen ohnehin bereits mit Hagelnetzen überspannt sind. Gleichzeitig könnten die Photovoltaik-Module oberhalb der Obstbäume diese vor Sonne, Hagel und Regen schützen, was zu einem geringeren Bedarf an Pflanzenschutzmitteln und Wasser führen könnte.“ Mit dem Beschluss ist der Weg für die Agri-Photovoltaik nun grundsätzlich frei. Dennoch sind noch einige Fragen ungeklärt, weshalb kurzfristig nicht mit einer Vielzahl an Anlagen zu rechnen ist. „Südtirol betritt hier Neuland. Es gibt noch keine vergleichbaren kommerziellen Anlagen, da die Rahmenbedingungen hierzulande andere sind als in anderen Ländern. Entsprechend fehlt es an Erfahrung. Offen sind sowohl technische Fragen, etwa zur Montage der Paneele, als auch wirtschaftliche Aspekte“, betont Gasser. Auch die möglichen Ertragseinbußen im Obstbau sind derzeit unklar.
Gasser hofft, dass sich einige mutige Pioniere finden, warnt jedoch gleichzeitig davor, unüberlegte Investitionen zu tätigen: „Eine Investition muss gut durchdacht und geplant sein. Insgesamt könnten auf rund fünf Prozent der Anbaufläche Strom produziert werden – das wäre der Beitrag der Agri-Photovoltaik zur Erreichung der Klimaziele.“ Idealerweise sollte sie Teil von Energiegemeinschaften sein. Und am Ende sollten alle profitieren: die Gesellschaft, die Bäuerinnen und Bauern, das Klima und die Landschaft.

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