Herkunft besser kennzeichnen
Mit der Einführung bzw. Ausweitung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln hat sich der Südtiroler Student Michael Luther – mit Unterstützung des Südtiroler Bauernbundes – in seiner Diplomarbeit beschäftigt.
Die Herkunft von Lebensmitteln wird immer wichtiger. Verbraucher wünschen sich zunehmend Transparenz in der Lebensmittelbranche, um Produkte auch nach ihrem Ursprung auswählen zu können. Lokale Lebensmittel werden in der Regel gegenüber ausländischen Produkten vorgezogen, da diese als umweltfreundlicher gelten und so zudem die heimische Landwirtschaft unterstützt wird. Auch wenn man einen Blick auf die Fortentwickelung der Rechtslage in der EU und deren Mitgliedstaaten wirft, ist der Trend regionaler Produkte klar erkennbar. Zentraler Regelungsgegenstand ist dabei die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln.
Vereinbarkeit mit EU-Recht untersucht
Michael Luther analysiert in seiner Diplomarbeit „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln – Unionsregelung und nationale Regelungen unter besonderer Berücksichtigung von Italien, Frankreich, Österreich und Finnland“ aktuelle Entwicklungen und bereits bestehende Regelungen. Zentraler Untersuchungsgegenstand der Arbeit ist die Unionsrechtskonformität einer Ausweitung der Kennzeichnungspflicht hinsichtlich der Herkunft von Lebensmitteln.
Europarecht als rechtliche Rahmenbedingung
Das Gebiet des Lebensmittelrechts ist mittlerweile weitgehend durch EU-Recht geregelt, weshalb den europäischen Normvorschriften besondere Bedeutung als Rahmenbedingungen zukommt. An dieser Stelle sind die Lebensmittelinformationsverordnung (VO Nr. 1169/2011) und das Prinzip der Warenverkehrsfreiheit hervorzuheben. Außerdem wurden in den letzten Jahren auch zahlreiche nationale Regelungen zur obligatorischen Herkunftsangabe von Lebensmitteln verabschiedet.
Prinzip der freiwilligen Kennzeichnung
Kommen wir nun zum Wesentlichen. Und zwar zu den Fällen, in denen eine verpflichtende Herkunftsangabe bereits vorgesehen ist, beginnend mit den Unionsregelungen. Allgemein gilt das Prinzip der freiwilligen Herkunftskennzeichnung, wonach die Lebensmittelunternehmer frei entscheiden können, ob sie die Herkunft angeben möchten oder nicht. Kurz zusammengefasst kann andererseits festgestellt werden, dass es auf Unionsebene zwei Fallgruppen verpflichtender Herkunftsangaben gibt:
Die Herkunft aller verpackten Lebensmittel und deren Zutaten ist gemäß der genannten Verordnung (Artikel 26 VO Nr. 1169/2011) verpflichtend anzugeben, falls ohne diese Angabe die Verbraucher über die tatsächliche Herkunft eines Lebensmittels in die Irre geführt werden könnten. Beispielsweise müssen Nudeln, die in Deutschland hergestellt wurden und in einer Pasta-Verpackung mit italienischer Flagge verkauft werden, mit der Angabe „Herkunft Deutschland“ gekennzeichnet werden.
Außerdem gibt es noch eine Reihe von produktspezifischen Kennzeichnungspflichten bei unverarbeitetem Rind-, Schweine-, Geflügel-, Schafs- und Ziegenfleisch, bei Eiern, Olivenöl, Honig, unverarbeitetem Fisch, frischem Obst und Gemüse sowie bei Bioprodukten.
Zur Vereinbarkeit nationaler Regelungen
Immer wieder wurde im Europäischen Parlament eine Ausweitung der verpflichtenden Herkunftsangaben diskutiert. Nachdem die Kommission sich aber definitiv dagegen ausgesprochen hatte, beschlossen einige Mitgliedstaaten, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ziel war es, regionale Produkte zu fördern. Italien spielte dabei zusammen mit Frankreich eine Vorreiterrolle. Der italienische Gesetzgeber führte gleich für mehrere Lebensmittel eine verpflichtende Herkunftsangabe ein: Reis, Weizen in Nudeln, Tomaten, Milch bzw. Milch als Zutat in Milchprodukten und verarbeitetes Schweinefleisch. Die betreffenden Dekrete finden jedoch nur auf jene Produkte Anwendung, die in Italien hergestellt wurden. Europarechtsexperten betrachten diese nationalen Regelungen jedoch äußerst kritisch und gehen von einer Unionsrechtswidrigkeit aus – denn die Normvorschriften stehen in einem Spannungsverhältnis mit dem Prinzip des freien Warenverkehrs. Da Konsumenten nachweislich heimische Produkte gegenüber ausländischen bevorzugen, erfahren Letztere durch die verpflichtende Herkunftskennzeichnung einen großen wirtschaftlichen Nachteil. Vor allem stellen laut EU unterschiedliche nationale Regelungen eine Gefahr für den Binnenmarkt dar.
Kennzeichnung in Gemeinschaftsverpflegung
Anders sieht hingegen die Situation für die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung aus. In Frankreich und Finnland ist die Angabe der Herkunft gängiger Fleischarten in allen Gastronomiebetrieben verpflichtend vorgesehen. Diese Normen stellen keine Verletzung des Unionsrechts dar. Denn herrschende Meinung ist, dass Gastrobetriebe standortgebunden arbeiten und daher keine Einschränkung des Warenverkehrs vorliegt. So wäre eine Einführung ähnlicher Regelungen auf Basis der EU-Verordnung (Artikel 44 VO Nr. 1169/2011) auch in anderen Mitgliedstaaten möglich.