Borkenkäfer: Stand der Dinge
Das Amt für Forstplanung gibt einen Überblick über die derzeitige Situation beim Borkenkäferbefall der Südtiroler Wälder. Eine Prognose über die weiteren Entwicklungen ist aber noch nicht möglich.
Zunächst ein kurzer Rückblick: Einen ersten Impuls für die Massenvermehrung des Borkenkäfers in Südtirols Wäldern waren das Sturmtief Vaia und die Schäden, die es verursacht hat. Im Jahr darauf hat der Schneedruck bedeutend zum weiteren Populationsanstieg beigetragen.
Den Borkenkäferbefall in dem Ausmaß und in der Intensität, die wir heute kennen, trat mit dem Sommer 2021 erstmals auf und stieg im Sommer 2022 weiter an. Die Sommertrockenheit dieser beiden Jahre trug stark dazu bei. Der letzte Winter war verhältnismäßig mild, weshalb die Wintermortalität als Bremsfaktor für die Käferpopulation kaum ins Gewicht fiel.
Entsprechend war die Ausgangssituation am Jahresbeginn. Sowohl aus der Fachliteratur als auch aus eigener Erfahrung wird deutlich, dass zwei Hauptfaktoren zum Erfolg eines Befalles beitragen: einerseits die numerische Konsistenz der Population – und wir wissen, dass sie sehr hoch ist – und andererseits der Wetterverlauf durch das unbeständige Wetter im späten Frühjahr – genau die Zeit, in der die Adulttiere ihre Winterquartiere verlassen, um neue Wirtsbäume zu suchen – waren für den Buchdrucker ungünstig: Die Temperatur blieb ziemlich lange tief. Der Buchdrucker fliegt mit einer durchschnittlichen Mindesttemperatur der Luft von 16,5 Grad Celsius. Somit konnte er vor Ende Mai das Winterquartier nicht verlassen. Falls die Saison normal verläuft, wird ihm für die Bildung einer zweiten Generation heuer die notwendige Zeit fehlen.
Je massiver der Käfer schwärmt, desto höher sind seine Erfolgschancen. Durch das unbeständige, niederschlagsreiche Wetter schwärmte der Buchdrucker über eine längere Zeit. Die ersten Fangergebnisse aus dem Landesmonitoring zeigen das, wenn auch mit teils sehr hohen Fangwerten.
Regenreiches Wetter tut der Fichte gut. Die Bäume sind vital und somit widerstandsfähiger.
Es gibt aber noch weitere, nicht wetterbedingte Mortalitätsfaktoren: So gibt es Insekten, Pilze, Bakterien und Viren, die eine ähnliche, aber zeitlich verschobene Populationsdynamik haben wie der Buchdrucker und ihn als Nahrung nutzen. Gerade heuer ist beispielsweise der Ameisenbuntkäfer (Thanasimus formicarius) häufig anzutreffen. Das ist ein räuberischer Käfer, der bevorzugt den Buchdrucker und seine Larven frisst. Seine Bedeutung für die Populationsentwicklung des Borkenkäfers ist zwar schwierig zu bestimmen, doch ist er relevant.
All diese Faktoren können den Erfolg des Befalles stark beeinflussen. Die meisten sind leider nicht beeinflussbar, deswegen wäre jede Vorhersage unvorsichtig. Erst die Fangergebnisse der ausgeschlüpften Jungkäfer werden ein erster Indikator für den diesjährigen Befallserfolg sein. Deshalb warten Techniker und Wissenschaftler schon gespannt darauf.