Hochwertiger Urlaub auf authentischen Bauernhöfen – dafür steht die Marke „Roter Hahn“ seit 25 Jahren.

Vom Billigurlaub zum Lebensgefühl

Seit 25 Jahren gibt es die Marke „Roter Hahn“. Was als Versuch begann, den Urlaub auf dem Bauernhof aufzuwerten, entwickelte sich rasch zu einem Erfolgsmodell mit einem Ziel: Gästen und Einheimischen die bäuerliche Lebensart näherzubringen. Ein Rückblick.

 

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SBB Roter Hahn

Ein roter Hahn, dahinter ein Bauernhof, ein stilisierter Schlern und viel Sonne: So wurde „das neue Logo für den Urlaub auf dem Bauernhof“ am 11. September 1998 im „Südtiroler Landwirt“ beschrieben. Da es in der gedruckten Zeitschrift damals noch kaum Farbe gab, mussten sich die Leserinnen und Leser die beschriebene rote Farbe dazudenken. In der realen, farbigen Welt machte der neue Weg des Bauernbundes bald von sich reden, und der Urlaub auf dem Bauernhof (UaB) sollte sich rasant weiterentwickeln. Im Jahr 1998 gab es aber erst mal das neue Logo, eine neue Einstufung mit einer bis drei Blumen und eine gezielte Werbeinitiative, um das Angebot bekannt zu machen. Diese Anschubhilfe hatte der Urlaub auf dem Bauernhof damals durchaus nötig. Denn auch wenn es damals schon 1741 Bauernhöfe im Land gab, die neben ihrer täglichen Arbeit auch noch Zimmer und Ferienwohnungen anboten – das Image des Urlaubs auf dem Bauernhof war nicht das beste. Vielmehr galt UaB als Billigtourismus, also eine Alternative für Gästeschichten, die sich Ferien in einer anderen Beherbergungskategorie nicht leisten wollten oder konnten.
Ziel des Bauernbundes war es, die Vorteile des Urlaubs auf dem Bauernhof hervorzuheben: Verbundenheit mit Land und Natur, Kontakt mit der bäuerlichen Bevölkerung, Kennenlernen des bäuerlichen Lebensgefühls und der heimischen Kost – und das alles abseits der damals schon gefühlten Touristenmassen. Der Bauernbund erkannte schon damals, dass immer mehr Bauern auf ein zusätzliches Einkommen am Hof angewiesen waren. Da viele Betriebe von der Landwirtschaft allein nicht mehr leben können, sicherte der Urlaub auf dem Bauernhof in vielen Fällen die Weiterbewirtschaftung der Höfe – inklusive der Produktion von hochwertigen Lebensmitteln und der Pflege der Kulturlandschaft.

Qualitätsgedanke von Beginn an
Ein wichtiger Bestandteil der gezielten Aufbauarbeit waren von Beginn an klar festgelegte Qualitätskriterien: Wer sie erfüllte, sollte am Hof ein Schild mit einer bis drei Blumen anbringen dürfen und dem Gast damit klar zeigen, was er an diesem Hof zu erwarten hat. Zum Werbepaket gehörten 1998 ein Inserat im jährlich erscheinenden UaB-Katalog für Südtirol, im gesamtstaatlichen Katalog des „Agriturist“ sowie im damals noch recht neuen Internet, Imagewerbung im In- und Ausland und auf verschiedenen Messen. Hans J. Kienzl, seit vielen Jahren Leiter der Bauernbund-Abteilung Marketing, erinnert sich: „Wir haben damals begonnen, das Produkt Urlaub auf dem Bauernhof neu zu interpretieren und allen Betrieben diese Neuorientierung über unzählige Weiterbildungsveranstaltungen mitzuteilen. Das war harte Arbeit, die sich aber gelohnt hat.“ Ein Jahr nach dem neuen Logo gab es einen ersten Internetauftritt, seit dem Jahr 2000 ist die Seite www.roterhahn.it aktiv – mittlerweile in sechs verschiedenen Sprachen. 2002 fiel der Startschuss für die spezialisierten Bauernhöfe. Ziel war und ist es, auf Südtirols Besonderheiten einzugehen und ein exakt auf die Urlaubswünsche der Gäste zugeschnittenes Angebot zu kreieren. Einige Spezialisierungen wie den hoch gelegenen oder historischen Bauernhof gibt es nur in Südtirol. 2002 gewann der Bauernbund für die Einführung der Spezialisierungen den erstmals ausgeschriebenen Marketingpreis der damaligen Südtirol Marketing Gesellschaft (SMG).

Zwei neue Produktlinien
Mit zwei weiteren, ergänzenden Säulen zum „Urlaub auf dem Bauernhof in Südtirol“ wurde „Roter Hahn“ 2003 vom einfachen Logo zur Dachmarke. Hinzu kamen die „Qualitätsprodukte vom Bauern“ sowie die „Bäuerlichen Schankbetriebe“. Alle Höfe müssen sich im Vorfeld einer Kontrolle durch den Südtiroler Bauernbund unterziehen und hohe Qualitätsstandards erfüllen. In dieser Zeit entstand auch der Leitsatz „Wir bringen Menschen ein Stück bäuerliche Südtiroler Lebensart näher“, der bis heute alle Säulen vereint. Hans J. Kienzl ist überzeugt, dass dies ein wesentlicher Schritt in der Entwicklung der Marke „Roter Hahn“ war: „Mit der Einführung der beiden weiteren Säulen begann auch die bis heute anhaltende Qualitätsoffensive inklusive Bewertungssystem, Kriterienkatalog, individuellen Beratungen und so weiter: Noch immer stecken wir 70 Prozent unserer Energie in die Produktentwicklung und die Beratung unserer Mitglieder.“

