Arbeit erleichtern, nicht ersetzen
Künstliche Intelligenz (KI), Robotik, Automatisierung, Big Data: All diese Begriffe bestimmen immer öfter die Schlagzeilen. Was sie für die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern bedeuten, darum ging es in einer Diskussion auf der Bauernbund-Aktionsbühne der Agrialp.
Die wichtigste (und beruhigendste) Aussage vorweg: „Es wird trotz aller technischen Entwicklungen und Neuerungen auch in Zukunft noch die Hände und Köpfe der Bäuerinnen und Bauern brauchen.“ Dieser Aussage von Walter Guerra, dem Vizedirektor des Versuchszentrums Laimburg, stimmten auch die anderen Diskussionsteilnehmer zu: Der KI-Experte Christoph Moar vom Unternehmen Alpin, Robert Ranzi vom StartUp-Unternehmen RoboAlpin und Florian Pichler von der Abteilung Innovation&Energie im Südtiroler Bauernbund. Durch die Diskussion führte Michael Deltedesco.
Das Versuchszentrum Laimburg versucht in seinem Freiluftlabor LIDO, diese neuen Technologien auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen. „Wir arbeiten vor allem im Bereich Obst- und Weinbau und dabei vor allem mit großen Datenmengen und ihrer Anwendung für die Praxis. Ein Schwerpunkt, bei dem wir schon in der Umsetzung sind, ist etwa die bedarfsgerechte Bewässerung“, berichtete Guerra. Es zeige sich, dass immer mehr öffentliche Gelder auch in diese Bereiche fließe – was nahelege, dass die Entwicklung sich weiter beschleunigen werde. „Wir arbeiten auch eng mit Firmen zusammen, die im Bereich Digitalisierung, Sensoren usw. aktiv an Lösungen arbeiten. Es gibt nicht die eine Technologie, die für alle Anwendungen passt, es gilt, die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen“, betonte Guerra. Vor allem für die jüngere Generation, die mit diesen Technologien aufwachse, seien deren Möglichkeiten ein Anreiz, sich auch weiterhin mit der Landwirtschaft zu beschäftigen. Dem pflichtete auch Florian Pichler bei, der beim Südtiroler Bauernbund immer wieder mit Fragen von zur Anwendung innovativer Technologien zu tun hat: „Unsere jungen Bäuerinnen und Bauern sind sehr aufgeschlossen für solche Technologien und interessieren sich für praktische, benutzerfreundliche Lösungen.“
Sinn und Zweck von Anwendungen, die sogenannte künstliche Intelligenz nutzen, ist es, Hilfsmittel für die tägliche Arbeit zu entwickeln. Das unterstrich Christoph Moar, und auf die Frage nach der Bedeutung lokaler Lösung antwortete er: „Es ist wichtig, dass Forschung und Entwicklung dazu hier vor Ort betrieben wird, denn so kann man auch auf die Probleme eingehen, die sich vor Ort stellen. Eine technische Lösung, die in Kalifornien entwickelt wurde, muss nicht unbedingt für unsere Verhältnisse passen.“ Robert Ranzi, der mit seinem Unternehmen einen Mähroboter für steile Berghänge entwickelt hat, ergänzte: „Umgekehrt kann eine Lösung, die für das Südtiroler Berggebiet entwickelt wurde, durchaus auch für Gebiete mit ähnlichen Gegebenheiten anwendbar sein. Die Arbeit eines kleinen Unternehmens vor Ort kann sich also auf jeden Fall lohnen.“
Auf die Frage nach Ideen für die Anwendung künstlicher Intelligenz und Robotik in der Südtiroler Landwirtschaft gab es eine ganze Reihe von Beispielen: Pichler nannte neben den Melkrobotern auch Möglichkeiten für die Herdenüberwachung mit Sensoren, um kranke Tiere besser und schneller herauszufiltern, und das Weidemonitoring zur Ermittlung des optimalen Schnittzeitpunktes. Guerra nannte selbstfahrende Mulchgeräte, KI-Anwendungen beim Baumschnitt sowie die Früherkennung von Krankheiten und Schädlingen als mögliche Einsatzbereiche.
Die Liste der Chancen, die die neuen Technologien bieten, ist also lang. Dennoch gibt es oft auch Diskussionen über mögliche Nachteile und Risiken. Ein oft befürchteter Nachteil sind die hohen Kosten, die kleine Betriebe nicht stemmen können und damit in Rückstand gegenüber Großbetrieben geraten könnten. Pichler verwies wiederum auf die lokale Forschung und Entwicklung: „Gerade um die Konkurrenzfähigkeit zu sichern, ist es wichtig, dass sich Unternehmen hier im Land mit solchen Entwicklungen beschäftigen und maßgeschneiderte Lösungen entwickeln.“ Moar ergänzte: „Man muss nicht groß sein, um mit künstlicher Intelligenz arbeiten zu können. Es wird Lösungen für kleine Betriebe geben, die auch preislich zu ihnen passen.“ Ranzi betonte, dass die Anwendung von Robotik in der Landwirtschaft die Sicherheit für die Bauern und die Produktionsmenge – etwa im Grünland – erhöhen kann, weshalb die Kosten für die Technologie nicht so sehr ins Gewicht fallen würden. Guerra betonte schließlich die Bedeutung von „Big Data“, also von großen Datenmengen, für die Entwicklung neuer Anwendungen: „Derzeit liegen diese Daten oft noch bei verschiedenen Institutionen und Einrichtungen, die nicht immer gut vernetzt sind. Hier darf die Landwirtschaft die Entwicklung nicht verschlafen, sonst verlieren wir unsere Jungen an andere Sektoren.“
Beim Blick in die Zukunft waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig: Wenn neue Technologien einen Mehrwert bringen, benutzerfreundlich sind und die tägliche Arbeit erleichtern, dann werden sie sich durchsetzen und bald zum Alltag gehören – egal, ob es um den Obst- und Weinbau im Tal oder die Viehhaltung und den Futterbau im Berggebiet geht.