Bäuerliche Kapellen in Südtirol

Beim Landesbäuerinnentag wurde das Buch „Bäuerliche Kapellen in Südtirol“ vorgestellt. Im Interview erklären Landesbäuerin Antonia Egger und Autorin Margot Schwienbacher, wie es zu dem Projekt kam und was das Buch für sie persönlich bedeutet.

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630 Kapellen verstreut über ganz Südtirol sind im Buch „Bäuerliche Hofkapellen“ beschrieben, das damit erstmals eine umfassende Bestandsaufnahme macht. Der Bildband, der im Folio Verlag erschienen ist, stellt die Kapellen vor, ihre himmlischen Fürsprecherinnen und Nothelfer, erzählt rührende Geschichten und beschreibt lebendiges Brauchtum rund um diese Zeugen gelebter Volksfrömmigkeit.

Südtiroler Landwirt: Frau Egger, das Buchprojekt zu den Südtiroler Kapellen ging über zwei Jahre. Wie ist es gelungen, dieses Projekt auf die Beine zu stellen?   
Antonia Egger Mair:
Es hat sehr, sehr viele Menschen gebraucht, die uns in dieser Zeit unterstützt haben. Zum einen der Südtiroler Bauernbund, der uns die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt hat. Die Bäuerinnen vor Ort, die Besitzerinnen und Besitzer der Kapellen, die uns über die Ortsbäuerinnen Informationen zukommen ließen, und zu guter Letzt auch meine eigene Recherche und die der Mitarbeiterinnen. Wir haben viele Informationen über die Dorfbücher, kleine Broschüren und andere Bücher in den jeweiligen Dörfern gesammelt. Ja, es hat viele Menschen und viel Einsatz gebraucht.

Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie das Buch nun in Händen halten?
Antonia Egger Mair:
Ein sehr schönes Gefühl! Auch weil ich das Buch mit vielen schönen Erinnerungen verbinde, mit Begegnungen, an die ich zurückdenken kann, schöne Ortschaften und interessante Gegenden, die ich durch das Projekt kennenlernen durfte. Was mich aber am meisten freut, sind die Geschichten, die die Kapellen erzählen. Und nicht zuletzt, wie die Bauernfamilien mit diesen Kapellen verbunden sind.

Der Bildband ist aber auch ein Fachbuch?
Antonia Egger Mair:
Auf jeden Fall. Der Autorin Margot Schwienbacher ist es gelungen, die fachlichen Informationen zu den Kapellen in die Texte einzubringen, dadurch ist es sehr angenehm zu lesen. Ich finde, dieses Buch ist für jede und jeden. Und ich denke, dass auch die Besitzerinnen und Besitzer Freude daran haben werden, da sie durch dieses Buch Informationen erhalten, die sie vielleicht selbst noch nicht wussten.

Ihr schönstes Erlebnis während des Projekts?
Antonia Egger Mair:
Das ist eine schwierige Frage. Wir haben so viel Gastfreundschaft erleben dürfen und schöne Gespräche geführt! Deshalb ist es sehr schwierig, das schönste Erlebnis herauszupicken.

Was wünschen Sie sich für das Buch?
Antonia Egger Mair:
Ich wünsche mir, dass das Buch in jeder Stube seinen Platz findet. Denn es ist uns eine wertvolle Tirolensie gelungen. Und ich hoffe, dass wir einen ordentlichen Nachdruck machen müssen …

Frau Schwienbacher, Sie haben viel Zeit in dieses Buchprojekt gesteckt. Nun haben Sie 630 Kapellen und ihre Geschichten kennengelernt. Welche Geschichten erzählen sie?
Margot Schwienbacher:
Ja, es ist ganz erstaunlich, wie viel man durch die Beschäftigung mit und die Recherche über Kapellen auch über das bäuerliche Leben erfährt: über die Veränderung z. B. von bäuerlichen Besitzverhältnissen im Laufe von Jahrhunderten, über die Art und Weise, wie gebaut wurde, mit welcher Liebe und Sorgfalt Kunstdenkmäler geschaffen wurden, über gelebtes Brauchtum, die Heiligen, die verehrt werden … Ganz viel Volkskultur und Brauchtum stecken in diesen Kapellen.
Vielen Menschen sind die Heiligen heute nicht mehr geläufig, aber früher war ganz klar: Ist ein Tier krank, ruft man den heiligen Silvester als Viehpatron. Oder den heiligen Veit bei bestimmten Krankheiten. Der heilige Martin war wichtig, weil am Martinstag entschieden wurde, ob Mägde und Knechte am Hof bleiben oder wechseln mussten. Anhand dieser Heiligen kann man nachvollziehen, wie die bäuerliche Welt gelebt hat und wie der bäuerliche Jahreszyklus strukturiert war.
Einige Kapellen sind entstanden, weil sie früher im Besitz eines Klosters oder einer adeligen Familie waren. Oder nehmen wir zum Beispiel die Badkapellen: Die Bauernbäder waren die Vorläufer der heutigen Wellnesshotels. Eine frühe Form, um mit dem wertvollen Gut Wasser umzugehen. Man hat Badkapellen gebaut, weil nicht nur das körperliche, sondern auch das seelische Wohl wichtig war und ist.
Also es gibt viele verschiedene Geschichten, die Kapellen sind in allen Talschaften Südtirols verstreut und in verschiedenen Jahrhunderten entstanden, aber trotzdem gibt es Verbindungen. Mir war es ein Anliegen, diese Verbindungen zu finden und herzustellen, manchmal auch kuriose: Was könnte beispielsweise eine Kapelle im Unterland mit einer im obersten Pustertal gemeinsam haben? Da finden sich immer wieder Parallelen und diese zu recherchieren und herauszufinden – das habe ich mir zur Aufgabe gemacht.

Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 6 des „Südtiroler Landwirt“ vom 31. März ab Seite 27, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

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