Stimmungsbarometer im Obstbau
Um Zukunftsperspektiven für den heimischen Obstbau ging es in der Podiumsdiskussion beim Summer Special des Obstbauseminars des Absolventenvereins Landwirtschaftlicher Schulen (ALS). Zum Schluss war man sich über die Strategie einig: Abwarten und Äpfel essen …
Nach Informationen und einem regen Austausch im Freiland rund um das Versuchszentrum Laimburg (der „Südtiroler Landwirt“ berichtete) trafen sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Obstbauseminar-Summer-Special des Absolventenvereins Landwirtschaftlicher Schulen (ALS) im Felsenkeller zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema „Neue Vermarktungsstrukturen? Klare Strategien!? Fit für die Zukunft.“ Mit gutem Grund, denn die Stimmung unter den Obstbauern ist derzeit nicht gut. Besonders Jungbauern sind um ihre Zukunft besorgt, denn schon das fünfte Jahr in Folge ist auch heuer wieder nur ein mäßiges betriebswirtschaftliches Ergebnis zu erwarten.
Nicht den Mut verlieren
Landesrat Arnold Schuler zeigte in seinen Grußworten Verständnis für den derzeitigen Unmut unter den Obstbauern, wies aber auch darauf hin, was im Südtiroler Obstbau im Vergleich zu anderen Anbaugebieten gut läuft: Forschung, Beratung, Sortenerneuerung, Strategien zur Verbesserung der Biodiversität oder die Erfolge in der Abdriftreduzierung. Auch in der Vermarktung sei man gut aufgestellt, aber man werde künftig noch mehr in Marketing investieren und weitere Formen der Zusammenarbeit finden müssen. Der Landesrat machte den Anwesenden Hoffnung: „Es hat immer wieder schlechte Perioden im Obstbau gegeben, man darf aber nicht den Mut verlieren. Südtirol wird auch diesmal wieder aus der Talsohle herauskommen.“
An die 100 Mitglieder des Absolventenvereins
Landwirtschaftlicher Schulen folgten der anschließenden Podiumsdiskussion, zu der Walter Pardatscher (Direktor des Verbands der Obstgenossenschaften VOG), Martin Pinzger (Direktor der Vinschgauer Produzenten VIP), Andreas Gatscher (Obstbauer und ehemals Genossenschaftsobmann) und Christian Gruber vom Beratungsinstitut ROI-Team geladen waren. Alle Diskussionsteilnehmer zeigten Verständnis für die gedämpfte Stimmung, trotzdem war man sich einig, dass man optimistisch bleiben müsse. Und könne: Denn Südtirol ist – was die Vermarktung anlangt – nicht nur gut, sondern sehr gut aufgestellt. Deshalb müsse man sich unbeirrt weiterentwickeln. Auf europäischer Ebene werde als Folge der gegenwärtigen Krise eine Bereinigung stattfinden, und bevor Südtirol in eine echte Krise schlittert, werden viele andere das Handtuch werfen.
Teils strukturelle Probleme
Ein Diskussionsteilnehmer gab zu: „Wir haben in einigen Produktionsbetrieben strukturelle Probleme. Rund ein Drittel der Betriebe erzielen zu geringe Hektarerlöse. Hier muss sich etwas tun!“ Man dürfe aber das Erntejahr 2022 mit seinen Problemen – vor allem die zu geringe Produktionsmenge – nicht zu negativ betrachten, denn das könne sich schnell wieder ändern. Auch in der Sortenumstellung ist Südtirols Obstwirtschaft gut unterwegs, war man sich einig. Die neuen Sorten werden gut angenommen, es brauche aber Zeit. Und man dürfe selbstverständlich die „alten Sorten“ nicht ganz außer Acht lassen, denn der Südtiroler Obstbau basiere nach wie vor mit rund 75 Prozent auf alteingesessenen Sorten, und das sei auch gut so. Die Strategie, Altbewährtes beizubehalten und zu verbessern, aber gleichzeitig mit neuen Sorten und Märkten neue Wege zu gehen, müsse das Ziel sein.
Aber nicht alle Diskussionsteilnehmer teilten diese Meinung: „Wir sollten uns bei der Sortenerneuerung nicht zu sehr treiben lassen und bedachter vorgehen“, hieß es aus dem Publikum. Kritik fand auch die Praxis, bei neuen Sorten Kleinstmengen (die Rede war von 800 Bäumen) zuzulassen. Als bedenklich wurde auch der zunehmende Engpass der zur Verfügung stehenden Wirkstoffe im Pflanzenschutz beurteilt. Wenn kaum noch Wirkstoffe für den Obstbau registriert werden, stünde man vor riesigen Problemen.
Zentrale Vermarktung wird teils kritisiert, hat aber Vorteile
Die Vermarktung von Bioware ist im letzten Jahr ins Stocken geraten. Gründe dafür gibt es mehrere: Das Überangebot, vor allem aber die allgemeine Preissteigerung von Lebensmitteln, gehört dazu. Konsumentinnen und Konsumenten werden dadurch gezwungen, überlegter und preisbewusster einzukaufen. Aus dem Publikum kam Kritik an der Vermarktung betreffend FROM und VOG 2.2. Dem wurde von den Vermarktern aber widersprochen: Die zentrale Vermarktung habe deutliche Vorteile, die immer mehr zum Tragen kommen. Man brauche nur einen Blick über die Landesgrenzen hinaus zu werfen: Was heute zählt, sei Spezialisierung, Differenzierung und Effizienz. Grundvoraussetzung für den Erfolg im Genossenschaftswesen war immer schon, aber ist heute mehr denn je, das Vertrauen der Mitglieder in „ihre“ Organisation, lautete der Appell.
Aber braucht es in der Vermarktung noch mehr Konzentration? Dazu konnte sich in der Diskussion keine einheitliche Meinung durchsetzen, obwohl außer Zweifel gestellt wurde, dass eine weitere Kooperation auf Ebene der Erzeugerorganisationen Chancen bietet. Ob eine engere Zusammenarbeit mit den Trentiner Erzeugerorganisationen in nächster Zukunft angestrebt werden sollte, wurde in der Diskussion eher skeptisch bewertet. Einer Vereinigung der Erzeugerorganisationen (VEO) aber wurden von mehreren Seiten große Chancen eingeräumt, denn damit könnten vor allem die Möglichkeiten, die das Operationelle Programm für Investitions-
hilfen bietet, noch besser ausgeschöpft werden.
Am Ende der Veranstaltung war die Stimmung gelöst. Ein Diskussionsteilnehmer brachte es auf den Punkt: „Durchschnaufen, analysieren und sich nicht treiben lassen“, meinte er. Und ein anderer war sich sicher: „Wir haben nicht zu viele Äpfel, es werden zu wenig Äpfel gegessen. Daran müssen wir arbeiten!“