Mit Sti(e)l: Rhabarber trifft Kochkunst
Der Rhabarber ist in der deutschen Küche schon lange beliebt, in Südtirol ist die Vielfalt seiner Verwendung noch weithin unbekannt. Bei der fünften Ausgabe der Kochkursreihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“ drehte sich alles um das frische Frühlingsgemüse.
Etwas ist anders am Abend des 27. April beim Hirschenwirt, wie die Jenesiener das Hotel und Gasthof „Zum Hirschen“ liebevoll nennen. Im Foyer tummeln sich munter 15 Bäuerinnen und Gastwirtinnen – auch ein Mann ist darunter –, deren Hintergründe zwar verschieden sind, die sich heute aber für eines zusammengefunden haben: Um den Rhabarber, ein ganz besonderes Gemüse, näher kennenzulernen. Denn in einem sind sich alle sicher: Der Rhabarber hat Potenzial – in Landwirtschaft und Gastronomie. Gartenlust trifft auf Kochkunst: Diese ganz besondere Kochkursreihe entstand aus dem Gedanken heraus, die Zusammenarbeit zwischen Gastwirtinnen und Bäuerinnen im Land zu stärken.
„Die Idee ist, dass besondere landwirtschaftliche Produkte aus Bäuerinnenhand von Gastwirtinnen in der Küche veredelt und verfeinert werden“, erklärt Helene Benedikter, Vorsitzende der Gastwirtinnen im Hoteliers- und Gastwirteverband. „Sozusagen vom Garten in die Küche und auf den Tisch. Besonders wichtig ist uns dabei der Vernetzungsgedanke zwischen Landwirtschaft und Gastronomie sowie das Augenmerk auf regionale Lebensmittel.“ Bei jedem Kurs ist eine Bäuerinnen-Dienstleisterin der Südtiroler Bäuerinnenorganisation (SBO) als Produktexpertin mit dabei. Sie erzählt vom Anbau und vermittelt Hintergrundwissen zum jeweiligen Gemüse. Dann geht es in die Küche, wo die Köchin Tipps zur richtigen Zubereitung des Produktes gibt. „Die teilnehmenden Bäuerinnen sehen dadurch die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten, die sich oft von ihren gewohnten Rezepten unterscheiden, und lernen damit die Produkte, die sie selbst anbauen, neu und besser kennen.“, sagt Landesbäuerin Antonia Egger.
Für die Gastwirtinnen hingegen ist es spannend zu sehen, wie die Produkte, die sie tagtäglich in der Küche verwenden und zubereiten, angebaut werden und welche Arbeit dahintersteht. Der Genuss kommt bei jedem der Kochkurse auch nicht zu kurz: Denn natürlich wird das im Kurs zubereitete Drei-Gänge-Menü anschließend gemeinsam verkostet.
Vom Anbau und sauren Sorten
Mangold, Rote Bete, Spinat und Kastanie – das sind die Gemüsesorten, die in der Kochkurs-Reihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“ schon behandelt wurden. Beim Rhabarber stellte sich für einige im ersten Moment die Frage: Handelt es sich hier wirklich um ein Gemüse oder gehört er doch zum Obst? Botanisch gesehen gibt es keinen Zweifel: Beim Rhabarber wird nicht der Fruchtstand gegessen, sondern der Stiel, also ist er ein Gemüse. Zum Rhabarber-Kochkurs luden Landesbäuerin Antonia Egger und Hirschenwirtin Petra Oberkofler mit ihrer Chefköchin Maria Lutz. Die Landesbäuerin ist passionierte Gemüsebäuerin, kennt sich aus auf dem Feld und weiß allerhand zum Rhabarberanbau zu erzählen.
An der Bar werden die Teilnehmerinnen zunächst mit einem Rhabarber-Aperitif begrüßt: Leicht rosa ist das erfrischende Getränk, Rhabarbersirup, der mit Schaumwein aufgespritzt wurde. Nicht jede weiß: Rhabarber steht acht Jahre lang am selben Standort, weshalb dieser gut gewählt werden soll. Das Frühlingsgemüse mag humusreiche Böden und wächst am liebsten im Halbschatten. Saisonstart für Rhabarber ist im April, die Saison kann – je nach Höhenlage – bis in den Juli hineinreichen. Und bei den Sorten gibt es einen Unterschied: Es gibt die grünstieligen mit grünem Fleisch, die rotstieligen mit grünem Fleisch und die rotstieligen mit rotem Fleisch. Hier gilt eine einfache Faustregel: je röter der Stiel, desto milder.
Ran an den Herd!
Nach der Theorie geht es ran an den Herd: Hier kochen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen gemeinsam mit Chefköchin Maria Theresia Lutz ein kreativ-buntes Menü rund um das Gemüse, um die verschiedenen Zubereitungsmöglichkeiten kennenzulernen. In der Küche werden vom Rhabarber nur die Stiele verwendet, denn, aufgepasst: Die Blätter sind ungenießbar. Die Stangen werden für die Zubereitung geschält und sollten immer gedünstet oder gekocht werden. Beliebt ist die Kombination von Rhabarber mit Erdbeeren, da sie die Säure ausgleichen. So kommt der Erdbeer-Rhabarber-Smoothie bei den Teilnehmerinnen besonders gut an. Zum Fischfilet darf ein Rhabarber-Ketchup (s. Rezept - Ausgabe 10) nicht fehlen, hierzu braucht es nur Zwiebeln, Tomaten, Zucker, Gewürze und natürlich Rhabarber – alles köcheln und mixen, schon ist das Ketchup fertig.
Als Hauptspeise gibt es im Anschluss ein Rhabarber-Curry mit Hühnchenbrust und – der Hit – zum Nachtisch einen Rhabarberkuchen mit Rhabarber-Holunder-Kompott. Das Fazit: Alle sind überrascht, wie vielseitig dieses Gemüse verwendet werden kann.
Zusammenarbeit trägt Früchte
„Wir sind froh, den Kochkurs endlich abhalten zu dürfen“, betont Landesbäuerin Egger, denn der Kurs war Corona-bedingt mehrmals verschoben worden, „und wir sind dankbar, eine so tolle Kulisse für den Kurs und eine so erfahrene Köchin wie Maria Theresia gefunden zu haben.“ Der Rhabarberkochkurs ist die fünfte Ausgabe der Kochkursreihe „Gartenlust trifft auf Kochkunst“. Die Idee zu dieser Kochkursreihe entstand aus einer Zusammenarbeit der Südtiroler Bäuerinnenorganisation mit der HGV-Vereinigung Südtiroler Gastwirtinnen und der Weiterbildungsgenossenschaft im SBB. Die Rhabarberrezepte zum Nachkochen gibt’s auf www.baeuerinnen.it.
Es ist ein Gewinn, dass der Rhabarber die weite Reise von China nach Europa auf sich genommen und es bis nach Südtirol geschafft hat. Diese robuste Pflanze ist extrem winterfest und wird von Schädlingen weitgehend verschont, weshalb der Anbau bis in hohe Lagen interessant ist. Wenn es mehr Bäuerinnen gibt, die Rhabarber anpflanzen, und Gastwirtinnen, die ihn zubereiten, kann er hier vielleicht bald ganz Fuß fassen …
Das Rezept finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 10 des „Südtiroler Landwirt“ vom 26. Mai ab Seite 21, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.