„Das Ziel teilen alle“
Beim Wolf braucht es schleunigst eine Regulierung mit Abschüssen. Darüber waren sich alle Teilnehmer einer Podiumsdiskussion in Lana einig. Nur wie man dahin kommt, darüber gingen die Meinungen auseinander.
Der Diskussionsabend „Großraubtiere in Südtirol: Wie geht es weiter?“ fand auf Einladung von acht Bürgermeistern des Burggrafenamts im Raiffeisenhaus in Lana statt. Bürgermeister Harald Stauder, der die Veranstaltung moderierte, hatte Landesrat Arnold Schuler, Senator Meinhard Durnwalder, Bergbauernvertreter Alberich Hofer, Salzburgs Landesjägermeister Maximilian Baron Mayr-Melnhof und Paul Rainer, Präsident des Tourismusvereins Ultental-Proveis, zur Diskussion eingeladen.
„Das Thema Wolf betrifft die ganze Bevölkerung“, unterstrich Stauder eingangs. „Es wird rechtlich nicht alles machbar sein, was wir uns wünschen. Aber die Priorität müssen ganz klar die Menschen haben und jene, die mit der Landschaft ihr Brot verdienen.“
Mayr-Melnhof: „Jeder Wolf ist ein Problemwolf“
Einig waren sich alle Teilnehmer am Podium, dass der Wolf in Südtirol keinen Platz hat und dass es ein Wolfsmanagement mit einer Regulierung braucht. Salzburgs Landesjägermeister Maximilian Baron Mayr-Melnhof hält jeden Wolf für einen „Problemwolf“.
Er erinnerte daran, dass der Wolf auch eine Gefahr für den Menschen sei. Laut seiner Aussage ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem Übergriff auf einen Menschen kommt. „Vor allem, wenn er alt wird oder verletzt ist und schlecht jagen kann, kommt er dem Menschen näher“, erklärte Mayr-Melnhof. In Österreich sei der Wolf im Jagdgesetz enthalten, in Kärnten sei kürzlich der erste Wolf legal geschossen worden.
Bergbauernvertreter Alberich Hofer forderte einmal mehr von der Politik eine Möglichkeit zur legalen Regulierung der Wolfsbestände: „Ansonsten werden die Leute irgendwann notgedrungen zur Selbstjustiz greifen, wenn ihnen die rechtliche Handhabe fehlt.“
Die Zustände seien für die Tierhalter emotional und wirtschaftlich nicht mehr tragbar, sagte Hofer mit Verweis auf die Rekordrisszahlen im vergangenen Sommer.
Einblick in die rechtlichen Möglichkeiten zur Wolfsentnahme gaben Landesrat Schuler und Senator Durnwalder. Sie waren sich einig, dass die „Königswege“ über die Europäische Union und die Staat-Regionen-Konferenz laufen. Auf EU-Ebene wurde ein erster wichtiger Schritt mit der Resolution des EU-Parlamentariers Herbert Dorfmann getan, um den Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen (siehe dazu auch S. 28). Auch im Rahmen der Staat-Regionen-Konferenz wird bereits seit Jahren an einem Wolfsmanagement gearbeitet. Landesrat Schuler zeigte sich optimistischer als Durnwalder, dass Rom in einzelnen Regionen wie Südtirol bald Entnahmen möglich machen könnte. Dass von der neuen Regierung positivere Signale kommen, bestätigten beide Politiker. Senator Durnwalder wies darauf hin, dass bereits mit dem Landesgesetz einzelne Wolfsentnahmen möglich wären. Dafür brauche es eine wissenschaftliche Dokumentation, wo und warum Herdenschutz nicht möglich ist.
Heftige Diskussion zum Thema Herdenschutz
Beim Thema Herdenschutz gingen die Meinungen am Podium deutlich auseinander. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer zumindest, dass Herdenschutz auf allen 1400 Almen in Südtirol nicht möglich sein wird. Landesrat Schuler unterstrich seine Position, dass man wohl oder übel mit dem Wolf leben werden müsse. Das schließe auch ein, dass man auf jenen Almen, wo es möglich sei, Herdenschutz machen müsse: „Wir brauchen das auch als Nachweis gegenüber Rom und der ISPRA“, sagte Schuler. Der Landesrat verwies auf das Trentino, in dem es weit mehr Ansuchen um Herdenschutzförderung gibt als in Südtirol.
Mayr-Melnhof bezeichnete den Herdenschutz in Europa als gescheitert. „Und da, wo er funktioniert, gibt es keinen Tourismus“, betonte der Landesjägermeister und erinnerte an die enormen Kosten für Zäune, Hunde und Hirten: „In Frankreich kostet jeder Wolf 70.000 Euro.“
Bergbauernvertreter Hofer forderte die öffentliche Hand auf, den Herdenschutz selbst zu übernehmen. „Wir Bauern können es uns nicht leisten“, betonte Hofer und ergänzte: „Der Wolf ist ein Gesellschaftsproblem, nicht ein Bauernproblem. Wir sind nur die Ersten, die es trifft.“ Es brauche eine gute Dokumentation, warum die heimischen Almen für Herdenschutz nicht geeignet sind. In diesem Zusammenhang übte der Bergbauernvertreter Kritik am früheren Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei und jetzigen Senator, Luigi Spagnolli: „Das Amt war bislang keine große Hilfe und Spagnolli hätte sich einige Kommentare sparen können.“
Paul Rainer, der Präsident des Tourismusvereins Ultental-Proveis, erinnerte daran, dass die Ultner Lammwochen abgesagt worden waren, um ein Zeichen gegen den Wolf zu setzen.
Er befürchtete, dass Almen wegen der Großraubtiere nicht mehr bewirtschaftet werden: „Was das für die Einheimischen und den Tourismus bedeutet, mag man nicht denken.“ Rainer stellte die Frage in den Raum, wer überhaupt für einen absoluten Wolfsschutz sei. Und er kritisierte, dass in Sachen Wolf versucht werde, alles zu vertuschen.
Auch aus dem Publikum kamen Wortmeldungen. Einige Bauern machten ihrem Ärger und ihrer Verzweiflung über die Untätigkeit beim Wolf Luft. Der Obmann der Kleintierzüchter, Lorenz Müller, verwies auf Finnland und Schweden, die die Wolfsbestände rigoros begrenzen. Ein Ultner schilderte, wie man auf der Kirchbergalm versucht habe, Herdenschutz zu betreiben. Wurden vor einigen Jahren 500 Schafe auf die Alm getrieben, so wurde sie inzwischen aufgegeben: Nach 140 Rissen hat der langjährige Hirte das Handtuch geworfen.