Startschuss für die Hofmappe
Im Jahr 2005 wurde die Einstufung der UaB-Betriebe grundlegend überarbeitet. Zwei unabhängige Fachpersonen waren nun für die Einstufung zuständig, diese erfolgte anhand eines eigenen Kriterienkatalogs mit insgesamt 96 Kriterien zur Bewertung der Bauernhof-, Ausstattungs- und Servicequalität. Diesem Kriterienkatalog zugrundeliegend wurden die Bauernhöfe nun mit einer bis vier Blumen eingestuft. Zusätzlich wurde die Hofmappe eingeführt, in der die Bauernfamilie sich, ihren landwirtschaftlichen Betrieb sowie die Angebote am und rund um den Hof präsentiert. Hans J. Kienzl weiß auch von Widerstand zu berichten: „Natürlich stießen diese neuen und strengeren Kriterien nicht immer auf absolute Zustimmung. Die Einführung der Hofmappe ist ein solches Beispiel. Mit Hartnäckigkeit und viel Überzeugungsarbeit ist es uns aber gelungen, unsere Betriebe von der Sinnhaftigkeit dieser Regeln zu überzeugen.“ Die Weiterentwicklung der Marke „Roter Hahn“ war damit aber noch lange nicht abgeschlossen: Seit 2012 können auch die Gäste „ihren“ UaB-Betrieb online bewerten, ein Jahr später kam die vierte Säule, das bäuerliche Handwerk, dazu. 2015 wurde der Kriterienkatalog für den Urlaub auf dem Bauernhof einmal mehr überarbeitet und die „fünfte Blume“ eingeführt. Seit dem Jahr 2021 werden unter der Marke „Roter Hahn“ nur noch Betriebe mit zwei bis fünf Blumen geführt.

Zum Geburtstag eine Kochschule
Der bislang letzte Meilenstein folgte erst vor wenigen Monaten: Zum 25-jährigen Bestehen fiel der Startschuss zur „Roter Hahn Kochschule“, die als fünfte Säule in die Dachmarke integriert wurde. Kienzl erklärt: „Auf einem Bauernhof mit einzigartiger Atmosphäre tauchen Menschen in Form eines kulinarischen Erlebnisses in die bäuerliche Südtiroler Küche ein und lernen deren Speisen und Gerichte neu kennen und schätzen. Unsere Kochschule stärkt damit das Bewusstsein für die Produkte unserer Bauernhöfe und bringt Menschen so ein weiteres Stück bäuerliche Südtiroler Lebensart näher.“ Überzeugt ist Kienzl auch vom Potenzial der Direktvermarktung. Mit einer großen Direktvermarkter-Offensive soll die Zahl jener, die ihre selbst produzierten und verarbeiteten Produkte ab Hof vermarkten, in den kommenden Jahren noch wesentlich gesteigert werden.

Gästeschicht hat sich gewandelt
Heute steht die erste Säule der Marke „Roter Hahn“ – der Urlaub auf dem Bauernhof – sehr gut da. Nicht zuletzt die Gästeschicht hat sich im Vergleich zur Situation vor 25 Jahren wesentlich geändert. Kienzl weiß: „Heute ist das Milieu der Mitte und das sozial gehobene Milieu unsere wichtigste, wenn auch nicht einzige Zielgruppe. Das sind Gäste, die sich jeden anderen Urlaub auch leisten könnten. Aber sie suchen gezielt Ruhe und die ganz besondere Gastfreundschaft – gepaart mit hohem Komfort an Ausstattung, Frühstück und hofeigenen Produkten.“ Und auch die Gastgeberfamilien sehen den Urlaub auf dem Bauernhof längst nicht mehr nur als lästiges Anhängsel, sondern als wichtige zusätzliche Einnahmequelle für ihren Betrieb. „Vor allem aber haben sie verstanden, dass der Urlaub auf dem Bauernhof langfristig nur erfolgreich sein kann, wenn sie selbst auch weiterhin authentische und aktive Bäuerinnen und Bauern sind. Damit werden wir auch in Zukunft punkten“, ist Kienzl überzeugt. Dass bei den Südtiroler UaB-Betrieben mit vier oder fünf Blumen fast alle Teil der Marke „Roter Hahn“ sind, zeige, dass gerade diese sich sehr stark mit der Marke identifizieren. „Wir sind froh, wenn solche Betriebe uns nach wie vor die Treue halten und aus Überzeugung Teil unserer Marke sind. Sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass der Urlaub auf dem Bauernhof heute so gut dasteht“, betont Kienzl.

Wünsche für die Zukunft
Was sich der Leiter der Bauernbund-Abteilung Marketing zum 25. Geburtstag der Marke „Roter Hahn“ wünscht? „Es ist schade, dass wir die Politik bislang nicht von den Konzepten ,Urlaub auf der Alm‘ und ,Camping am Bauernhof‘ überzeugen konnten. Diese Angebote sind in anderen Regionen Europas sehr erfolgreich und sichern den Landwirten ein weiteres Zusatzeinkommen. Schade, dass den Bauern in Südtirol dieses Einkommen verwehrt bleibt, sie könnten es gut gebrauchen“, ist Kienzl überzeugt.

Zusätzlich zum Interview erzählt Maria Anna Plunger, „Roter Hahn“-Bäuerin der ersten Stunde, in der neuen Folge des Podcasts „Zuaglost“, woher in der Anfangszeit der größte Gegenwind kam. 

 

Bernhard Christanell

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