Was Trauernden Trost und Halt spenden kann, weiß Bestatterin Magdalena Schwienbacher

Menschen in ihrer Trauer beistehen

Magdalena Schwienbacher ist ausgebildete Bestatterin. Das ist ein Job rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. ­Wieso es dafür Feingefühl braucht und wieso sie der Beruf erfüllt, erzählt die junge Frau im Interview. Und erklärt auch, dass es bei ihrer Arbeit nicht immer todernst zugeht.

Lesedauer: 7
Leben

Das Bestattungsunternehmen Schwienbacher ist ein Familienbetrieb in vierter Generation: Die 35-jährige Magdalena Schwienbacher führt es gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Mann. Das Unternehmen hat drei Standorte: in Tscherms, Lana und in Meran. Die Büroräume sind schlicht eingerichtet, hell und freundlich, das ist Magdalena Schwienbacher wichtig, weil sie in der Auseinandersetzung mit Tod und Trauer auch durch das Ambiente Halt und Hoffnung spenden will. Ihr Beruf erfüllt sie mit Freude und Genugtuung, die Kundinnen und Kunden sind dankbar für ihre Begleitung. Obwohl die Arbeit sie fordert und Kraft braucht, wie sie im Interview mit dem „Südtiroler Landwirt“ sagt.

Südtiroler Landwirt: Frau Schwienbacher, Sie sind Bestatterin. Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Magdalena Schwienbacher:
Grundsätzlich bin ich durch meine Eltern zu diesem Beruf gekommen: Bereits mein Urgroßvater und mein Großvater waren Bestatter und nach ihnen mein Vater bzw. meine Eltern. Ich bin nun also Bestatterin in vierter Generation. Ich habe nach der Matura in der Handelsoberschule zunächst in einem Büro als Sekretärin gearbeitet. Ich war aber nicht ganz glücklich dort, weil ich gerne mehr mit Menschen zu tun haben wollte, Büroarbeit allein gab mir nicht die Befriedigung, die ich suchte. Ich hatte vorher schon immer etwas im Unternehmen meiner Eltern mitgeholfen und bin so auch zum Schluss gekommen, dass ich gerne in den Betrieb einsteigen wollte. Mein Vater meinte aber, dass ich zunächst in einem anderen Unternehmen lernen sollte. Also suchte ich mir ein Bestattungsunternehmen  in München, wo ich ein Praktikum machen konnte. Dort bot man mir an, die Ausbildung zur geprüften Bestatterin zu machen, was einem Gesellenbrief gleichkommt. Eine Ausbildung im eigentlichen Sinne gibt es bei uns hier gar nicht. In Deutschland wird sie berufsbegleitend angeboten. Ich bin also neben dem Praktikum jeden Monat für eine Woche in die Schule gegangen.

Was konkret lernten Sie in der Ausbildung?
Das Fächerangebot ist sehr breit gestreut: von Grab öffnen über Trauergespräche führen und Blumenschmuck bis hin zu Recht – allerdings deutsches Recht natürlich –, Marketing, Buchhaltung. Alles, was man als Bestatterin eben können und wissen sollte.

Sie haben anschließend auch noch die Meisterausbildung absolviert …
Meine Eltern haben mir nach etwa neun Monaten in München angeboten, in Meran ein eigenes Büro aufzumachen. Das habe ich dann auch getan und bin für die eine Woche im Monat von hier aus nach Münnerstadt ins Ausbildungszentrum für Bestatter gefahren, bis ich den Gesellenbrief in der Hand hatte. Das Thema Meisterausbildung kam erst danach ins Gespräch, schließlich habe ich mich dazu entschieden, auch dieses weitere Ausbildungsjahr dranzuhängen. Die Meisterabschlussprüfung legte ich dann in Düsseldorf ab und darf seither den Titel Funeralmaster führen. Einige der Schulkolleginnen und -kollegen wollten auch noch den Meister im Handwerk draufsetzen und fragten mich, ob ich nicht Lust hätte mitzumachen. In dieser Zeit musste ich dann teilweise auch nach Düsseldorf zur Ausbildung. Also habe ich auch diesen Abschluss gemacht und habe damit einen Handwerksmeisterbrief als Bestatterin, als Einzige in Südtirol. Da bin ich auch etwas stolz drauf.

Wie reagieren die Leute, wenn Sie sich als Bestatterin vorstellen?
Zunächst vielleicht mit einem ungläubigen Grinsen, dann wird oft nachgefragt: Na, ehrlich? Hast du mit Toten zu tun? Aber ich muss sagen, dass die Menschen inzwischen viel offener damit umgehen als früher. Das ist mir auch in Gesprächen mit meinem Vater klar geworden: Es ist bei den Leuten meiner Generation kein Tabu-Thema mehr. Im Gegenteil, oft entspinnen sich dann sehr intensive Gespräche daraus. Das ist der eigentliche Grund, weshalb ich nicht gleich sage, was ich beruflich mache. Weil sich dann das Gespräch stark darum dreht. Denn die Leute sind sehr interessiert und fragen viel, z. B. wie ich mit der Traurigkeit der Kundinnen und Kunden zurechtkomme. Das beschäftigt sie eigentlich am meisten. Ich habe darüber auch viel nachgedacht und bin für mich zum Schluss gekommen, dass ich meinen Beruf deshalb so mag, weil ich den Trauernden helfen und sie unterstützen kann. Das ist das Schöne an meiner Arbeit.
Wichtig ist für mich aber, dass ich in der Familie einen Ausgleich habe, dass ich dort über alles reden kann. Ich habe das Glück, dass wir ein Familienbetrieb sind, dass meine Eltern noch voll mitarbeiten und auch mein Mann, der eigentlich Bauer ist, sich einbringt, wo es geht. Wir sind ein gutes Team, und das braucht es auch: Denn wir sehen und hören viel, es gibt ja auch Unfälle, zu denen wir gerufen werden. Da ist es gut, wenn man in der Familie über alles reden kann und sich verstanden fühlt. Das gibt Halt, damit man es für sich abschließen und verarbeiten kann. Wenn ich etwas erzähle, kennt mein Vater die Situation vielleicht und versteht dann auch, wie sich das für mich anfühlt oder was sich in mir abspielt. Das erleichtert mir das Verarbeiten und Abschalten.

