Bioland mit Doppelspitze
Mit zehn Mitgliedern begonnen, heute 1036 Mitglieder stark: Bioland Südtirol hat bei seiner Mitgliederversammlung einen neuen Abschnitt begonnen. Der Vorstand wurde aufgestockt, der Verband wird nun von einer Doppelspitze angeführt. Viele Pläne für die Zukunft gibt es auch.
Mit gemischten Gefühlen schaut Bioland Südtirol auf das Jahr 2022 zurück: Der tragische Tod des ehemaligen Obmanns Michael Oberhollenzer traf den Verband tief, aber auch für die Mitgliedsbetriebe war es ein forderndes Jahr. Besonders für Viehwirtschaftsbetriebe war es schwierig, manche kündigten nicht nur die Mitgliedschaft bei Bioland, sondern gaben sogar die Biolandwirtschaft auf. Trotzdem gab es bei der Mitgliederversammlung am 3. Februar in der Messe Bozen auch Positives zu berichten: „Zwei Projekte konnten umgesetzt werden, das Tourismusprojekt ,Bio – Fair – Südtirol‘ und ein EU-Projekt, das nun drei Jahre lang laufen wird und vor allem Aufklärung und Sensibilisierung der Kundschaft zum Inhalt hat“, berichtete Nathalie Bellutti, interimistische Präsidentin von Bioland Südtirol. Bellutti hatte die Führung des Verbandes vor wenigen Monaten übernommen, nachdem Toni Riegler als Obmann zurückgetreten war.
Abschied und Dank
Riegler, der von 2017 bis Ende 2022 Obmann von Bioland Südtirol war, wurde gedankt und mit einem Geschenk verabschiedet. „Deine Ruhe hat gutgetan“, unterstrich Reinhard Verdorfer. Der Geschäftsführer von Bioland Südtirol unterstrich aber auch: „Trotzdem warst du immer offen für Veränderungen und hast den Verband neu aufgestellt.“ So sei die Genossenschaft gegründet und der Umzug nach Lana umgesetzt worden. Sechs weitere Statutenänderungen während der letzten Jahre zeugen von weiteren Entwicklungsschritten, die der Verband mitgemacht hat. Riegler bedankte und unterstrich seine Zugehörigkeit zum Verband. „Ich habe schweren Herzens Abschied genommen, nun ist es aber Zeit für eine neue Führung“, sagte er.
Bio ist keine Nische mehr
Ein Dank kam auch von Landesrat Arnold Schuler, der die ausgleichende Art des früheren Obmanns würdigte: „Mit euch war immer eine konstruktive Zusammenarbeit möglich, wir haben sachlich diskutiert und dadurch einiges weiterbringen können.“ Der Landesrat unterstrich auch, dass Ökologisierung immer mehr Interesse findet. Bio habe sich von einer Nische zu einem festen Bestandteil der Südtiroler Landwirtschaft gemausert. Das habe Vorteile, weil es eine neue Basis gebe. Aber auch Nachteile, weil ein Mehr an produzierter Menge auch komplexere Strukturen für die Vermarktung verlangt. „Es ist zwar Wunsch der Gesellschaft, dass ökologisch produziert wird“, meinte der Landesrat, gleichzeitig spreche das Konsumverhalten eine ganz andere Sprache. Er plädierte dafür, den heimischen Konsum anzukurbeln, um dadurch den lokalen Absatz zu stärken. Beispielsweise auch durch das neue Tourismuskonzept „Bio – Fair – Südtirol“, das seiner Meinung nach viel Potential habe und er gerne mitgestalte bzw. mittrage.
