Bauernvertreter aus Tirol und Südtirol trafen sich in der Fachschule Fürstenburg in Burgeis.

Gemeinsam Widerstände überwinden

Einmal im Jahr treffen sich die Führungsgremien des Südtiroler und Tiroler Bauernbundes, um über ­gemeinsame Herausforderungen zu diskutieren und mögliche länderübergreifende Strategien abzusprechen. Vergangene Woche fand dieses Treffen an der Fachschule Fürstenburg in Burgeis statt.

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SBB

Vor 120 Jahren wurde in Sterzing der Tiroler Bauernbund gegründet. Noch heute verbinden die beiden Bauernbünde zu beiden Seiten des Brenners eine enge Partnerschaft und – trotz oft unterschiedlicher rechtlicher Voraussetzungen – viele gemeinsame Themen. Einige davon kamen bei der gemeinsamen Sitzung des Südtiroler Landesbauernrates und der Bundesvorstehung des Tiroler Bauernbundes zur Sprache.

Herkunft: Ziel ist ­Bewusstseinsänderung
Bei der Herkunftskennzeichnung landwirtschaftlicher Produkte verfolgen beide Verbände dasselbe Ziel: heimische bäuerliche Produkte sichtbarer machen sowie mehr Wertschätzung und Wertschöpfung dafür zu erzielen. In Südtirol gibt es seit dem vergangenen Jahr ein Landesgesetz zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für die Produktgruppen Fleisch, Milch bzw. Milchprodukte und Eier, das ein erster Schritt hin zu diesem Ziel sein soll, wie auch der Südtiroler Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner erläuterte: „Uns geht es um eine Bewusstseinsänderung und darum, dem Konsumenten eine Wahlfreiheit zu bieten. Die Regeln für die Kennzeichnung sind bewusst sehr einfach und die Messlatte sehr niedrig gehalten, auch die vorgesehenen Sanktionen sind sehr gemäßigt. Wir wollen bald – in Zusammenarbeit mit dem HGV und IDM – eine Informationskampagne starten.“ In Österreich gibt es auf nationaler Ebene zwar ein ähnliches Gesetz zur verpflichtenden Kennzeichnung, die Umsetzung gestaltet sich aber – wie auch in Südtirol wegen massiver Gegenwehr von Seiten der Gastronomie – als schwierig. Josef Hechenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol, verwies daher auf verschiedene Initiativen auf Ebene der Bundesländer, die auf eine freiwillige Kennzeichnung abzielen: „In Tirol sind bei verschiedenen Projekten rund 400 Betriebe mit dabei, das ist ein guter Anfang.“ Der Südtiroler Bauernbund-Landesobmann Daniel Gasser regte an, noch gezielter die Köche und Einkäufer der Waren anzusprechen und dabei auch in der Ausbildung anzusetzen.

Tourismus-Euro: neuer Anlauf notwendig
Mit ähnlichen Widerständen haben die Bauernvertreter in Südtirol und Tirol zu kämpfen, wenn es um die konkrete finanzielle Unterstützung vor allem der Berglandwirtschaft geht. In Südtirol gibt es schon seit mehreren Jahren die Idee, über eine von Feriengästen zu zahlende Abgabe die Erhaltung der Kulturlandschaft zu unterstützen. Direktor Rinner erklärte: „Auch hier gab es bisher immer massiven Widerstand von Seiten der Touristiker, obwohl das Geld ja nicht von ihnen direkt kommen sollte, sondern von den Gästen – und obwohl diese laut Umfragen sehr wohl dazu bereit wären, die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern auf diesem Weg zu unterstützen.“ Rinner wünschte sich eine länderübergreifende Initiative von Südtirol, Tirol, Salzburg und möglicherweise weiteren Partnern: „Das würde unsere Position stärken. Wenn wir die Berglandwirtschaft in der heutigen Form erhalten wollen, brauchen wir ein zusätzliches finanzielles Standbein.“

Großraubwild: Hoffen auf EU-Mitgliedstaaten
Zum dritten Mal um Widerstände gegenüber den Anliegen der Landwirtschaft ging es beim Thema Großraubwild. Während es in Tirol wenigstens die Möglichkeit gibt, über rechtlich nicht anfechtbare Verordnungen Abschüsse von Wölfen zu ermöglichen, scheitert dies in Südtirol bislang immer am Veto der Gerichte. Große Hoffnung setzen beide Länder auf eine Senkung des Schutzstatus für den Wolf auf europäischer Ebene. „Der Ball liegt jetzt bei den Mitgliedstaaten, die eine Mehrheit für diese Herabstufung finden müssen. Das wäre ein wichtiges Signal, vor allem für die bäuerliche Bevölkerung im Alpenraum“, waren sich Obmann Gasser und sein Amtskollege vom Tiroler Bauernbund, Josef Geisler, einig. Der Tiroler Bauernbund-Direktor Peter Raggl ergänzte: „Die Lobby, die sich für den Schutz des Wolfes einsetzt, geht in den Büros in Brüssel und Straßburg fast täglich ein und aus und verfügt über erhebliche finanzielle Mittel. Wir müssen uns dort noch viel mehr Gehör verschaffen und unsere Anliegen vorbringen!“
Schließlich riefen die Bauernbund-Vertreter auch dazu auf, die Online-Petition (unter dem Link bit.ly/eu-entwaldung) gegen die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung zu unterstützen. Die Verordnung würde in dieser Form einen enormen bürokratischen Mehraufwand vor allem für alle Klein-Waldbesitzer mit sich bringen. Die Unterzeichnung der Petition ist noch bis 16. Juni möglich. 

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