Sie sind als Bestatterin zwar Dienstleisterin, aber Sie brauchen für Ihre Arbeit viel psychologisches Gespür. Manchmal muss man vielleicht sogar Psychologin sein?
Wir sagen immer, dass wir grundsätzlich Dienstleistung anbieten. Wer sich tief im Trauerprozess befindet und dabei Hilfe braucht, sollte sich auf jeden Fall an einen Psychologen/eine Psychologin wenden. Aber ja, eine gewisse psychologische Funktion haben wir auch: Wir sind Zuhörer, wir hören auch gerne zu und nehmen uns die Zeit dafür. Für unsere Arbeit muss man aber auch das Gespür dafür entwickeln zu verstehen, wer reden mag und wer nicht. Denn es gibt Leute, die das gar nicht wollen, die einen also ausschließlich als Dienstleister brauchen. Auch das ist natürlich vollkommen in Ordnung.

Sind Bestattungen am Land anders als in der Stadt?
Ja, sicher. In den Dörfern wird grundsätzlich noch mehr Tradition gelebt. Obwohl man sagen muss, dass sich durch Corona auch im Bestattungsbereich große Entwicklungen ergeben haben. Da hat es ja eine Phase gegeben, in der nur ein kleiner Kreis an Personen zur Beerdigung kommen durfte. Durch diese Einschränkung haben sich die Beerdigungen insgesamt verändert. Auch heute wird manchmal im engsten Kreis und in aller Stille Abschied genommen, aber eher in der Stadt, in den Dörfern lässt man eigentlich die ganze Dorfgemeinschaft an den Trauerfeierlichkeiten teilhaben. Weil es oft auch für die Trauernden schön ist, Menschen um sich zu haben. Aber Beerdigungen im engen Kreis nehmen insgesamt zu, nicht unbedingt im Negativen, weil manche sehr kleinen Trauerfeiern sehr schön und persönlich gestaltet werden. Und es manchmal gute Gründe dafür gibt, die Feier im engsten Kreise zu behalten. Wofür ich dann aber doch plädiere, ist, dass man den Tod der/des Angehörigen kundtut und erklärt, dass man sich im kleinen Kreis verabschieden wollte. Das schützt sowohl die Hinterbliebenen als auch die Bekannten, die sonst vielleicht irgendwann nachfragen, wie es denn der Mama/dem Papa geht. Da können unangenehme Situationen entstehen – für beide Seiten. Die sollte man zu vermeiden versuchen.
Wenn aber nur deshalb in Stille und im kleinen Kreis Abschied genommen wird, damit es billiger wird, weil man es – zack, zack – einfach hinter sich bringen will, rate ich persönlich dazu, sich zu überlegen, ob das auch im Sinne der/des Verstorbenen und der Familie ist. Denn die Kosten einer Bestattung können nicht unerheblich sein und deshalb natürlich ein Argument, aber man sollte mit uns in Ruhe darüber reden, und dann findet sich auch der richtige Weg, um jemanden in Würde zu verabschieden und dabei die Kosten im Rahmen zu halten.

Was ist in Ihrem Beruf die größte Herausforderung?
Es gibt verschiedene Aspekte, die in diesem Beruf fordernd sind: Zum einen ist es natürlich die Aufgabe, immer für die Trauernden da zu sein, weil man auch die Kraft dafür aufbringen muss. Das ist aber machbar und auch schön, solange es einem Freude bereitet. Was auch klar ist, Bestatterin sein ist ein 24-Stunden-Job, 365 Tage im Jahr, auch das ist eine Herausforderung, vor allem, wenn man Familie hat. Ansonsten gibt es immer wieder kleine Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt. Aber solange einen die Arbeit erfüllt und einem andererseits auch viel gibt, nimmt man das in Kauf. Es ist wunderschön und erfüllt mich immer wieder mit Zufriedenheit, wenn ich sehe, wie dankbar Kundinnen und Kunden sind. Das gibt mir viel und so lässt sich alles meistern.

Wie kommen Sie mit der Trauerfamilie in Kontakt und welche Fragen klären Sie als Erstes?
Bei Unfällen werden wir von den Behörden kontaktiert, in der Regel aber melden sich die Familien der verstorbenen, und zwar telefonisch. Wir laden sie dann zum persönlichen Gespräch ein, bei dem sich herauskristallisiert, was sich die Hinterbliebenen wünschen. Es gibt Familien, die bereits mit sehr klaren Vorstellungen zu uns kommen. Andere brauchen mehr Beratung, vor allem, wenn zu Lebzeiten nicht mit der/dem Verstorbenen über das Thema geredet wurde, beispielsweise ob es eine Erd- oder eine Feuerbestattung sein soll.

Gibt es denn Kriterien für oder wider Feuerbestattung oder klassische Erdbestattung?
... Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 19 des „Südtiroler Landwirt“ vom 27. Oktober ab Seite 23, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

Magdalena Schwienbacher ist die einzige ausgebildete Bestatterin Südtirols.

Renate Anna Rubner

Weitere Artikel zu diesem Thema