Die Osterochsenversteigerung in St. Lorenzen ist immer eines der größten Highlights im Geschäftsjahr des Viehversteigerungskonsortiums Kovieh. Foto: Othmar Seehauser

„Hände weg von Importen!“

Auf ein gutes Jahr blickte das Viehversteigerungskonsortium Kovieh bei seiner Vollversammlung zurück. Allerdings bereiten Tierseuchen wie Maul- und Klauenseuche sowie Blauzungenkrankheit große Sorgen. Deshalb lautete der Appell, Importe bis auf Weiteres tunlichst zu vermeiden.

Lesedauer: 10
Produktion

Die Zahl der aufgetriebenen Tiere hat im Jahr 2024 wieder leicht zugenommen, die Preise haben angezogen, lautete das insgesamt positive Fazit von Obmann Michael Treyer bei der Vollversammlung des Viehversteigerungskonsortiums Kovieh. Sie fand am 22. April im Haus der Tierzucht statt. Unzufrieden äußerte er sich über die mangelnde Wertschätzung der Gesellschaft der Viehwirtschaft gegenüber. Das sei nicht in Ordnung, denn die Viehwirtschaft habe einen hohen Stellenwert im Land, schließlich verwalten die Tierzuchtverbände 1.000 Mitglieder südtirolweit und unterstützen sie in Einkauf, Verkauf und täglicher Zuchtarbeit. „Wir müssen Unterstützung fordern“, meinte Treyer, „und zwar nicht nur finanziell, sondern insgesamt.“ Darüber habe er auch mit dem neuen Landesrat für Landwirtschaft Luis Walcher geredet. Dieser habe ein offenes Ohr für die Anliegen und Schwierigkeiten der Berglandwirtschaft. 

Direkter Ansprechpartner gefordert
„Mein Wunsch ist es, in der Landesverwaltung einen direkten Ansprechpartner für uns Tierzuchtverbände zu haben, einen ,Tierzuchtdirektor‘ sozusagen, der versteht, wie die Viehwirtschaft funktioniert und mit dem man mehrmals im Jahr zusammenkommen und wichtige Themen ausdiskutieren kann“, erklärte Treyer. Er unterstrich: „Wir im Haus der Tierzucht haben inzwischen bewiesen, dass wir zusammenhalten.“ Die Lobbyarbeit nach außen müsse man aber deutlich verbessern: „Wir müssen mit Zahlen und Fakten belegen, dass wir viel besser sind, als öffentlich gemeint wird“, forderte der Obmann. Sorgen bereitet den Tierzuchtverbänden die Seuchensituation, sowohl die Maul- und Klauenseuche (MKS) als auch die Blauzungenkrankheit, die vor Südtirol bisher zwar noch Halt gemacht haben, in manchen Gegenden Europas aber grassieren.

Jeder Schlachthof wird gebraucht
„Wichtig ist uns auch das Schlachthaus in Bozen: Wir arbeiten daran, immer mehr Fleisch anbieten zu können, wo das Kalb hier geboren, aufgezogen und geschlachtet wurde und hier auch auf den Teller kommt.“ Die Nachfrage sei da, die Verfügbarkeit (noch) begrenzt. „Hier müssen wir besser werden, deshalb brauchen wir jeden Schlachthof“, unterstrich Treyer. 

Auftriebszahlen und Preise steigen
Geschäftsführer Martin Tröger stellt den Tätigkeitsbericht des letzten Jahres vor: „Insgesamt haben wir als Viehversteigerungskonsortium im Jahr 2024 86 Versteigerungen organisiert und abgewickelt und dabei 35.217 Tiere verkauft, was einem Plus von 468 Tieren im Vergleich zum Jahr 2023 entspricht.“ In der Versteigerungshalle Bozen waren es 44 Kälber- und 27 Nutztierversteigerungen, in St. Lorenzen 15 Nutztierversteigerungen. Der Monat mit den höchsten Verkaufszahlen war der Oktober mit 4.252 Tieren. Den Großteil der Tiere, die bei den Versteigerungen ihre Besitzer wechseln, machen die Kälber mit 19.336 Tieren aus, gefolgt von Rindern mit 9.039 Stück und Kleintieren mit 6.115 Tieren. 130 Pferde wurden im Jahr 2024 versteigert und 543 Qualitätsfleischtiere. Ein Blick auf den Rassenspiegel belegt, dass die Fleischkreuzungen bei den Versteigerungen im Steigen begriffen sind, während ­reinrassige Tiere in etwa stabil bleiben.

