Daniel Gasser: „Gesamteinkommen eines Hofes besteht immer aus mehreren Teilen.“

„Steuersystem hilft, Höfe zu erhalten“

Der Südtiroler Bauernbund (SBB) reagiert mit Unverständnis auf die Polemik des ASGB-Vorsitzenden Tony Tschenett, laut dem von der Verteilung der Steuerlast die Berufsgruppe der Bauern einseitig profitiere. Manche Vorwürfe von Tschenett stimmen schlichtweg nicht.

Lesedauer: 8
SBB Politik

Das pauschale Steuersystem für Landwirte ist von Rom vorgegeben und dient dazu, die Höfe zu erhalten, betont Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser: „Mit den Steuererleichterungen und Förderungen versucht die Politik, die Bewirtschaftung der Flächen aufrecht und die Preise für Nahrungsmittel niedrig zu halten.“ Denn allein von dem, was Nahrungsmittel heute kosten, könnten Landwirte niemals leben. Deswegen werden Landwirte steuerlich anders behandelt – wie das im Übrigen in ganz Europa der Fall sei, wo die Landwirtschaft ebenfalls anders besteuert werde als andere Berufskategorien. Eine Änderung des Steuersystems wäre nur von Rom aus möglich, da es sich um ein Staatsgesetz handelt. „Wir in Südtirol haben darauf keinen Einfluss“, unterstreicht Gasser.

Bauern sind nicht das Problem, sondern Steuerhinterziehung
Nicht gelten lässt der Bauernbund den Vorwurf, dass nur die Bäuerinnen und Bauern keine Einkommenssteuern zahlen – das widerlege ein Blick in die entsprechenden Daten: So zeigen die Daten zu den Steuererklärungen für das Jahr 2019, dass von den 41 Millionen Steuerzahlern 44 Prozent (18 Millionen) im Schnitt 152 Euro an Steuern (2,31 % der gesamten Irpef), also de facto fast nichts zahlen. Italien sei offenbar ein Land der armen Leute. „In Italien machen die Bauern aber nur drei Prozent der Gesamtbevölkerung aus, in Südtirol sind es rund sechs Prozent. Laut Tschenett sind die Bauern aber das einzige Problem“, wundert sich Gasser. Das Problem liege nicht bei den wenigen Prozent Bauern, die aufgrund der geltenden staatlichen Gesetzgebung korrekt ihre Steuern zahlen, sondern bei jenen, die nichts zahlen, obwohl sie aufgrund der Gesetze zahlen müssten.
Bauern zahlen zum einen Steuern auf den Nebenerwerb außerhalb der Landwirtschaft und den Urlaub am Bauernhof. „Das Gesamteinkommen einer bäuerlichen Familie setzt sich aus mehreren Teilen zusammen. Das wird bei solch pauschalen Vorwürfen bewusst ignoriert“, entgegnet Gasser. Was das Einkommen aus der Landwirtschaft betrifft, so galt für die letzten Jahre bis einschließlich 2023 eine vorübergehende Steuerbefreiung für die Landwirte in ganz Italien aufgrund der Krisensituation der italienischen Agrarbetriebe. Diese wurde nun für zwei Jahre für niedrige Einkommen bestätigt, Landwirte mit viel Grund sind jedoch nicht befreit.

Stipendien haben EEVE als Grundlage
Den Vorwurf des ASGB-Vorsitzenden Tony Tschenett, Bauern wären aufgrund des Steuersystems bei der Beitragsvergabe bevorzugt, weist der Südtiroler Bauernbund zurück, und zwar weil es schlicht nicht der Wahrheit entspricht: „Bei Studienstipendien und anderen Beiträgen wird nicht das Steuereinkommen herangezogen, sondern die Grundlage bilden die Vermögenserklärung EEVE bzw. ISEE. Die Basis für diese Erklärungen bildet aber das gesamte Vermögen des Antragstellers, den Bauern werden also pauschale Einkommen – also z. B. ein Fixbetrag je Hektar und Monat, abhängig von der angebauten Kulturart – berechnet, die nichts mit der Steuererklärung zu tun haben. Das sehen die entsprechenden Verordnungen des Landes zu den Studienbeihilfen explizit so vor.“  Ähnliches gelte für die Wohnbauförderung: „Auch hier wird das Vermögen der Familiengemeinschaft – laut der entsprechenden Durchführungsverordnung zum Wohnbauförderungsgesetz – anhand der letzten EEVE-Vermögenserklärung berechnet, genauso wie auch bei der Förderung des Urlaubs auf dem Bauernhof, wo zudem nach Erschwernispunkten differenziert wird“, erinnert Gasser.

Keine Maschinenförderung vom Land für Obst- und Weinbau
Für Obst- und Weinbau gebe es – anders als von Tschenett behauptet – keine Landesförderungen für Maschinen, sondern nur staatliche Programme. „Für diese Programme dürfen sich selbstverständlich auch Betriebe aus Südtirol bewerben, und wir finden es auf alle Fälle sinnvoll, wenn solche Gelder ins Berggebiet fließen statt in Gunstlagen in der Poebene“, unterstreicht Gasser.
Der Bauernbund verwehrt sich schließlich auch dagegen, dass Landwirte und Arbeitnehmer gegeneinander ausgespielt werden. „Die Landwirtschaft in Südtirol sichert auch die Arbeitsplätze von 7500 unselbstständig Beschäftigten im Verarbeitungsbereich und zudem sind mehr als die Hälfte der Landwirte in einer unselbstständigen Arbeit beschäftigt, weil das Einkommen am Hof nicht ausreicht“, unterstreicht Landesobmann Gasser.

Weitere Artikel zu diesem Thema