Heilsame und kreative Küche
Veranstaltungsreihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“: Kräuterfreuden beim Kircherhof in Albeins – kürzlich fand wieder eine genussvolle Reise zwischen bäuerlicher Tradition und kulinarischer Kreativität statt. Diesmal ging es um das Thema Kräuter.
Ein zart würziger Duft liegt in der Luft. Ein Geruch, der an eine Handvoll duftender Kräuter erinnert, gerade eben im Garten geerntet. Im Südtiroler Gasthaus Kircherhof in Albeins trifft an diesem Nachmittag „Gartenlust auf Kochkunst“ – und das mit aromatischer Wucht. Die Südtiroler Bäuerinnenorganisation und die Vereinigung der Südtiroler Gastwirtinnen im HGV luden zu einer besonderen Veranstaltung ein, die ganz im Zeichen der Kräuter steht: „Kräuter – geschmackvolle Gerichte aus dem Garten“. Schon beim Betreten des Kircherhofes wird klar: Hier wird nicht nur gekocht, sondern Begeisterung für regionale Vielfalt gelebt. Der Kräutergarten hinter dem Haus ist ein kleines Paradies. Zwischen Wegen und Holzzäunen wachsen Thymian, Majoran, Schafgarbe, Salbei, Zitronenmelisse und vieles mehr.
Kulinarik und Heilwissen im Dialog
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen zwei Persönlichkeiten, die beide auf ihre Art eine Brücke schlagen zwischen Tradition und Innovation, zwischen bäuerlichem Wissen und moderner Kochkunst: Jutta Tappeiner, Bäuerin aus Nals, die am Kräutererbe Bacherhof in Nals arbeitet und tief in der Welt der Heilkräuter verwurzelt ist. Mit ihrer ruhigen, aber begeisternden Art nimmt sie die Teilnehmerinnen mit auf eine Reise durch ihren Alltag: den Anbau, die Pflege und die vielfältige Nutzung von heimischen Kräutern und beim Rundgang durch den Kräutergarten vom Kircherhof zeigt sie, was neben Schnittlauch und Petersilie von alleine wächst, unter anderem Giersch, Wermut, Beifuß – das Kraut der Mütter. Jutta spricht von Heilkunst, von Volksmedizin und von der Hausapotheke, in der der Ackerschachtelhalm nicht fehlen darf: Es ist das Knochenkraut, hilft bei Arthritis und ist gut für das Bindegewebe. All diese Kräuter lassen sich in der Küche verwenden – ein Geschenk der Natur, so die Aus.unserer.Hand-Bäuerin und Kräuterpädagogin. Sie gibt einfache, aber wirksame Tipps weiter: etwa wie man Kräuter trocknet oder zu würzigen Salzmischungen verarbeitet. Ihre Geschichten aus dem bäuerlichen Alltag lassen das Wissen lebendig werden. Und natürlich erzählt sie von ihren Rosen, die auch ihren Platz in der Küche haben dürfen. „Kräuter sind Nahrung für den Geist, die Seele und den Körper“, legt sie den Teilnehmerinnen des Kurses ans Herz.
Auf der anderen Seite des kulinarischen Erlebnisses steht Wolfgang Schmidl, Küchenchef am Kircherhof, der sich mit viel Herz und Hingabe der Verarbeitung nicht nur der Kräuter, sondern von all dem, was am Hof angebaut wird, verschrieben hat. Sein Menü ist eine Hommage an die Vielfalt, die vor der eigenen Haustür wächst. Der Auftakt: Geräucherter Saibling mit eingelegten Zucchini und Radieschen, verfeinert mit grünem Öl. Das grüne Öl kann mit unterschiedlichen Kräutern gemacht werden, je nachdem, was man im Kräutergarten so findet – Liebstöckel, Salbei usw. „Die Kräuter werden gewaschen, klein geschnitten, auf hoher Stufe gemixt, gesiebt, im Spritzsack abhängen gelassen und fertig ist das grüne Öl, das für vieles verwendet werden kann“, erklärt der Koch. „Es klingt alles so einfach, vielleicht müssen wir uns nur trauen und probieren“, hört man eine Teilnehmerin im Hintergrund. Wolfgang Schmidl geht es um den Geschmack, um das Verwerten, das Haltbarmachen, das Ausprobieren. So fermentiert er zum Beispiel auch die Schnittlauchknospen und verfeinert damit seine mit Kräuterfülle gefüllten Ravioli – simpel, aber köstlich. Mit Basilikumpesto verfeinert er Spargel – sieht gut aus und schmeckt hervorragend. „Pesto schmeckt aber auch mit Petersilie, Liebstöckel und Estragon – das ist das Schöne bei den Kräutern –, man kann einfach variieren und es ändert sich der Geschmack dabei, das ist das Besondere.“ Den süßen Abschluss des Kochkurses bildet ein fein abgeschmecktes Zitronen-Thymian-Sorbet, dessen aromatische Frische und dezente Kräuternote am Gaumen ebenso wie in der Nase elegant ausklingen – erfrischend und sehr fein im Geschmack. Wolfgang Schmidl präsentiert das Sorbet bewusst puristisch – ohne dekorative Elemente –, um den Fokus ganz auf das Wesentliche zu lenken: den klaren, unverfälschten Geschmack des Thymians.
Zwischen Küche und Garten
Was diese Veranstaltung besonders macht, ist die Verbindung von Praxis und Genuss. Die Teilnehmerinnen dürfen nicht nur zuschauen, sondern auch riechen, fühlen, schmecken und fragen. Beim Kochen entstehen Gespräche über alte Hausmittel, Kindheitserinnerungen, das Wiederentdecken der eigenen Wurzeln. „Früher hatte jede Großmutter ein Beet mit Kräutern“, sagt eine Teilnehmerin, „heute holen wir uns dieses Wissen wieder zurück.“ Die Atmosphäre ist herzlich und entspannt. Die Gerichte werden gemeinsam genossen. Es ist ein Miteinander, das über das Kulinarische hinausgeht. Die Veranstaltung wird so zu einem Ort des Austauschs, der Wertschätzung und der Inspiration. Was bleibt von diesem Nachmittag? Für viele ist es der Wunsch, selbst wieder mehr mit Kräutern zu arbeiten – sei es im Garten, auf dem Balkon oder in der eigenen Küche. Jutta Tappeiner gibt den Anstoß dazu: „Man muss nicht alles wissen. Es reicht, wenn man anfängt – mit drei oder vier Kräutern. Die begleiten dann durchs ganze Jahr.“ Auch Wolfgang Schmidl betont: „Kochen beginnt nicht in der Küche, sondern draußen – beim Sammeln, Riechen, Begreifen, woher unsere Zutaten kommen.“ Es gehe nicht um Perfektion, sondern um Aufmerksamkeit und Freude am Tun. Ein Gedanke, der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Veranstaltung zieht.