Alle Gremien neu gewählt
Bei der Mitgliederversammmlung wurden alle Gremien neu gewählt: neben dem Vorstand, der von drei auf fünf Personen aufgestockt wurde, auch der Landesausschuss. Als neuer Obmann wurde Walter Steger bestimmt, Nathalie Bellutti wird seine Stellvertreterin: „Die beiden Führungspositionen werden künftig aber noch enger zusammenstehen und den Verband als Doppelspitze leiten“, erklärte Reinhard Verdorfer. Und Nathalie Bellutti erklärte nach der Wahl: „Wir wollen den zeitlichen und energiemäßigen Führungsaufwand unserer Genossenschaft auf mehrere Schultern verteilen.“ So würden sich Aufgaben und Verantwortung in gemeinsamer Absprache gut verteilen und gestalten lassen. „Die Zeit wird zeigen, wie wir uns konkret die Aufgaben teilen, mit Demut und Humor kann es jedoch gelingen“, meinte der neue Obmann Walter Steger. Ihnen beiden zur Seite werden künftig Ulrich Gamper, Leonhard Wellenzohn und Johann Tappeiner stehen. Die drei wurden als weitere Ausschussmitglieder gewählt.
Bioland Südtirol in Zahlen
Reinhard Verdorfer stellte die Zahlen des Verbandes vor: Inzwischen sei er auf 1036 Mitglieder angewachsen, vor rund 30 Jahren sei man mit zehn gestartet. Einige der Pioniere waren auch bei der Mitgliederversammlung anwesend. Im letzten Jahr habe es zwar 45 Kündigungen gegeben, aufgewogen werden diese aber durch 85 Neuzugänge. „Davon sind 35 Betriebe, die von konventioneller Produktion auf Bio umgestiegen sind“, erklärte Verdorfer. Inzwischen sind auch alle Genossenschaften im Bioland-Verband vertreten, letzter Zugang war der Milchhof Brixen Brimi. „Zwei Drittel der Biobetriebe in Südtirol sind unsere Mitglieder“, sagte Verdorfer stolz, das sei im europäischen Vergleich hervorragend. Darüber hinaus hat der Verband 50 Partner, darunter einige Hotels, die durch das Projekt „Bio – Fair – Südtirol“ gewonnen werden konnten.
Weitere Meilensteine 2022
„Die GAP-Verhandlungen waren schwierig, aber von einem kleinen Erfolg gekrönt“, meinte der Geschäftsführer. Auch beim Nachhaltigkeitskonzept des Apfelkonsortiums „sustainapple“ sei man mit dabei: „Ich weiß, wie kritisch das von manchen von euch gesehen wird, aber es kann nicht sein, dass integrierte Äpfel künftig einen Nachhaltigkeitsnachweis vorweisen können und unsere Bioware nicht“, unterstrich Verdorfer. Schließlich wagte Verdorfer noch einen Blick in die Zukunft. Zwei Wünsche habe er: zum einen die Einrichtung einer Bio-Hotline zur Beratung der Bioland-Mitglieder nach Vorbild des deutschen Mutterverbandes und zum anderen mehr Forschung zu Biothemen am Versuchszentrum Laimburg. Es sei notwendig, sowohl personell als auch flächenmäßig aufzustocken, meinte er in Richtung Landesrat Schuler. Schließlich berichteten auch die verschiedenen Fachbereiche über ihre Projekte und Aktivitäten des abgelaufenen Jahres: der Fachbereich Ökologie, jener für Obstbau, für Viehwirtschaft, für Weinbau, Gemüsebau und Imkerei. Mit den Mitgliedern wächst auch der Verband stetig: Kürzlich wurden zwei weitere Mitarbeiterinnen eingestellt, in diesem Jahr wird eine Beraterstelle für Imkerei geschaffen.
Drei neue Bioland-Leitbetriebe
Bei der Mitgliederversammlung wurden auch die neuen Leitbetriebe gekürt: Es sind in jedem Jahr drei Betriebe, die von einer Jury bestimmt werden, vor allem auf der Basis der sieben Bioland-Prinzipien, die es in vorbildlicher Weise einzuhalten gilt. Die Bioland-Leitbetriebe des Jahres 2023 sind der Hof Außerbrunner von Stefan Oberkofler in Afing, der Hof Sunnfolt von Kurt Gruber in Schlanders und der Runstnerhof von Georg Zischg in Gargazon. Die Betriebe erhielten eine Plakette und einen Einkaufsgutschein der Landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaft.