Online-Handel: ein Markt im Aufwind
Inwieweit sich die Online-Lebensmittelvermarktung für regionale Direktvermarkter durchsetzt, wird sich die nächsten Jahre zeigen. In einer Diplomarbeit, die vom Südtiroler Bauernbund unterstützt wurde, wurde ihr Potenzial ermittelt und einige erfolgreiche Beispiele wurden analysiert.
Die Relevanz von Online-Verkäufen steigt kontinuierlich. Auch die Branche der Online-Lebensmittelvermarktung erlebt einen Aufschwung. Doch ist das keine Erfolgsgarantie für Lebensmittelhändler, die ihre Produkte online anbieten. Die Branche bringt zwar Chancen wie Wachstumspotenzial, Steigerung der Lebensqualität für Abnehmerinnen und Abnehmer, Sortimentsvorteile mit sich, allerdings gibt es auch viele Herausforderungen. So mindern die meist geringen Gewinnmargen die Profitabilität, die hohe Dichte an physischen Läden kann den Nutzen einer Hauszustellung reduzieren. Oft gestaltet sich auch die Logistik bei verderblichen Lebensmitteln als schwierig. Das sind nur einige Probleme, mit denen sich Online-Lebensmittelvermarkter auseinandersetzen müssen. Es stellt sich also die Frage: Welche Faktoren gilt es, bei der Online-Lebensmittelvermarktung zu beachten? Eine Diplomarbeit hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Dieser Beitrag fasst wichtige Erkenntnisse daraus zusammen.
Globale Entwicklungen
Die globale Lebensmittelbranche, in der sich Online-Lebensmittelhändler bewegen, ist ein riesiger Markt mit Umsätzen in Milliardenhöhe. Weil diese Branche so viel Absatz generiert, haben Online-Vermarkter von Lebensmitteln großes Wachstumspotenzial.
Schon vor der Corona-Pandemie konnte der Online-Sektor ein konstantes Wachstum verzeichnen. Während der Pandemie stiegen die Online-Käufe innerhalb von zwei Jahren um mehr als drei Prozent. Nach der Pandemie sind die Online-Lebensmittelkäufe etwas stagniert, befinden sich mittlerweile aber wieder im Wachstum. Weltweit wurden im Jahr 2024 ganze 7,5 Prozent der Lebensmittelkäufe online abgewickelt.
Italien bleibt zurückhaltend
Die Situation in Italien ist etwas anders. Die Online-Lebensmittelkäufe verzeichneten hier in den letzten Jahren zwar einen Anstieg, jedoch wurden im Jahr 2024 nur 3,6 Prozent der Lebensmittel online verkauft. Dass Italien mit der weltweiten Entwicklung des Online-Lebensmittelabsatzes nicht mithalten kann, hat mehrere Gründe. So belaufen sich die Lieferkosten in Italien auf durchschnittlich fünf Euro pro Bestellung. Das heißt, dass mehr als zehn Prozent des durchschnittlichen Bestellwerts (47 €) Lieferkosten sind. Für Kunden mindert dies die Attraktivität von Online-Einkäufen drastisch. Ein weiterer Punkt ist, dass in Italien in der Regel nur die großen Städte von Online-Lebensmittelvermarktern beliefert werden, während kleine Städte und Dörfer, wo immer noch ein Großteil der italienischen Familien lebt, diesen Service nicht in Anspruch nehmen können. Italiener legen zudem großen Wert auf die Frische der Lebensmittel und wollen sie im Normalfall auch im Geschäft anfassen oder zumindest anschauen.
Warum Online nicht gleich einfach ist
Der Online-Lebensmittelvertrieb ist eine sehr schwierige und umkämpfte Branche mit niedrigen Gewinnmargen. Diese machen es Online-Lebensmittelverkäufern schwer, große Investitionen zu tätigen oder hohe Fixkosten wie Lagerhäuser, Lieferwägen, Angestellte zu tragen. Die hohe Dichte an Läden, die Lebensmittel verkaufen, und die kurzen logistischen Wege der Kundinnen und Kunden, um an die gewünschten Lebensmittel zu gelangen, machen es für Online-Lebensmittelverkäufer umso schwerer, erfolgreich und gewinnbringend zu wirtschaften. So ist der durchschnittliche westeuropäische Kunde nur zehn bis 1.000 Meter vom nächstgelegenen Lebensmittelgeschäft entfernt und kann dieses im Normalfall in drei bis fünf Minuten erreichen. Des Weiteren haben Menschen ein Bedürfnis nach Berührungen. Dieses Bedürfnis liegt auch beim Kauf von Produkten vor. Es sind aber nicht nur die visuellen und haptischen Berührungspunkte, die das Einkaufserlebnis für die Kundschaft attraktiver gestalten und somit ihre Kaufbereitschaft steigern. Es sind generell alle multisensorischen Aspekte, die auf Menschen während des Kaufvorgangs einwirken, beispielsweise auch Gerüche und Musik. Genau dies ist der Grund, warum mehr als 70 Prozent der Kaufentscheidungen bei Lebensmitteln direkt am Verkaufsregal fallen. Ein reiner Online-Händler kann nicht mit den Gerüchen der Produkte spielen und beispielsweise mit dem frischen Brotgeruch die Kunden zum Kauf animieren.
