Die Geflügelzucht hat Potenzial; nun soll sie auch dank einer Vereinbarung deutlich gestärkt werden.

Regionale Geflügelzucht stärken

Südtirols Geflügelwirtschaft soll künftig mehr Wertschöpfung generieren. Das ist der Inhalt einer ­Vereinbarung, die vor Kurzem getroffen wurde. Das Ziel: einen nachhaltigen, regionalen Kreislauf bei ­qualitätvollem Geflügelfleisch und Premiumeiern aufzubauen.

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Produktion

Immer mehr Südtirolerinnen und Südtiroler schätzen gerade bei tierischen Produkten Transparenz und achten ganz besonders auf Tierwohl, Frische und Qualität sowie auf Regionalität. Sie sind auch bereit, dafür einen höheren Preis zu bezahlen. Diese Informatio­nen stammen aus einer Potenzialanalyse, die die Bauernbund-Abteilung Innovation & Energie mit der Freien Universität Bozen und weiteren Partnern im Rahmen des ELER-geförderten Projekts „INNOGeflügel“ durchgeführt hat. Diese Potenzialanalyse hat große Chancen für hochwertige regionale Produkte dieses Sektors ableiten können. Und sie hat daraus einen umfassenden Ansatz erarbeitet, wie die heimische Geflügelwirtschaft unterstützt und weiterentwickelt werden kann, um auf diese Wünsche und die gesteigerte Nachfrage bestmöglich reagieren zu können.

Vier Partner, unterschiedliche Rollen
Darauf aufbauend wurde eine Vereinbarung zwischen IDM Südtirol, dem Südtiroler Bauernbund (SBB), dem Beratungsring Berglandwirtschaft Südtirol (BRING) und der Freien Universität Bozen getroffen. Kürzlich wurde sie unterzeichnet. Jeder Partner der neuen Geflügel-Interessengemeinschaft (GIG) hat dabei seine eigene Rolle und seine spezifischen Aufgaben. „Jährlich werden in Italien und damit auch in Südtirol im Schnitt circa 25 Kilogramm Hühnerfleisch pro Kopf konsumiert. Derzeit wird nur ein winziger Bruchteil davon in Südtirol produziert. Deshalb bietet sich die Chance, diese Nische Richtung Premiumqualität auszubauen“, sagt Vera Leonardelli, Direktorin Business Development von IDM. „Im Rahmen von GIG wollen wir die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Produktion und Vermarktung von hochwertigen Geflügelprodukten, also Fleisch und Eiern, schaffen und entsprechende Verträge zwischen Geflügelhaltern und -abnehmern anbahnen.“ Indem die Produktion von Südtiroler Produkten unterstützt werde, die auch in Südtirol verkauft und verzehrt werden, könne man zudem einen regionalen, nachhaltigen Kreislauf ankurbeln.
Um Sensibilität für die hohe Qualität der heimischen Produkte zu schaffen und sie nach außen hin sichtbar zu machen, soll das Südtiroler Regiogeflügel – wie das bei den Eiern aus Südtirol bereits der Fall ist – in Zukunft auch das Qualitätszeichen Südtirol tragen dürfen. „Dieses Zeichen bietet den Produzentinnen und Produzenten die Möglichkeit, bei der Vermarktung ihrer Produkte von der Strahlkraft der Marke Südtirol zu profitieren. Aus Studien wissen wir, dass Produkte mit dem Qualitätszeichen von Konsumentinnen und Konsumenten eindeutig mit Qualität und Regionalität assoziiert werden“, erklärt IDM-Agrardirektor Thomas Fill.

Mehr Wertschöpfung
Für die Produzentinnen und Produzenten ist eine Weiterentwicklung der Geflügelwirtschaft in Richtung Premiumqualität eine Möglichkeit, mehr Wertschöpfung zu generieren und ein zusätzliches Standbein aufzubauen bzw. es zu erhalten. „Die Geflügelzucht kann für Bauern eine interessante Zusatzeinnahme sein. Dabei setzen wir auf das Motto ‚Klasse statt Masse‘. Lokale Geflügelzucht mit den entsprechenden Qualitätsmerkmalen kostet mehr als Massentierhaltung, das Produkt ist aber auch entsprechend hochwertig und kann deshalb höhere Preise erzielen“, meint Daniel Gasser, Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes. Auf der Abnehmerseite sieht Gasser vor allem die Gastronomie, die auf Regionalität setzt, und die Einheimischen, die gerne nachhaltig einkaufen. Mit der heimischen Produktion werde man allerdings nur einen Teil des Geflügelbedarfs in Südtirol abdecken können; „maximal 20 bis 30 Prozent“, schätzt Gasser. „Wenn es durch dieses Projekt aber gelingen könnte, dass einige unserer Bäuerinnen und Bauern sich weiterhin auf ihre Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb konzentrieren und davon gut leben können, hätten wir bereits ein wichtiges Ergebnis erreicht“, erklärt Gasser.
Der Südtiroler Bauernbund unterstützt und koordiniert in Zusammenarbeit mit dem Beratungsring Berglandwirtschaft die bäuerlichen Geflügelzüchter, berät sie und organisiert Weiterbildungsveranstaltungen. Der BRING ist für die Beratung in der Produktion zuständig, z. B. in Bereichen wie Tierwohl, Tiergesundheit und Tierhaltung. Über die Marke „Roter Hahn“ spielt der Bauernbund auch in der Vermarktung von Geflügelfleisch und Eiern eine tragende Rolle. Die Universität Bozen stellt den wissenschaftlichen Partner in der GIG und unterstützt mit fachlicher Expertise im Bereich der Fleischerzeugung. IDM koordiniert die Gruppe, kümmert sich um die Vertragslandwirtschaft, also um die Vertriebswege, um das Qualitätszeichen und ganz allgemein um die Sensibilisierung zum Thema Regionalität und Qualität. Im Rahmen des EU-Projekts CEFoodCycle zum Etablieren der Kreislaufwirtschaft bei Lebensmitteln, das IDM in Südtirol koordiniert, wird zudem untersucht, welche Wertschöpfungsmöglichkeiten sich für Nebenprodukte aus der Geflügelhaltung wie Eierschalen, „Rentenhühner“, Federn und Hühnermist ergeben.
Weitere Informationen zur Geflügel-Interessengemeinschaft (GIG) erhhalten Interessierte bei der Bauernbund-Abteilung Innovation & Energie unter 0471 999363 oder per E-Mail: innovation-energie@sbb.it.

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