Von Metal, Milch und Mozzarella
Elisabeth und Simon vom Untermiglerhof hatten sich Büffel zugelegt, während Omar Signori von Amò auf der Suche nach Milch für Südtiroler Büffelmozzarella war. Ein Zufall, der sie zusammengebracht hat. Seitdem arbeiten sie zusammen. Nun suchen sie Nachahmer und Kooperationspartner.
Elisabeth Vigl (Jahrgang 1983) ist eine unerschrockene junge Frau, die gerne auch mal über den Gartenzaun schaut. Und sich traut, eigene Wege zu gehen. So hat sie ihren heutigen Mann, den Vorarlberger Simon Döwa (Jahrgang 1987), bei einem Metal-Konzert in Salzburg kennengelernt. Das war im Jahr 2008, drei Jahre später ist die gelernte Tapeziererin zu ihm nach Österreich gezogen. Simon erzählt: „Ich bin eigentlich gelernter Einzelhandelskaufmann, gearbeitet habe ich später in vielen verschiedenen Bereichen, aber nie in der Landwirtschaft.“ Gemeinsam haben sie sich einen Traum erfüllt, einen englischen Doppeldeckerbus gekauft und ihn zum Partybus umgebaut. Damit sind sie eine Zeit lang herumgetourt und haben versucht, sich damit ein Einkommen zu erwirtschaften.
Der Untermiglerhof in Oberbozen
Bis es die beiden dann – im Jahr 2016 – zurück nach Südtirol verschlagen hat, auf den elterlichen Hof, den Untermigler: Der liegt idyllisch und abgeschieden auf einem Südhang des Ritten. Von Oberbozen aus geht es durch Wiesen und Wald und viele Kurven zum Untermigler: Zum Hof gehören insgesamt 56 Hektar Grund, davon sind sechs Hektar Mähwiesen, ein Hektar Ackerbau und der Rest ist Wald. Ein Hof, der bereits von Elisabeths Eltern und Großeltern bewirtschaftet wurde. Seit wann er in Besitz der Familie Vigl ist, weiß Elisabeth nicht genau, aber lange schon. Der Hof steht unter Denkmalschutz: Die Stube stammt nachweislich aus dem Jahr 1616, wie alt seine Wurzeln wirklich sind, ist kaum nachzuvollziehen. Elisabeths Eltern haben den Hof gemeinsam bewirtschaftet, gemeinsam haben sie auch ihre vier Kinder aufgezogen. Sie waren genügsam, versorgten sich zum Großteil selbst mit Lebensmitteln vom Hof und waren entsprechend breit aufgestellt. Große Sprünge konnten sie sich nicht leisten, zufrieden waren sie trotzdem. Als sich Elisabeth und Simon dazu entschlossen, das Wohnhaus des Untermigler umzubauen und für alle Bewohner Raum und Wohnkomfort zu schaffen, war das nicht einfach. Trotzdem ist es ihnen mit vollem Einsatz, Feingefühl und vielen helfenden Händen gelungen, für sich und ihre Familie ein gemütliches Zuhause zu schaffen: Im Parterre wohnen Elisabeths Eltern (inzwischen mit Zentralheizung!), im ersten Stock hat Elisabeths Bruder eine geräumige Wohnung gefunden und unterm Dach Simon und Elisabeth mit den beiden Kindern Greta (6) und Laurin (3).