Auch kann ein Online-Vertreiber keine haptischen Interaktionen bei seinen Kunden fördern oder mit einer speziellen Hintergrundmusik diese stimulieren. Das macht es für den reinen Online-Händler schwieriger, Kunden zum Kaufen zu animieren. Für den Lebensmittelverkäufer selbst gibt es strenge Gesetze, die das Lagern und Ausliefern von Kühlware regeln. So darf während der verschiedenen Prozesse unter keinen Umständen die Kühlkette unterbrochen werden. Das macht es noch schwerer, gewinnbringend zu arbeiten, denn damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird, muss das Unternehmen zum einen kostenintensive Investitionen in Lagerhäuser mit Kühlzellen und dafür ausgerichtete Lieferwagen tätigen. Zum anderen müssen alle Prozesse, die im Unternehmen stattfinden, speziell für diese Art von Produkten angepasst werden.
Vorteile für Kunden, Anbieter und Umwelt
Trotz dieser Herausforderungen birgt diese Branche aber auch Vorteile und Chancen. Online-Lebensmittelvermarkter können den Komfort ihrer Kundinnen und Kunden nämlich enorm steigern. So ist es für Online-Shopper einfacher, an Informationen zu gelangen, da online oft detaillierte Produktbeschreibungen, Kundenbewertungen und sogar Rezeptvorschläge zur Verfügung stehen. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass es bei Online-Käufen meist keine vorgegebenen Einkaufszeiten gibt. Zudem können Kunden einfach und bequem von zu Hause aus bestellen und müssen sich keine Gedanken über den Transport des Einkaufs machen. Sie können also Zeit und Kosten sparen. Auch der Zugang zu Produkten ist meist einfacher, da Online-Shops in der Regel ein tieferes und breiteres Sortiment als physische Läden aufweisen. Durch das Internet haben sich die Probleme der räumlichen Begrenzung bei vielen Verkäufern relativiert. Aus diesem Grund ist es Online-Händlern mittlerweile möglich, ein sehr großes Sortiment an Produkten anzubieten. Diese Produktvielfalt wirkt sich wiederum positiv auf die Kunden selbst aus. Auch die Umwelt profitiert in der Regel von Hauszustellungen, denn ein Lieferwagen beliefert meist mehrere Haushalte gleichzeitig, während sonst jeder Haushalt einzeln zum Geschäft fahren müsste.
Ein weiterer Grund, der für die Online-Vermarktung von Lebensmitteln spricht, ist, dass eine Hauszustellung vor allem für ältere Menschen eine Steigerung ihrer Lebensqualität mit sich bringen kann, weil sie es möglicherweise nur schwer oder gar nicht mehr schaffen, ihre Einkäufe zu tragen oder aus dem Haus zu gehen.
Was heute schon funktioniert
Zwei erfolgreiche Beispiele, die zeigen, wie Online-Lebensmittelvermarktung funktionieren kann, sind die Online-Verkaufsplattformen „Wochenmarkt24“ und „Bauernkiste“. Beide agieren als Plattform und ermöglichen es Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern aus der Region, ihre Produkte nach Belieben einem breiten Kundenstamm anzubieten. Dabei können die Bäuerinnen und Bauern selbst entscheiden, welche Menge zu welchem Preis angeboten wird. „Wochenmarkt24“ hebt sich von anderen Vermarktern durch die Hauszustellung über Nacht ab. Kunden können also am Vorabend bestellen und bekommen die Lebensmittel bis zum nächsten Morgen vor die Haustür geliefert. Das Alleinstellungsmerkmal von „Bauernkiste“ ist hingegen das ausnahmslos regionale Produktsortiment. Beide Plattformen verzeichnen mittlerweile jährlich siebenstellige Umsätze. In Südtirol gibt es bereits etablierte Online-Lebensmittelvermarkter wie „Frox“, „krautundruabn“ oder „Biokistl“ – Anbieter, die sich durchaus zum Ausprobieren lohnen. Inwieweit sich diese Anbieter als Plattform für regionale Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter durchsetzen, werden die nächsten Jahre zeigen.