Clublehrfahrt: Südafrika entdecken
Südafrika ist ein Land der Gegensätze: Davon hat sich eine Reisegruppe im Rahmen der Clublehrfahrt „Roter Hahn“ im März ein Bild gemacht.
Südafrika ist ein Vielvölkerstaat mit neun verschiedenen Völkern und 14 Sprachen. In den letzten 20 Jahren ist die Bevölkerung des Landes von rund 40 auf 68 Millionen Menschen gestiegen. Gleichzeitig zieht es immer mehr Menschen in die Städte: 67 Prozent der Bevölkerung leben bereits in urbanen Gebieten, bis 2030 sollen es 80 Prozent sein. Gepaart mit einer hohen Arbeitslosigkeit stellen diese Faktoren das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und auch die Landwirtschaft vor große Herausforderungen.
Landwirtschaft als wirtschaftliche Basis
Trotz der Herausforderungen bleibt die Landwirtschaft ein zentraler Wirtschaftszweig. Wein, Getreide, Obst und Viehwirtschaft prägen das Bild. Neben Rindern, Straußen, Schafen und Ziegen für Fleisch- und Milchproduktion werden auch Zitrusfrüchte, Erdbeeren und Tabak angebaut. Durch die Vielfalt der Produktion ist Südafrika weitgehend selbstversorgend und exportiert die Überschüsse in das restliche Afrika, aber auch nach Europa, Asien, Amerika und Großbritannien. Neben den rund zwei Millionen Kleinbauern, die sich vorwiegend selbstversorgen, gibt es rund 20.000 professionelle Landwirtschaftsbetriebe mit durchschnittlich 300 Hektar, aber auch Farmen mit mehreren Tausend Hektar. Diese befinden sich in erster Linie im Süden des Landes entlang des Küstenstreifens, wo es im Jahresverlauf ausreichend Regen gibt. Daneben gibt es in „Western Cape“, der westlichen Region rund um Kapstadt, die weltweit einzigartige Vegetation des „Fynbos“, eine Buschlandschaft, wo über 90.000 Pflanzen- und Straucharten gedeihen. Im Gegensatz zu Südtirol macht der Weinbau in Südafrika mit rund 100.000 Hektar ein Vielfaches im Vergleich zum Obstbau mit 25.000 Hektar aus. Insbesondere die Stadt Stellenbosch ist weltweit bekannt für seine ausgezeichneten Weine.
Agrartourismus noch in den Kinderschuhen
Ein wachsender Trend in der südafrikanischen Tourismusbranche, wenn auch noch nicht ausgeprägt, ist der Agrartourismus. Vor allem größere Bauernhöfe bieten Unterkünfte für Touristen an, wobei die Anzahl der Zimmer und der Wohnungen, der sog. „Cottages“, von einigen wenigen bis über 100 reicht. Für viele Betriebe in Südafrika wie auch in Südtirol ist der Agrartourismus ein zentrales wirtschaftliches Standbein. Insbesondere für größere Betriebe bietet die Vermietung von Ferienwohnungen eine wichtige Einkommensquelle und trägt maßgeblich zum betrieblichen Erfolg bei. Den typischen klein strukturierten UaB-Betrieb, wie wir ihn in Südtirol kennen, gibt es in Südafrika hingegen kaum. Dies zu ändern und somit auch kleineren Betrieben ein Zusatzeinkommen aus dem Tourismus zu sichern, hat sich Jaqui Taylor, die Gründerin und Geschäftsführerin von „Agritourism South Africa“ zur Aufgabe gemacht. Sie hat die Reisegruppe zwei Tage vor Ort begleitet und dabei wertvolle Einblicke in die Landwirtschaft der südlichsten Region Afrikas gegeben.
Innovative und resiliente Farmer
Die politische Situation in Südafrika ist angespannt. Für die Landwirtschaft vor Ort besonders relevant ist ein Gesetzentwurf, der es zukünftig erlauben soll, Landwirte zu enteignen und die landwirtschaftlichen Flächen an neue Besitzer zu vergeben. Betroffene sind in erster Linie weiße Farmer, also Nachfahren der europäischen Siedler, die im 17. Jahrhundert die Küstenregionen Südafrikas besiedelt haben. Wie genau das Gesetz angewandt und welche konkreten Folgen es für die Landwirte vor Ort haben wird, werden die Durchführungsbestimmungen zeigen, die noch in diesem Jahr erscheinen. Trotz allem blicken die Bäuerinnen und Bauern in Südafrika zuversichtlich in die Zukunft. Bereits in der Vergangenheit haben sie sich an die sozialen und politischen Veränderungen angepasst und dabei stets Mut und Innovationskraft bewiesen. Auch ohne jegliche staatlichen Förderungen haben sie Wege gefunden, ein angemessenes Einkommen aus der Landwirtschaft zu erwirtschaften, wobei sie auch aufgrund der weitreichenden Flächen modernste Technik einsetzen. Ausgeprägt sind sowohl ihr Stolz, Landwirt zu sein, als auch die Nachbarschaftshilfe untereinander. Das Genossenschaftswesen hingegen ist weniger stark ausgeprägt wie in Südtirol und vor allem in der Weinwirtschaft zu finden. Die Genossenschaften sind dabei in erster Linie Dienstleister für die Bauern, beispielsweise für die Lagerung der Produkte.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Clublehrfahrt „Roter Hahn“ konnten auf alle Fälle zahlreiche Eindrücke und unvergessliche Erlebnisse aus diesem landschaftlich und kulturell einzigartigen Land mit nach Hause nehmen. Wie auch die Erkenntnis, dass die Bäuerinnen und Bauern in allen Teilen der Welt unverzichtbar sind.