Hof nach eigenen Vorstellungen umgestaltet
2018 hat Elisabeth den Untermigler übernommen. Sie wollte ihn aber nicht gleich weiterführen wie ihre Eltern und ihn stattdessen nach ihren und Simons Vorstellungen umgestalten. Also schauten sie sich um und machten sich Gedanken darüber, was zu ihnen passen könnte. Also entschieden sie sich für Gemüse- und Kräuteranbau: Rund 300 teils seltene, aber immer samenfeste Sorten produziert Elisabeth mit der Hilfe ihrer Schwester Angelika und verkauft sie einerseits an private Kundinnen und Kunden in der Nähe und andererseits an die gehobene Gastronomie und Hotellerie. Über einen Bekannten erfuhren sie von einem Hof in Vorarlberg, der Büffel hält. Also besuchten sie ihn – und waren gleich überzeugt von den Tieren: Also kauften sie im März 2020 fünf weibliche und einen männlichen Büffel. Die Tiere waren noch jung und sollten sich zunächst eingewöhnen können, bis sie in Laktation kommen würden. Die Idee dahinter war ursprünglich, die Milch selbst zu Büffelmozzarella zu verarbeiten und den Käse dann direkt zu vermarkten. Ein erster Versuch ging total daneben: „Mit dem, was dabei herauskam, hätte ich jemanden erschlagen können“, lacht Elisabeth. Denn die Verarbeitung von Büffelmilch zu Brühkäse wie Mozzarella ist eine Kunst für sich, das weiß sie heute. Und ist heilfroh, dass der Zufall ihr Omar Signori ins Haus gespült hat.
Eine Marktlücke schließen
Omar ist Unternehmer und ein großer Liebhaber guter Weine und guten Essens. Nachdem er gemeinsam mit seiner Frau Stefania und seinem Freund Denis einen Sommelierkurs besucht hatte, diskutierten sie immer wieder über eine Lücke, die sie in Südtirols Käselandschaft ausmachten: „Mozzarella wird hier nicht nach der traditionellen Methode der Fermentation mit Laktobakterien hergestellt, sondern durch Ansäuerung. Das ist zwar einfacher, geht aber doch zu Lasten des Geschmacks“, erklärt Omar. Um diese Marktlücke zu schließen, hat er mit seinem Partner und seiner Frau im Jahr 2017 die Käserei Amò im Gewerbegebiet von Kardaun gegründet: Eine Molkerei, in der – zunächst aus Kuhmilch – Mozzarella, Burrata, Stracciatella, Trecce und weitere Brühkäse, im Italienischen werden sie als „formaggi a pasta filata“ bezeichnet, hergestellt werden. Die Heumilch, die sie für dieses handwerklichen Produkt brauchen, bekommen sie von der Psairer Bergkäserei und der Algunder Sennerei, das sind wichtige Partner von Amò. Um dieses traditionelle Handwerk von der Pike auf zu lernen, hat Omar mit seinen beiden Partnern einen Spezialisten geholt, einen Käser aus Latina. Von ihm wurde Denis in die hohe Kunst der Brühkäseherstellung eingeführt. Heute ist er Produktionsleiter, ein Käser unterstützt ihn, zwei weitere Mitarbeiter runden das Team der Käserei ab.
Königsdisziplin: Büffelmozzarella nach traditionellem Rezept
Mozzarella aus Kuhmilch herzustellen, ist schwierig: „Auf einer Skala von eins bis zehn steht sie auf einer sechs“, erklärt Omar. „Wenn sie aber aus Büffelmilch gemacht wird, ist es eine gute 8,5!“ Denn Büffelmilch enthält doppelt so viel Fett wie Kuhmilch und um 50 Prozent mehr Protein. Dadurch ist die Ausbeute höher, aus 100 Liter Büffelmilch werden 25 Kilogramm Mozzarella gewonnen, aus Kuhmilch nur etwa 15 Kilogramm. Der höhere Fettgehalt bringt zwar mehr Geschmack, macht aber auch den Produktionsprozess schwieriger: Temperatur, ph-Wert und Zeiten müssen genau im Auge behalten und die Verarbeitungsschritte präzise darauf abgestimmt werden. Natürlich konnten sich die drei Partner von Amò nicht mit der vergleichsweise einfachen Herstellung von Kuhmilch-Mozzarella zufriedengeben, sie wollten sich in der Königsdisziplin üben und echte Südtiroler Büffelmozzarella herstellen: Also gingen sie auf die Suche nach Bäuerinnen und Bauern, die Büffel anschaffen und für die Käserei Büffelmilch liefern wollten. Zunächst allerdings ohne Erfolg. Wie es der Zufall aber haben wollte, erfuhr Omar Signori vom Untermiglerhof und von den jungen Bauersleuten, die dort bereits Büffel hielten. Also nahm er Kontakt mit ihnen auf, bald wurde man sich einig: Seit 2022 liefern Elisabeth und Simon ihre Milch an die Käserei Amò, wo sie zu Südtiroler Büffelmozzarella nach traditionellem Rezept verarbeitet wird. „Unsere Produkte werden zur Gänze aus roher Bioheumilch hergestellt, und zwar nach dem klassischen Verfahren, also mit Laktobazillen: Dadurch sind sie natürlich laktosefrei, geschmacklich und auch von der Konsistenz her ist die Mozzarella anders als die, die man hier in Südtirol sonst herstellt“, erklärt Omar Signori. Gesundheitliche Bedenken wegen der Rohmilch kann er zerstreuen: „Wird sauber gearbeitet, ist Rohmilch kein Problem. Zudem wird das Käseteigziehen, die sogenannte ,filatura‘, in 90 bis 95 Grad Celsius heißem Wasser gemacht, was eine Art Pasteurisation darstellt“, stellt er klar.
