SBB Burggrafenamt lud zum „Politikratscher“

Knapp 150 Bäuerinnen und Bauern sind kürzlich zum „Politikratscher“ des Bauernbund-Bezirks Burggrafenamt in die Kellerei Meran Burggräfler gekommen. Themen waren die Europäische Union und die Visionen für die Landwirtschaft.

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SBB Politik

Am 8. und 9. Juni wird ein neues EU-Parlament gewählt. Auf die große Bedeutung dieser Wahl für die heimische Landwirtschaft wies der neue Bauernbund-Bezirksobmann des Burggrafenamtes, Hannes Dosser, gleich zu Beginn des „Politikratscher“ hin und rief dazu auf, den EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann zu unterstützen. „Was wir brauchen, sind Einigkeit und Zusammenhalt sowie verlässliche Ansprechpartner in der Politik, wie es Herbert Dorfmann einer ist.“ Herbert Dorfmann selbst blickte auf eine schwierige Amtsperiode in Brüssel und Straßburg zurück, die von der EU-Agrarreform, der Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und zuletzt den Bauernprotesten in vielen Ländern Europas geprägt war. „Die Proteste haben deutlich gemacht, dass die Einkommenssituation in der Landwirtschaft nicht mehr tragbar ist. Obwohl die Lebensmittelpreise für die Konsumentinnen und Konsumenten um ein Drittel gestiegen sind, ist von den höheren Preisen kaum etwas bei den Bäuerinnen und Bauern angekommen. Hier stimmt etwas in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette nicht“, unterstrich Dorfmann. Zwar habe die EU ein Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken beschlossen, dieses reiche aber nicht aus. Ziel müsse es sein, den Bäuerinnen und Bauern ein faires Einkommen aus dem Produktverkauf zu sichern.


Zufrieden ist Dorfmann hingegen mit der EU-Agrarreform. Die Umverteilung von Fördermitteln von Groß- zu Kleinbetrieben bzw. von Betrieben in Gunstlagen zu Betrieben in benachteiligten Gebieten und die Angleichung der Flächenprämien kommen den Bergbauern zugute. Weniger erfreulich sind die sog. Ecoschemes. Daran sei aber nicht Brüssel, sondern Rom Schuld, so Dorfmann.
Neben dem Einkommen war bei den Bauernprotesten quer durch Europa die Bürokratie ein großes Thema. Darauf hat die EU reagiert und ein Vereinfachungspaket beschlossen. Intensiv hat sich Herbert Dorfmann in den letzten Jahren mit dem Green Deal der EU beschäftigt. „Wir müssen den Klimawandel ernst nehmen und Maßnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes ergreifen. Allerdings müssen die Maßnahmen in der Praxis umsetzbar sein und Sinn machen“, sagte Dorfmann. Leider habe es Vorschläge gegeben, die nicht realistisch sind, wie die Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 50 Prozent oder das Naturwiederherstellungsgesetz. Beide Vorschläge hätten negative Auswirkungen auf die Produktion gehabt und werden daher so auch nicht kommen. Auch die EU-Entwaldungsverordnung müsse noch abgeändert werden. Damit die Landwirtschaft nachhaltiger und produktiver wird, sprach sich Dorfmann für neue Züchtungsmethoden aus.


Eine der größten Herausforderungen in der neuen Amtsperiode sieht Dorfmann in der Diskussion über die neue EU-Agrarreform ab 2027. „Zudem müssen wir alles tun, um die Viehwirtschaftsbetriebe im Berggebiet zu halten. Wenn das Vieh verschwindet, verschwindet irgendwann die Landwirtschaft und damit unsere besondere Kulturlandschaft.“
Über die Entwicklung der einzelnen Sektoren und seine Vision für die Landwirtschaft sprach Landesrat Luis Walcher beim „Politikratscher“. Im Obstbau seien die hohen Produktionsmengen weltweit und der gleichzeitige Rückgang des Konsums neben dem Pflanzenschutz die größten Herausforderungen. „Wir müssen uns überlegen, wie wir ein gutes Einkommen sichern können, denn im Obstbau haben wir die meisten Vollerwerbsbetriebe.“ Im Weinbau bereiten neue Krankheiten Sorgen. Bei der Vermarktung setzt der neue Landesrat auf die Gastronomie. „Viele Hotels und Restaurants setzen stark auf heimische Qualität, aber bei weitem noch nicht alle. Hier müssen wir noch besser werden“, so Walcher. Mehr Unterstützung versprach Walcher den Viehbauern, da die Milchmenge zurückgeht und nach wie vor Bäuerinnen und Bauern aus der Milchproduktion aussteigen. Unterstützung bräuchten auch die Waldbesitzer, da die Holzbringung aufgrund der großen Mengen und der niedrigen Preise wenig lukrativ ist.

Ein Schwerpunkt wird in den nächsten Jahren das ländliche Wegenetz sein. „Ich hoffe, mehr Geld für die Instandhaltung der Wege und Hofzufahrten zu erhalten.“ Auch für den Zu- und Nebenerwerb will sich Walcher einsetzen. Ein weiterer Schwerpunkt wird eine sichere Wasserversorgung sein. Dem Verkauf von geschlossenen Höfen an Nicht-Bauern will Walcher einen Riegel vorschieben. Zahlen würden zeigen, dass viele Höfe, die verkauft werden, nicht mehr bewirtschaftet werden. „Wir müssen sicherstellen, dass unsere Höfe weiterbewirtschaftet werden. Nur so bleibt die Kulturlandschaft erhalten. Und das ist dann garantiert, wenn Bäuerinnen und Bauern die Höfe führen.“
Nach den Vorträgen von Herbert Dorfmann und Luis Walcher hatten die Bäuerinnen und Bauern das Wort. Schwerpunkte der Diskussion war die ungenügende Einkommenssituation in der Landwirtschaft, Agri-Photovoltaik und das Großraubwild, für das es rasch eine Lösung brauche, und die öffentliche Verwaltung, die sich zu oft auf das Strafen konzentriere. Ebenfalls ein Thema war der Wasserzins. 

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