Alexander Höller, Christine Nigg und Arnaldo Luppi (v. l.) blicken besorgt auf die Zone, die einem Gewerbegebiet weichen soll.

„Fühlen uns nicht ernst genommen“

Eine Gruppe von Terlaner Bürgern wehrt sich nach wie vor gegen die Ausweisung einer neuen Industriezone in der Fraktion Klaus. Der „Südtiroler Landwirt“ hat sich mit drei von ihnen unterhalten.

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Politik Wirtschaft

Bekanntlich plant die Landesregierung, angrenzend an die bestehende Gewerbezone in Terlan-Klaus eine Industriezone von Landesinteresse auszuweisen, um dem aufstrebenden Südtiroler Unternehmen Alpitronic einen Grund für die Ansiedlung und Entwicklung des Betriebes zur Verfügung zu stellen. Über das Thema hat der „Südtiroler Landwirt“ bereits berichtet (s. Nr. 21/2022, S. 4). Nun steht die Entscheidung in der Landesregierung kurz bevor. Der „Südtiroler Landwirt“ hat sich mit Christine Nigg, Alexander Höller und Arnaldo Luppi getroffen und sich ihre Sorgen angehört.

Südtiroler Landwirt: Frau Nigg, die Entscheidung der Landesregierung, ob die Industriezone von Landesinteresse in Terlan-Klaus ausgewiesen wird oder nicht, steht kurz bevor. Wie ist Ihre Stimmung?
Christine Nigg:
Wir sind einfach sehr besorgt, unsere Stimmung lässt sich am besten mit einer Mischung zwischen Verzweiflung und Enttäuschung beschreiben. Verzweiflung, weil wir befürchten, dass die Entscheidung der Landesregierung in eine völlig falsche Richtung gehen wird. Enttäuschung, weil unsere Argumente, die wir mehrfach vorgebracht haben und hinter denen ein großer Teil der Bevölkerung steht, einfach weggewischt werden. Wir fühlen uns einfach nicht ernst genommen …

Was wünschen Sie sich von der Landesregierung?
Christine Nigg:
Wir wünschen uns, dass sie eine Entscheidung trifft, die kongruent zu dem ist, was ihre einzelnen Mitglieder bei vielen Anlässen immer wieder verkünden: Dass wir sparsam mit dem verfügbaren Grund und Boden umgehen müssen, dass wir die Versiegelung im Land stoppen müssen, dass wir bestehende Leerstände nutzen sollen, bevor wir weiteren landwirtschaftlichen Grund verbrauchen. Vielleicht gelingt es uns, einige Mitglieder der Landesregierung noch umzustimmen ...

Herr Höller, die Ansiedlung des innovativen Unternehmens Alpitronic könnte für die Gemeinde Terlan ja auch eine Aufwertung sein. Warum sehen Sie das nicht so?
Alexander Höller:
Wir haben nichts gegen das Unternehmen Alpitronic. Wir finden es wunderbar, dass es solche Unternehmen in unserem Land gibt. Hier wird aber landwirtschaftlicher Grund geopfert, obwohl es nachweislich Alternativen gibt, die grundsparender wären und auch besser an das Verkehrsnetz angebunden. Die Gemeinde Leifers hat dem Unternehmen sogar aktiv eine Fläche angeboten, und in der Bozner Industriezone gibt es viele leerstehende Fabrikhallen. Alle reden von Grundsparen und Leerstandnutzen – kaum könnte man das mal aktiv vorantreiben, geht man einen anderen Weg.

Sie haben in mehreren Stellungnahmen auch die negativen Folgen für die Entwicklung Ihrer Heimatgemeinde Terlan angesprochen. Worum geht es hier konkret?
Alexander Höller:
Terlan ist eine Gemeinde, die sich den dörflichen Charakter bis jetzt noch bewahrt hat. Eine erweiterte Industriezone würde diesen Charakter zerstören, wir würden uns gezwungenermaßen zu einer Vorstadt von Bozen entwickeln – und das, obwohl ja gerade die Gemeinden laut neuem Gesetz für Raum und Landschaft über ihre Entwicklung selbst entscheiden sollen. Eine größere Industriezone würde auch den ohnehin schon starken Bevölkerungszuwachs weiter beschleunigen. Und auch wie sich diese Erweiterung auf das nah gelegene Trinkwasserschutzgebiet auswirkt, das die gesamte Gemeinde Terlan mit Trinkwasser versorgt, macht uns Sorgen.

Herr Luppi, Sie wären als direkter Anrainer unmittelbar von der neuen Gewerbezone betroffen. Wie stehen Sie zu Alpitronic?
Arnaldo Luppi:
Wir haben uns bereits mit dem Verantwortlichen des Unternehmens getroffen und Einblick in die Pläne erhalten. Alles schön und gut, aber wir haben nach wie vor nicht verstanden, wieso dieses Projekt genau hier umgesetzt werden muss. Vor knapp 20 Jahren haben wir hier eine neue Heimat erhalten, mitten im Grünen gelegen, jetzt will man uns einfach ein riesengroßes Fabrikgelände vor die Nase stellen. Dass wir uns dagegen wehren, ist wohl verständlich …

Es geht bei diesem Thema ja auch um das Thema Spekulation mit landwirtschaftlichem Grund. Können Sie die Bedenken der bäuerlichen Bevölkerung verstehen?
Arnaldo Luppi:
Vollkommen! Es kann doch nicht sein, dass der Wunsch einiger großer Firmen mehr zählt als jene der Bevölkerung, die hier lebt. Wir wollen, dass hier in Terlan alle gut leben können und eine Zukunft haben, Bauern genauso wie Anrainer und Wirtschaftstreibende. Wir müssen hier eine Lösung finden! 
 

Interview: Bernhard Christanell

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