Noch viel Potenzial
Amò verarbeitet wöchentlich insgesamt 5.000 bis 6.000 Liter Milch, von Jahr zu Jahr werden es mehr. Potenzial gibt es in der Käserei noch genug, für etwa dreimal so viel Milch. Das wollen Omar und seine beiden Partner auf jeden Fall ausschöpfen, vor allem bei den Produkten aus Büffelmilch sehen sie noch viel Luft nach oben: Wir haben zwei Detailverkaufsgeschäfte“, erklärt Omar Signori, „die ,Prelibateria‘ in der Bozner Mailandstraße und den sogenannten ,spaccio‘ direkt bei der Käserei. Die restliche Produktion geht über die Geschäfte von Pur Südtirol an Privatkunden und direkt an die gehobene Gastronomie und Hotellerie.“ Anfragen gäbe es genug. Deshalb sucht Amò weiter nach Bäuerinnen und Bauern im Land, die Lust haben, gemeinsam einen neuen Weg einzuschlagen und für die Käserei Büffelmilch zu liefern. „Die Milch muss Heumilch sein, das ist ein Muss, wenn sie auch noch bio ist, umso besser“, erklärt Omar Signori, der hofft, auf diesem Weg neue Lieferanten zu finden. Büffel wiederum könnte Simon Döwa stellen: Derzeit leben 20 Tiere am Untermiglerhof – sieben Melkkühe, der Rest sind Jungtiere. Bauer Simon erklärt: „Für unseren kleinen Hof sind wir damit eigentlich schon am Limit, schließlich möchten wir kein Futter zukaufen, der Hofkreislauf soll geschlossen bleiben. Deshalb haben zwei Höfe am Ritten einige Tiere eingestellt, die männliche Nachzucht wird teilweise gemästet und kommt beispielweise in einem Buschenschank auf den Tisch. Und am Untermiglerhof auch. Elisabeth ist recht begeistert davon: „Büffelfleisch kann verwendet werden wie Rindfleisch. Dabei enthält es weniger Fett und Cholesterin und hat trotzdem einen intensiven Geschmack.“
Auch von den Tieren sind und bleiben Elisabeth und Simon überzeugt: „Viele meinen, Büffel seien wild und ungestüm, dabei sind es sehr unkomplizierte, angenehme Tiere“, weiß Simon, „sie sind neugierig, sehr intelligent und robust, in der Haltung gibt es eigentlich keinen Unterschied zur Rinderhaltung. Auch das Melken funktioniert gleich.“ Am Untermiglerhof sind die Tiere viel draußen an der frischen Luft, das Galtvieh wird im Sommer auf eine Alm im Sarntal gebracht. Und wer fürchtet, sich zwischen Rindern oder Büffeln entscheiden zu müssen, kann Simon erzählen: „Ich kenne inzwischen einige Höfe, wo Kühe und Büffel miteinander gehalten werden, auch das funktioniere wunderbar.“

Familie Döwe vom Untermigler, Omar Signori von der Käserei Amò und die Südtiroler Büffel, ...

... aus deren Milch Mozzarella hergestellt wird.