Mehr Schädlinge, weniger Mittel

Die 64. Generalversammlung des Südtiroler Beratungsrings für Obst- und Weinbau machte deutlich: Unabhängige Beratung spielt eine entscheidende Rolle für die Landwirtschaft. Sorge bereitet die Zulassung von Wirkstoffen. 

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Produktion

Extreme Wetterereignisse werden immer mehr zur Herausforderung für den Obst- und Weinbau. Besonders Frost, Starkregenereignisse, Staunässe und lange Hitzeperioden beeinträchtigen die Kulturen. „Wir beraten 6000 Landwirtinnen, Landwirte und Betriebe im Anbau von Äpfeln, Weintrauben, Marillen, Kirschen und Birnen – sowohl für integrierten als auch biologischen Anbau. Unser Beratungsgebiet umfasst 22.000 Hektar in Südtirol. Dabei passen wir unsere Empfehlungen an die Bedürfnisse jeder Kultur an, denn nicht alle Pflanzen reagieren gleich auf außergewöhnliche Wetterereignisse. Auch die Anbaulage, ob im Tal oder am Berg, spielt eine entscheidende Rolle”, erklärte der Obmann des Beratungsrings, Manuel Santer. In diesem Zusammenhang gewinnen punktgenaue, präzise Wetterdaten zunehmend an Bedeutung. Der Beratungsring betreibt über das gesamte Obst- und Weinbaugebiet Südtirols verteilt 140 Wetterstationen. Ihre Sensoren liefern hochauflösende Messdaten im Fünf-Minuten-Takt. Von Temperatur über Blattnässe und Niederschlagsmenge bis hin zur Windgeschwindigkeit – jährlich werden 15 Millionen Datensätze und 77 Millionen Einzelwerte generiert, verarbeitet und den Mitgliedern über eine eigene App und die Webseite des Südtiroler Beratungsrings zur Verfügung gestellt. 

Wirkstoffe fehlen zunehmend
Robert Wiedmer, Bereichsleiter für den Obstbau beim Südtiroler Beratungsring, erwähnte in seinen Ausführungen die zunehmende Wichtigkeit der Beraterinnen und Berater beim Monitoring von Krankheiten und Schädlingen. Es gebe zwar viele Prognoseprogramme, welche versuchen, Befallsverläufe zu simulieren, für die Evaluierung sei das geschulte und erfahrene Auge des Beraters aber unerlässlich. Sorgen bereite das zunehmende Fehlen wirksamer Pflanzschutzmittelwirkstoffe, was das Risiko im Anbau ansteigen lasse. Aktuell werde versucht, über sogenannte „Notfallzulassungen“ Löcher in den Abwehrstrategien zu schließen. Im Südtiroler Weinbau ist die Goldgelbe Vergilbung nach wie vor ein zentrales Thema in der Beratung. Hier setzt der Beratungsring auf Aufklärung und konsequente Maßnahmen zum Schutz der Weinberge. Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen, dass Nachlässigkeit zu einer unkontrollierbaren Ausbreitung dieser Krankheit führen kann.  „Die wichtigste Bekämpfungsmaßnahme bleibt das konsequente Roden infizierter Rebstöcke“, betonte Hansjörg Hafner, Bereichsleiter Weinbau beim Südtiroler Beratungsring. „Nur durch die strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die enge Zusammenarbeit zwischen Winzerinnen, Winzern, Beratungsring und Pflanzenschutzdienst können wir die weitere Verbreitung der Goldgelben Vergilbung eindämmen.“ Das Konsortium Südtirol Wein finanzierte erneut ein groß angelegtes Kontrollprogramm, das in Zusammenarbeit mit dem Beratungsring durchgeführt wird. Insgesamt wurden 2,4 Millionen Reben überprüft, wobei an 3700 Rebstöcken Symptome festgestellt wurden – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Was die Umstellung auf die biologische Anbauweise betrifft, zeigt sich ein differenziertes Bild: Während im Weinbau in Südtirol jährlich weiterhin 20 bis 30 Hektar neu nach biologischen Richtlinien bearbeitet werden, ist die Anbaufläche beim Kernobst stabil bzw. leicht rückläufig. 
Bei der 64. Generalversammlung des Beratungsrings wurde Paul Pernter für seinen 25-jährigen Einsatz als Obstbauberater im Bezirk Unterland geehrt. Obmann Manuel Santer betonte, dass langjährige, kompetente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das größte Kapital des Südtiroler Beratungsrings sind. Santer dankte den insgesamt 53 Beschäftigten für ihren landesweiten Einsatz im Dienst der Mitglieder und der ­gesamten Südtiroler Obst- und Weinwirtschaft.  

Manuel Santer: „Wir beraten 6000 Landwirtinnen, Landwirte und Betriebe südtirolweit.

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