Jonas Wunderer aus Außersulden ist der jüngste Ortsobmann des Südtiroler Bauernbundes.

Jung, aber oha!

Gerade mal 25 Jahre alt ist Jonas Wunderer vom Oberlagandahof in Außersulden, der jüngste Ortsobmann im Südtiroler Bauernbund. Aber er hat schon ganz klare Vorstellungen, was seine Funktion angeht – und die Leidenschaft, diese zu verwirklichen.

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SBB

Jonas Wunderers Karriere als Funktionär im Bauernbund begann nicht, wie es sonst manchmal der Fall ist, in der Bauernjugend: „In Sulden gibt es keine SBJ-Ortsgruppe. Ich wurde vor einigen Jahren vom Ortsobmann Walter Reinstadler angeworben, der im digitalen Bereich Unterstützung suchte. Ich habe gerne zugesagt, weil ich viel von Walter lernen konnte, sowohl auf Vereinsebene als auch in menschlicher Hinsicht. Ich konnte auch einen Einblick in die Tätigkeit des Gremiums gewinnen, bekam aber nicht gleich die gesamte Verantwortung ab. Das änderte sich erst, als Walter 2022 verstarb und ich als Ortsobmann nachrückte.“ Sicher nicht einfach? „Plötzlich fehlt das gesamte historische Gedächtnis. Es war sicher eine Herausforderung, aber Aufgeben war keine Option.“ Schließlich war Wunderer schon beinahe ein „alter Hase“ auf dem Gebiet des Ehrenamtes: Er ist nicht nur beim Südtiroler Bauernbund tätig, sondern auch Milchmesser, Ausschussmitglied des Schafzuchtvereins, Schriftführer bei der Freiwilligen Feuerwehr und ein „Tuifl“ in der örtlichen Gruppe. Ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass er eine Vollzeitstelle als Gemeindebediensteter hat und auf dem Oberlagandahof in Außersulden Kälber, Schweine, Schafe und Hühner hält.
Arbeit, Familie, Vereinsleben: Kommt da nicht ein bisschen viel zusammen? „Der Appetit kommt beim Essen“, meint Jonas augenzwinkernd. „Wenn sich jemand gerne aktiv zeigt, wird er oder sie natürlich gleich gefragt, wenn Not am Mann oder an der Frau ist. Aber man engagiert sich gern in der Gemeinschaft, es ist ein Geben und Nehmen.“
Das Vereinsleben wurde bei Wunderer schon in der Familie vorgelebt, das weiß er zu schätzen: „Es ist sehr wichtig, dass die Familie hinter einem steht, wenn man ehrenamtlich tätig ist. Man kann sich dann zu Hause austauschen und auf die Erfahrung von Eltern, Großeltern, Geschwistern und Partnerin zurückgreifen. Man bekommt eine andere Sicht auf die Dinge.“

Gemischte Gremien spiegeln Gesellschaft wider
Ein dankbares Stichwort: Wie sieht er eine verstärkte Beteiligung von Frauen in Funktionärsrollen? „Sicher positiv! Frauen haben oft eine andere Sichtweise als Männer, andere Ideen. Das ist eine große Bereicherung. Auch das Zusammenspiel unterschiedlicher Generationen ist ein Segen, vorausgesetzt, man hat Verständnis füreinander.“ Ein Mehrgenerationen-Gremium? „Genau“, nickt Jonas. „Die ‚routinierteren‘ Mitglieder bringen ihre Erfahrung ein, die jüngeren ihr Wissen auf anderen Gebieten wie im digitalen Bereich.“ Aber egal, ob Alt oder Jung, weiblich oder männlich, eines gelte immer: Wenn man sich dazu entschließt, aktiv mitzuarbeiten, dann sei Einsatz gefragt.
Doch nicht jede und jeder sieht sich gleich darüber aus, vollen Einsatz zu leisten, und verzichtet lieber auf das Kandidieren. „Das ist sehr bedauerlich“, überlegt Jonas. „Vielleicht denken viele, sie müssten als Funktionäre alles allein ‚stemmen‘ – aber das stimmt nicht unbedingt. Hauptsache, man kommuniziert, teilt Probleme oder Zweifel im Gremium und lässt sich auch mal unter die Arme greifen.“ Auf die richtige Balance von Bring- und Holschuld komme es an. Wenn man trotzdem noch nicht überzeugt sei, ehrenamtlich „voll“ einsteigen zu können oder wollen, „kann man immer zuerst ‚hineinschnuppern‘ und an einzelnen Projekten mitarbeiten, bevor man sich für ein ‚richtiges‘ Funktionärsamt bewirbt. Eine Schnupperzeit kann viele Zweifel aus dem Weg räumen“.
Er selbst hat keine Zweifel, wenn es um sein Engagement als Ortsobmann geht: Er ist mit großer Überzeugung dabei und hat auch schon einige Ideen, wie er neuen Wind einbringen kann: Digitalisierung und Weiterbildung sind z. B. zwei Herzensanliegen des jungen Suldners. Der gezielte Einsatz mobiler Nachrichtendienste, der Ausbau eines gut funktionierenden, selbsttragenden Netzwerks und die Organisation regelmäßiger Kurse für die Mitglieder seien ihm besonders wichtig. So hat die Ortsgruppe Sulden, zusammen mit der Ortsgruppe Stilfs und der Weiterbildungsabteilung des Südtiroler Bauernbundes, schon einen erfolgreichen Traktor-Auffrischungskurs in kürzester Zeit organisiert und angeboten.

Lieber Gespräch statt Sitzung
„Ein Wort sagt viel aus“, sinniert Jonas. „Statt ‚Sitzung‘ hätte ich z. B. viel lieber das Wort ‚Gespräch‘. Sitzung erinnert an trockenen Frontalunterricht, das Gespräch hingegen beinhaltet auch Geselligkeit: Es findet auf gleicher Augenhöhe statt und baut dadurch Distanz ab. Die besten Ideen kommen ja oft, wenn man nach dem offiziellen Teil einer sogenannten ‚Sitzung‘ in geselliger Runde den Abend ausklingen lässt. Warum also nicht gleich zum Gespräch statt zur Sitzung einzuladen?“
Jede und jeder sollen sich trauen können, ihre und seine Vorschläge einzubringen, egal ob für Verbesserungen oder für Veränderungen. Das gelte nicht unbedingt nur im Gremium des Bauernbundes, sondern in der gesamten Dorfgemeinschaft.
Sieht sich der junge Suldner eigentlich auch in zehn Jahren noch als Ortsobmann? „Das hängt nicht nur von mir ab“, lacht er. „Mit den richtigen Leuten und der richtigen Einstellung kann man es aber sicher weit bringen – auch auf mehrere Amtsperioden.“   

Dieser Beitrag ist Teil des Leuchtturm-Projektes LINSA2.0

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