Artischocken sind jetzt frisch in vielen Supermärkten und Gemüsegeschäften zu finden. Foto: Martin Adams/unsplash

Die verkannte Artischocke

Sie ist unscheinbar, etwas stachlig und kann ganz schön „hantig“ sein: Die Artischocke hat Saison. Und sie ist gerade jetzt ideal zum Entschlacken. Dabei ist sie vielseitig verwendbar und obendrein gesund. Ein Grund mehr, sie besser kennenzulernen …

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Die meisten kennen Artischocken (italienisch carciofi) eingelegt in Öl: als Belag für die Pizza, als Snack für einen Aperitif oder einfach so. Zurzeit gibt es aber auch frische Artischocken in jedem Gemüsegeschäft und in vielen Supermärkten zu kaufen. Denn im Süden Italiens ist jetzt Erntesaison. Inzwischen gibt es zwar auch Bergartischocken, die sogar in unseren Breiten gut gedeihen, aber eigentlich ist die Artischocke ein mediterranes Gemüse, das sich erst vor ein paar Jahren seinen Weg ins Gebirge gebahnt hat. Weil Artischocken in der Vor- und Zubereitung etwas aufwändig sind und nicht jeden Geschmack treffen, trauen sich viele nicht zu, daraus etwas für die ganze Familie zu kochen. Dabei sind Artischocken sehr vielseitig in der Küche einsetzbar und können sogar roh gegessen werden. Aber dazu kommen wir später.

Bitterstoffe und Antioxidantien
Zunächst sei festgehalten, wie gesund Artischocken sind: Der Bitterstoff Cynarin regt beispielsweise den Stoffwechsel der Leber an und wirkt dadurch entschlackend. Artischocken wird aber auch eine appetitanregende, verdauungsfördernde und cholesterinsenkende Wirkung zugeschrieben. Das macht man sich beispielsweise beim Digestif Cynar zu Nutze, der in der Nähe von Padua aus Artischocken und Kräutern gewonnen wird. Wie alle Gemüsearten sind Artischocken kalorienarm und enthalten neben den Mineralstoffen Magnesium, Kupfer und Phosphor auch Folsäure, Vitamin C, Vitamin B6, Niacin, Riboflavin und jede Menge Antioxidantien. Die schützen die Zellen vor freien Radikalen und dadurch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes, Parkinson oder Alzheimer.

Distel aus der Familie der Korbblütler
Die Artischocke (Cynara cardunculus) ist eine distelartige Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist daher beispielsweise verwandt mit der Ringelblume, dem Estragon oder dem Zuckerhut. Es sind die Blütenknospen, die von der Artischockenpflanze geerntet werden, meist mit den Stielen dran, die übrigens gerne mitgekocht werden können. Die Artischocke stammt – wie bereits erwähnt – ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Hier hat sie eine lange Tradition. Laut griechischer Mythologie verliebte sich Gottvater Zeus in die attraktive Nymphe Cynara, die ihn jedoch abwies. Daraufhin verwandelte Zeus sie in seiner Wut in die stachlige Artischocke. An die Nymphe erinnert noch heute ihr wissenschaftlicher Name.

Italien ist Hauptproduzent
Bereits im ersten Jahrhundert n. Chr. scheint laut Literatur der Beginn der Artischockenkultur zu liegen. Die Araber verbreiteten die Gemüsepflanze im südlichen Mittelmeergebiet bis nach Spanien. Aus dem Arabischen lässt sich demnach auch der italienische Name der Artischocke (carciofo) herleiten. Italien ist auch das Land, das laut FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) mit 376.280 Tonnen am meisten Artischocken anbaut. Weltweit werden jährlich 1.470.332 Tonnen geerntet (2021). Auf Platz zwei liegt Ägypten, gefolgt von Spanien, Algerien und Peru. Auch Frankreich und Griechenland sind große Artischockenproduzenten.

Artischocken richtig vorbereiten
Bei den großen Artischocken (sogenannte „mamme“) sind die fleischigen Teile der Hüllblätter und die Blütenböden essbar. Die unter den Blättern liegenden Härchen, das sogenannte „Heu“, muss entfernt werden. Wer sie fachgerecht vorbereiten will, sollte zunächst die äußersten harten Blätter von Hand entfernen (unbedingt Handschuhe anziehen, weil sich die Hände sonst braun verfärben!). Mit einem scharfen Gemüsemesser wird dann der äußerste Rand des Bodens so entfernt, dass der Stiel zwar dranbleibt aber mitgeschält wird. Die Enden der Artischockenblüte (oft mit Stacheln) werden dann großzügig abgeschnitten. Zuletzt drückt man den inneren Teil etwas auseinander und entfernt mit einem kleinen Löffel oder einem anderen abgerundeten Werkzeug das Heu. Nun wird die Schnittfläche mit einem Gemisch aus Olivenöl, fein gehackter Petersilie, etwas Knoblauch (wer mag) und Salz eingerieben und kopfüber in einem hohen Topf kurz in etwas Öl angebraten. Dann mit wenig Weißwein ablöschen und mit etwas Wasser bei geschlossenem Deckel dünsten, bis die Artischockenböden weich sind. Die so zubereiteten Artischocken sind ideal als kleine Vorspeise: Blatt für Blatt werden sie von Hand gelöst, eventuell in etwas Vinai­grette getunkt und der fleischige Teil mit den Zähnen abgezogen. Die innersten Blätter kann man ganz essen. Und zum Schluss kommt der Boden dran.

Von Nudeln bis Frittata
Wer mit Artischocken andere Gerichte kochen möchte, verwendet besser die kleineren, schmalen Artischocken (vorbereitet wie die großen und dann in etwas Zitronenwasser gelegt, damit sie sich nicht braun färben) oder Miniartischocken, die es jetzt überall zu kaufen gibt. Die haben den Vorteil, dass sie schnell geputzt sind, weil sie kein oder kaum Stroh haben und deshalb ganz verwendet werden können: Feinblättrig geschnitten werden sie gedünstet, mit Petersilie und Knoblauch gewürzt und sind dann entweder als Begleitung zu Reis, Nudeln oder für eine Frittata verwendbar. Auch einlegen kann man sie selbst, dabei können verschiedenste Gewürze wie Pfefferkörner, Rosmarin, Thymian oder auch Chili verwendet werden.
Und für echte Artischocken-Liebhaber gibt es einen feinen Salat aus rohen Artischocken, wie bereits angekündigt: Die Artischocken werden wie beschrieben geputzt, wobei nur die zarten Blätter innen übrig bleiben sollen  (am besten also, man nimmt die kleinen). Wenn nötig, teilt man die Artischocken in zwei Hälften und entfernt das Stroh. Ansonsten werden die ganzen Köpfchen in dünne Scheiben geschnitten oder gehobelt und dann schnellstmöglich in kaltes Zitronenwasser gelegt. Die abgetropften und getrockneten Scheiben werden dann portionsweise auf Tellern angerichtet, man beträufelt sie mit einer Vinaigrette aus Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer und mischt das Ganze locker. Zum Schluss wird etwas Parmesan oder Pecorino drübergehobelt.

Ein passendes Rezept finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 4 des „Südtiroler Landwirt“ vom 1. März auf Seite 26, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

Renate Anna Rubner

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