Aus Zusammenhalt Kraft schöpfen
Zum ersten Mal luden am vergangenen Samstag alle vier bäuerlichen Organisationen des Burggrafenamtes zum gemeinsamen Bezirkstag in die Kellerei Meran Burggräfler nach Marling ein. Neben dem Rückblick auf das Landwirtschaftsjahr gab es Urkunden für drei neue Erbhöfe und einen Vortrag zum Nachdenken.
Bauernbund-Bezirksobmann Hannes Dosser blickte auf ein in allen Sektoren gutes Jahr zurück: „Das Wetter hat fast immer mitgespielt, wenn man vom Regen während der Weinlese absieht. Im Obstbau ist die Ernte bisher gut verlaufen, auch in der Berglandwirtschaft gab es immer genügend günstige Erntefenster“, lautete sein Resümee. Im Obstbau mache der Besenwuchs wieder mehr Sorgen. „Das liegt auch daran, dass immer mehr Wiesen nicht mehr bewirtschaftet und gepflegt werden. Das schadet nicht nur dem Landschaftsbild, sondern auch der Eindämmung von Krankheiten und Schädlingen“, betonte Dosser. Das Problem mit dem Wolf sei nach wie vor akut, sehr wichtig war der erste legale Abschuss eines Wolfes im Vinschgau. Bei der Abwicklung der verpflichtenden Tierhalter-Kurse seien die Ortsgruppen im Bezirk sehr fleißig gewesen, der Großteil der Betroffenen habe die Prüfung mittlerweile erfolgreich absolviert. Probleme gebe es bei der Digitalisierung – und zwar weniger bei der Technik an sich, sondern bei deren Umsetzung: „Wenn wir digital Dokumente ausfüllen und dann wieder ausgedruckt an drei Stellen abgeben müssen, läuft etwas falsch“, bemängelte Dosser. Um die Zugtrasse Meran–Bozen sei es in letzter Zeit wieder ruhiger geworden, anders als über die Medien vermittelt seien jedoch noch lange nicht alle offenen Fragen geklärt. „Wir sind gesprächsbereit, wollen aber, dass Fragen wie die Einrichtung der Baustellen, die Zufahrten dazu, die Wasserversorgung geklärt werden, bevor man daran denkt, mit Großprojekten zu beginnen“, forderte der Bezirksobmann und versprach, am Ball zu bleiben. Auch zum geplanten Pumpspeicherkraftwerk in Ulten seien noch Gespräche mit den Grundeigentümern zu führen.
Bezirksbäuerin Heidi Innerhofer Margesin stellte die Pläne für das „Internationale Jahr der Landfrauen“ im Jahr 2026 vor: „Wir Bäuerinnen wollen Botschafterinnen für die Landwirtschaft sein, ein gutes Miteinander am Hof ist uns wichtig.“ Neben einer Vortragsreihe zur sozialen Absicherung am Hof sind auch mehrere Benefizkonzerte geplant. Ernst Hofer, Bezirkspräsident der Seniorenvereinigung im Südtiroler Bauernbund, rief jene Orte, die noch ohne Seniorenvertretung sind, auf, über die Gründung einer Ortsgruppe nachzudenken. Jonas Alber und Katharina Gruber als Bauernjugend-Führungsspitze im Bezirk stellten ihre Tätigkeit vor und leiteten zum Vortrag von Lisa Gamper über, die als Psychologin über das Thema „Gelassen und stark im bäuerlichen Alltag“ referierte.
Das Leben und Arbeiten am Hof sei oft von Druck und Stress geprägt. „Das hängt oft auch damit zusammen, dass wir von uns selbst zu viel verlangen. Stress ist zum Statussymbol geworden – nur wer Stress hat, ist aktiv, fleißig und engagiert. Dabei vergessen wir, achtsam zu uns selbst zu sein“, betonte Gamper. Dass man am ständigen Stress nichts ändern kann, sei ebenso ein Irrtum wie die Einstellung, dass es normal ist, kaum Zeit für sich selbst zu haben. „Jeder von uns kann in seinem Einflussbereich etwas ändern, auch wenn es noch so kleine Schritte sind“, meinte Gamper.
Drei Familien erhalten Erbhof-Urkunde
Ein festlicher Höhepunkt des Bezirkstages war die Verleihung der Erbhof-Urkunden an drei Familien. Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher unterstrich die Bedeutung eines Erbhofes und überreichte die entsprechenden Plaketten an die Familien von Tobias Reiterer (Halbmair, Hafling), Nadia Ennemoser (Goster, Moos in Passeier) und Konrad Marth (Bastl zu Ulfas/Moos in Passeier).
Was sich auf Landesebene tut
Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser lobte die Idee, mit allen bäuerlichen Organisationen einen gemeinsamen Bezirkstag zu organisieren: „Das zeigt, dass die bäuerliche Familie zusammenhält und aus diesem Zusammenhalt Kraft schöpft.“ Er berichtete über den kommenden Landeshaushalt, der die Wiedereinführung der Tierwohl- und Almprämie vorsehe, über die laufenden Diskussionen zum EU-Agrarhaushalt ab 2028 und über ernüchternde Gespräche mit den zuständigen Stellen in Rom in Sachen Wolf: „Der Staat hält trotz Herabstufung des Schutzstatus an seiner strengen Linie fest und verlangt Nachweise für Risszahlen und Herdenschutz. Außer uns und dem Trentino scheint sich keine Region für eine Regulierung des Wolfes zu interessieren“, bedauerte Gasser. Umso wichtiger sei es, den Südtiroler Weg weiterzugehen. Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner ging schließlich auf die Dienstleistungen ein, die der Bauernbund seinen Mitgliedern anbietet: „Ob es um die nachhaltige Betriebsführung, die Energieversorgung oder die soziale Absicherung geht – in allen Bereichen steht der Bauernbund euch mit sehr kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Seite. Es liegt an euch und euren Familien, diese Angebote zu nutzen.“