Wer Südtirol in den kommenden fünf Jahren im Südtiroler Landtag vertreten wird, haben die Wahlen vom vergangenen Sonntag entschieden.

Landwirtschaft hat stark gewählt

Die Wahl ist geschlagen: Drei von vier Kandidaten der bäuerlichen Organisationen haben es in den neuen Südtiroler Landtag geschafft. Ein Erfolg, der garantiert, dass die Landwirtschaft auch in den nächsten Jahren kraftvoll mitreden wird.

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Politik

Mit dem einprägsamen Slogan „4 gewinnt!“ wurden die vier bäuerlichen Kandidaten, die in der Basiswahl von den Mitgliedern von Bauernbund, Bäuerinnenorganisation, Bauernjugend und Seniorenvereinigung die meisten Stimmen erhalten hatten, im Landtagswahlkampf unterstützt. Drei von vier der vom Bauernbund und den bäuerlichen Organisationen unterstützten Kandidaten – nämlich Luis Walcher, Franz Locher und Sepp Noggler – haben es in den Landtag geschafft. Besonders erfreulich dabei: Der „Neue“ Luis Walcher hat aus dem Stand 10.120 Vorzugsstimmen erhalten. Damit ist er an achter Stelle auf der Liste der gewählten SVP-Mandatare. Das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis. Luis Walcher hat wohl vor allem bei den Obst- und Weinbauern und als Vizebürgermeister der Stadt Bozen gepunktet, aber auch im ganzen Land bäuerliche Stimmen erhalten. Franz Locher hat 7777 Vorzugsstimmen auf sich vereinen können, Sepp Noggler 6117. Sie haben an Vorzugsstimmen gegenüber 2018 eingebüßt, vor allem in ihren jeweiligen Heimatbezirken; die bäuerlichen Wählerinnen und Wähler im ganzen Land haben sie jedoch entscheidend unterstützt. Franz Locher ist an zehnter Stelle, Sepp Noggler auf Platz elf der gewählten SVP-Mandatare.

Flächendeckend gepunktet
Insgesamt positiv: Die drei Gewählten haben überall im Land gepunktet und bäuerliche Stimmen erhalten. Der Wahlkampf, der vor allem auf das persönliche Gespräch der Kandidaten mit ihrer Wählerschaft, aber auch auf die sozialen Medien und Veranstaltungen setzte, hat gefruchtet, fand aber heuer in einem deutlich schwierigeren Umfeld als 2018 statt. Die Unzufriedenheit der Südtirolerinnen und Südtiroler und damit auch der Bäuerinnen und Bauern mit der Arbeit der Landesregierung zeigte sich durch die Bank.
Ungelöste Themen wie der Umgang mit Wolf und Bär, die schwierige Sicherheitslage und die schleppende Umsetzung des Gesetzes für Raum und Landschaft, aber auch die Sorgen wegen der Bürokratisierung des Ehrenamts hatten sicher einen Einfluss auf das Wahlverhalten der Bäuerinnen und Bauern. Die Regierungspartei SVP verlor in der Folge 7,3 Prozent.

Hochgruber Kuenzer und Vallazza nicht mehr im Landtag
Nicht nur die amtierenden Landesregierungsmitglieder verloren an Zustimmung, sondern auch die amtierenden Landtagsabgeordneten bekamen dies zu spüren. So schaffte es Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer als vierte im Bunde der bäuerlichen Kandidaten mit 5130 Stimmen leider nicht mehr in den Landtag. Sie hatte 2018 noch 9456 Stimmen auf sich vereinen können. Knapp nicht mehr geschafft hat es mit 5070 Stimmen Manfred Vallazza. Thomas Widmann, Landwirt und Wirtschaftsvertreter, schaffte den Sprung in den Landtag wiederum, diesmal auf einer eigenen Liste. Auch bei anderen Parteien sind landwirtschaftliche Vertreter gewählt worden, so bei den Freiheitlichen wiederum Andreas Leiter Reber und auf der Liste JWA Jürgen Wirth Anderlan.

Tiefenthaler: „Landwirtschaft will Verantwortung übernehmen“
Landesobmann Leo Tiefenthaler zeigt sich insgesamt erfreut: „Ich bin mit dem Ergebnis der bäuerlichen Kandidaten zufrieden,
gerade angesichts der Tatsache, dass die SVP Federn lassen musste und zwei Mandate verloren hat. Drei von 13 Gewählten auf der SVP-Liste bedeuten gute 23 Prozent, also ein knappes Viertel. Eine gute bäuerliche Vertretung ist gesichert. Ich sehe das ganz klar als Auftrag: Die Landwirtschaft kann und möchte Verantwortung übernehmen.“ Gefruchtet hat der Appell, möglichst viele Vorzugsstimmen zu vergeben. Auch dadurch ist es möglich, dass mehr bäuerliche Vertreter in den Landtag einziehen, als es dem Anteil der bäuerlichen Bevölkerung in der Gesellschaft entsprechen würde.

Rinner: „Landespolitik muss wieder mehr entscheiden!“
Siegfried Rinner, Bauernbund-Direktor und Vorsitzender des SVP-Landwirtschafts­ausschusses, ist überzeugt: „Die Bauernbund-Abgeordneten sind eine wichtige und kompakte Gruppe im Landtag. Es muss wieder mehr Bürgernähe einziehen. Das heißt: Den Menschen weiterhelfen und nicht mit neuen Auflagen und Vorschriften sekkieren. Die Lösung der Probleme der Südtirolerinnen  und Südtiroler soll wieder stärker im Vordergrund stehen. Dafür sind die pragmatischen Menschen Walcher, Locher und Noggler Garanten.“ Nun muss die SVP erstmals neben den italienischen auch einen deutschen Koalitionspartner suchen und finden. Dies wird wohl eine Richtungsentscheidung mit sich bringen: Bürgerlich oder Links-Grün liegen als Optionen auf dem Tisch. Die nächsten Wochen werden zeigen, wohin das Pendel ausschlägt.

Ulrich Höllrigl

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