Neue Handhabe gegen den Wolf
Der Südtiroler Landtag hat vor zwei Wochen mit 25 Ja-Stimmen das Landesgesetz über Weideschutzgebiete und Maßnahmen zur Entnahme von Wölfen genehmigt. Es ist bereits in Kraft und soll helfen, gezielt gegen Problemtiere vorgehen zu können.
Fünf Jahre sind vergangen, seit der Südtiroler Landtag im Sommer 2018 das Landesgesetz über Vorsorge- und Entnahmemaßnahmen bei Großraubwild beschlossen hat – ein Gesetz, das allen Unkenrufen zum Trotz sogar der Prüfung durch das Verfassungsgericht standgehalten hat. Der Haken an der Sache: Eine Entnahme von Wölfen und Bären hat es in den vergangenen fünf Jahren nicht gegeben. Gescheitert ist das vor allem an der Tatsache, dass sich das Umweltschutzinstitut ISPRA querstellte, indem es seiner Aufgabe – ein positives oder negatives Gutachten zu einer Entnahmeermächtigung des Landeshauptmanns – schlichtweg nicht nachkam und überhaupt kein geeignetes Gutachten abgab. Genau gegen diese Untätigkeit des ISPRA will das neue Landesgesetz eine Lösung anbieten. Vorgesehen sind nämlich ab sofort zwei Gutachten: eines des ISPRA und eines der Wildbeobachtungsstelle des Landes. Sollten innerhalb von zehn Tagen ab der Ausstellung der Entnahmeermächtigung nicht beide Gutachten vorliegen, reicht es aus, wenn eines der beiden Gutachten vorliegt. Im Klartext heißt das: Wenn das ISPRA sein Gutachten weiterhin auf die lange Bank schiebt, reicht jenes der Wildbeobachtungsstelle aus. Damit wäre einer der wesentlichen Knackpunkte bei der Umsetzung des Landesgesetzes von 2018 gelöst. Doch es gab noch mehrere Gründe, ein neues Gesetz vorzulegen – dazu jedoch erstmal ein Schritt zurück …
Bewirtschaftung schützen
Den Gesetzentwurf eingereicht haben die Abgeordneten Sepp Noggler, Franz Locher und Manfred Vallazza sowie Landesrat Arnold Schuler. Bei der Ausformulierung hat der Südtiroler Bauernbund wesentliche Vorarbeit geleistet. Inhalt des neuen Gesetzes ist die Ausweisung von Weideschutzgebieten und der Erlass von Maßnahmen zur Entnahme, zum Fang oder Töten von Wölfen. Almen werden im Gesetz als wesentlicher Teil des Wirtschaftsraumes sowie der Kultur- und Erholungslandschaft anerkannt. Um ihre nachhaltige Bewirtschaftung und die damit einhergehende Biodiversität zu schützen, kann die Landesverwaltung Weideschutzgebiete ausweisen. Grundlage dafür bilden Kriterien, die in einer Durchführungsverordnung festgelegt werden. Der Direktor der Landesabteilung Forstwirtschaft kann für jedes Weidegebiet, wie es aus der Almkartei hervorgeht, festlegen, ob es sich um ein Weideschutzgebiet handelt oder nicht. Das heiße nicht – erklärte Schuler –, dass alle 1400 Almen, auf denen Vieh aufgetrieben wird, automatisch zum Schutzgebiet werden. Wesentlich ist laut Gesetz, dass in diesen Weideschutzgebieten die Errichtung von angemessenen Zäunen, der Einsatz von Herdenschutzhunden und die ständige Anwesenheit von Hirten in Begleitung von Hirtenhunden nicht zumutbar sind. Eine Klassifizierung der Almen brauche es – betonte Schuler – auch wegen der Entschädigungszahlungen bei Rissen durch Großraubwild.
Voraussetzung für die Entnahme
Detailliert festgelegt sind im Gesetz unter anderem auch die Voraussetzungen, unter denen der Landeshauptmann zu einer Entnahme von Wölfen ermächtigen kann. Dazu müssen:
- mindestens 25 Nutztiere innerhalb von vier Monaten gerissen werden;
- mindestens 15 Nutztiere innerhalb von einem Monat gerissen werden;
- mindestens acht Nutztiere innerhalb von vier Monaten gerissen werden, nachdem früher bereits Schäden durch Wölfe zu verzeichnen waren;
- bei Rinder- oder Pferdeherden oder Herden von Neuweltkameliden (Lamas, Alpakas u. ä.) mindestens zwei Nutztiere innerhalb von vier Monaten gerissen werden.
Außerdem kann der Landeshauptmann die Entnahme anordnen, wenn die Zielsetzungen der Weideschutzgebiete durch schwerwiegende Vorfälle mit Rissen am Viehbestand offenkundig gefährdet sind. Die Ermächtigungen sind auf maximal 60 Tage und auf ein angemessenes Gebiet zu beschränken, das die festgelegten Weideschutzgebiete miteinschließt. Können Schäden keinem bestimmten Wolf zugeordnet werden bzw. ist aufgrund der zeitlichen und räumlichen Verteilung der Risse anzunehmen, dass alle Tiere von demselben Wolf getötet oder verletzt wurden, ist der Fang oder die Entnahme des betreffenden Wolfes in jener Stückzahl zulässig, die als für die Rissereignisse verantwortlich erachtet werden.
Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 12 des „Südtiroler Landwirt“ vom 23.Juni ab Seite 16, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.