Starke Abnehmer bei Kälbern
Die Kälberversteigerungen zeichnen sich durch starke Abnehmer aus. Die in Südtirol geborenen Kälber bleiben im oberitalienischen Raum, der Radius der Destinationen ist auf 150 Kilometer begrenzt. Die Preisentwicklung ist positiv: In den letzten drei Jahren sind sie nicht nur bei den Kälbern gestiegen. Auch bei den Nutztieren haben sich die Preise positiv entwickelt: Zwar gab es auch 2024 leichte Schwankungen, insgesamt ist der Trend in den letzten vier Jahren aber deutlich gestiegen. Die Versteigerungstage laufen immer gleich ab: Die Kälber werden am Vormittag von den Frächtern gesammelt, in Bozen abgeladen, gewogen und gleich verkauft. Im Büro des Kovieh werden die Tiere registriert und ihre Daten überprüft. Dabei wird das Konsortium von der Tierzuchtvereinigung unterstützt. Nach der Versteigerung erfolgt der Abtransport, die digitale Tierbewegung wird in der Viehdatenbank erfasst. 

Vermehrt auch Südtiroler Metzger als Abnehmer 
Auch bei den Schlachtkühen kommen die größten Abnehmer aus dem oberitalienischen Raum. Neben diesen Hauptabnehmern gibt es auch einige Mastbetriebe aus Südtirol, die  übers Jahr größere Mengen an Tieren über die Versteigerung abnehmen. Zudem gibt es einige Südtiroler Metzgereien, die sich an den Versteigerungen beteiligen. Bei den Nutztieren laufen die Versteigerungstage in etwa gleich ab wie bei den Kälbern. Je nach Stückzahl werden die Tiere dann aber bereits am Vortag der Versteigerung gesammelt. Bei der Ankunft in Bozen bzw. St. Lorenzen werden die Tiere gewogen und die Anlieferungspapiere geprüft. Der Abtransport erfolgt in der Regel noch am Versteigerungstag, außerhalb der Provinz übernimmt das Kovieh die Organisation dafür. Die Highlights des Jahres waren wie immer die beiden Spezialversteigerungen – am 12. März die Osterochsen- und am 3. Dezember die Weihnachtskalbinnenversteigerung. Dabei wurden 68 bzw. 54 Tiere aufgetrieben. Vor Weihnachten erzielte ein Spendenochse namens „Emil“ einen Preis von 5.366,90 Euro, der dem Bäuerlichen Notstandsfonds zugutekam. 

Projekt „Alps Beef Südtirol“
Neben der Südtiroler Qualitätsfleischschiene, die es bereits seit 2007 gibt und in Südtirol geborene, gemästete und innerhalb von Südtirol verkaufte Tiere zum Ziel hat, wurde im letzten Jahr gemeinsam  mit der Firma Siebenförcher „Alps Beef Südtirol“ ins Leben gerufen, um auch die Gastronomie mit heimischem Fleisch zu beliefern. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte das Projekt bei der Messe Hotel. Dort wurde es auch ausgezeichnet und erhielt den dritten Platz in der Kategorie „Sustainable Food & Drink“. Zum Abschluss des Tätigkeitsberichts präsentierte Chefbuchhalter Daniel Prossliner eine ausgeglichene Bilanz: Insgesamt hat das Viehversteigerungskonsortium im Jahr 2024 einen Umsatz von 20 Millionen Euro erwirtschaftet, erklärte er. Das bedeute ein kleines Plus. Prossliner wurde bei der Vollversammlung für 20 Jahre Betriebszugehörigkeit geehrt. In seinen Grußworten sprach Landestierarzt Paolo Zambotto die Gefahr der Tierseuchen an: Vor allem die Maul- und Klauenseuche bereitet ihm Kopfzerbrechen, weil der Erreger sehr resistent und heimtückisch ist. „Sollten wir einen Fall in Südtirol haben, wäre erst mal fertig“, meinte er rundheraus. Deshalb riet er: „Hände weg von Importen, zumindest für einige Zeit!“ Auch in Bezug auf die Blauzungenkrankheit. Dabei könne man aber auch auf Impfung setzen. „Letztendlich geht es um euch“, erklärte er der Landestierarzt, „deshalb müsst ihr Verantwortung übernehmen. Nur gemeinsam können wir für Südtirol die Katastrophe abwenden!“ 

Kovieh-Chefbuchhalter Daniel Prossliner (3. v. l.) wurde für 20 Jahre Betriebszugehörigkeit geehrt.

Renate Anna Rubner

Weitere Artikel zu diesem Thema