In Tramin trafen sich die Bäuerinnen und Bauern zur Bezirksversammlung.

Brennende Themen im Unterland

Pflanzenschutz, Borkenkäfer und Wolf – bei der Jahresversammlung des Bauernbund-Bezirks Unterland am vergangenen Samstag kamen brennende Themen auf den Tisch. Gemeinsam müsse man sie angehen, war der Grundtenor.

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SBB Politik

Bezirksobmann Reinhard Dissertori gab einen Überblick über das abgelaufene Landwirtschaftsjahr: „Die Stimmung unter den Bäuerinnen und Bauern hat sich insgesamt verschlechtert“, berichtete er. In den Berggebieten seien einerseits die großen Beutegreifer ein Problem. Auch der Borkenkäfer sei eine Herausforderung. Die Produktionskosten seien stark gestiegen, dadurch verkleinern sich für die landwirtschaftlichen Betriebe die Gewinnspannen, weil man die Erhöhungen kaum an den Lebensmittelhandel weiterreichen könne. „Wir fordern einen entsprechenden Lohn für unsere Arbeit“, sagte Dissertori, die höheren Verkaufspreise müssten auch bei den Bauern ankommen. Besonderes Kopfzerbrechen bereiten dem Bezirksobmann der Pflanzenschutz bzw. die Neuerungen, die diesbezüglich von der EU angedacht werden. Dissertori legte die Konsequenzen einer drastischen Einschränkung offen: „Schädlinge können nicht mehr in Griff gehalten werden, dadurch seien einige Sorten nicht mehr händelbar.“ Mittelfristig werde die Produktion in andere Länder abwandern. Auch die Erhöhung der Bioflächen bereitet dem Obmann Kopfzerbrechen: „Die Erhöhung der Bioproduktion muss mit dem Konsum einhergehen, denn sonst kommen die Bauern unter Druck“, stellte er klar. Zum Schluss appellierte er an den vollen Saal, die landwirtschaftlichen Betriebe sollen den Mutualitätsfonds zur Absicherung der Ernte nutzen, die Beregnungskonsortien sich zusammenschließen.
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann stellte die „Farm to Fork“-Strategie der EU und den neuen ländlichen Entwicklungsplan vor. Dabei ging er vor allem auf den Pflanzenschutz und die landwirtschaftliche Produktion ein. Der europäische „Green Deal“ soll der Fahrplan sein für die Umgestaltung der EU-Wirtschaft für eine nachhaltige Zukunft. Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050. Davon ist nicht nur die Landwirtschaft betroffen, sondern auch Verkehr, Energie und Industrie. Die Vorschläge der „Farm to Fork“-Strategie der EU-Kommission sollen nun Schritt für Schritt in Gesetze gegossen werden. Dazu braucht es aber die Zustimmung des Parlaments. Der Vorschlag der Kommission, um die Reduzierung des Einsatzes von chemischen Pestiziden zu erreichen, sei schlecht, meinte Dorfmann. Auch habe nicht zuletzt der Ukrainekrieg das Thema Lebensmittelsicherheit wieder in Diskussion gebracht. Dorfmann rechnet damit, dass die neue Verordnung keine Mehrheit findet.

Neue EU-Förderperiode
Dann erläuterte Herbert Dorfmann die Neuerungen, die durch die Förderungsperiode auf die Landwirtschaft zukommen: Sowohl im Obst- als auch im Weinbau bleibe vieles gleich wie gehabt, in der Berglandwirtschaft sei die Situation komplexer. Insgesamt seien die Neuerungen aber vorteilhaft für Südtirol, weil es besonders in der ersten Säule (den Direktzahlungen) Umverteilungen von den großen (über 50 ha) auf die kleineren Betriebe (für die ersten 14 ha) geben werde. „Die Verlierer sind diesmal die großflächigen Almen“, meinte Dorfmann. Das sei aber nicht schlecht, weil es letzthin oft Spekulationen gegeben habe, die man so umgehen könne. „So kommen die Förderungen eher den Bauern zugute, weniger den Almen.“

Schutzstatus herabsetzen
Auch zum Thema Wolf versuchte Dorfmann, den Schutzstatus laut Berner Konvention und Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie klarzulegen. Listen darin geben Tier- und Pflanzenarten an, die dringend (Anhang IV) bzw. sehr geschützt (Anhang V) werden müssen. Die Listen stammen von 1992, inzwischen ist der Wolf über ganz Europa verbreitet. „Deshalb müssen beim Wolf, aber auch beim Braunbär und anderen Tieren die Anhänge neu diskutiert werden. Den Schutzstatus abzuschwächen, ist das Ziel.“ In Frankreich gebe es eine Obergrenze, alles was darüber ist, wird entnommen. Dasselbe gelte für Schweden, in Slowenien auch, allerdings für den Bären. Alle diese Staaten haben einen sogenannten Wolfsplan ausgearbeitet, der das möglich macht. „In Rom, Berlin oder Wien aber konnte man sich noch nie auf einen Wolfsplan einigen“, erklärte Herbert Dorfmann. Inzwischen hat das Parlament eine Resolution gutgeheißen, mit der die Kommission dazu aufgefordert wird, das Wolfsmanagement zu ändern.

Neuer Erbhof in Kurtatsch
Im Rahmen der Bezirksversammlung wurde eine Erbhofurkunde verliehen: Sie ging an die Familie Christian Pomella vom Plattenhof in Kurtatsch. Landesrat Arnold Schuler verlas die lange Chronik des 1407 erstmals erwähnten Hofes, der seit mehr als 200 Jahren in Besitz der Familie Pomella ist. Bauernbund-Landesobmann Leo Tiefen­thaler verwies auf den Wert der bäuerlichen Familien und ihrer unermüdlichen Arbeit. Gleichzeitig warb er für die Basiswahl des Bauernbundes und bat die Bäuerinnen und Bauern, ihre Stimme abzugeben. Landesrat Arnold Schuler brachte technische Daten zur Agrarförderperiode, sprach über die Herausforderungen Wolf und Borkenkäfer sowie die Herausforderung, die steigende Weltbevölkerung nachhaltig ernähren zu können. Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer sprach über den Gemeindeentwicklungsplan, den Landschaftsschutz und den Denkmalschutz. Senator Manfred Schullian berichtete aus Rom: Die Panik vor einer rechten Regierung sei unangebracht gewesen. Francesco Lollobrigida habe großes Interesse an der Landwirtschaft, sei ein starker Minister in der Regierung und das sei ein Vorteil. rar

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