Innovationsfreudigen Betrieben eine Anlaufstelle bieten: Das will die Bauernbund-Abteilung Innovation & Energie seit 15 Jahren. 

„Neuen Ideen Orientierung geben“

Vor 15 Jahren hat der Südtiroler Bauernbund die Abteilung Innovation & Energie gegründet. Abteilungsleiter Matthias Bertagnolli blickt im Gespräch auf Erfolge, Herausforderungen und die Zukunft der Innovationsarbeit für die Landwirtschaft.

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Weiterbildung

In 15 Jahren hat sich auch die Abteilung Innovation & Energie im Südtiroler Bauernbund – wie sie heute heißt – kontinuierlich weiterentwickelt. Wie sich das konkret äußert, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Jahren über ihren eigenen Aufgabenbereich gelernt haben und wie das 15-jährige Bestehen der Abteilung auf der kommenden Fachmesse Agrialp in Bozen gefeiert werden soll – über all das und noch mehr spricht Abteilungsleiter Matthias Bertagnolli in der aktuellen Ausgabe des Podcasts „Zuaglost“. Hier folgt eine Zusammenfassung des Gesprächs …

Südtiroler Landwirt: Herr Bertagnolli, Sie sind seit fast 25 Jahren beim Bauernbund. Wie hat Ihr Weg in die Innovationsarbeit geführt?
Matthias Bertagnolli:
Ich bin vor fast 25 Jahren zum Bauernbund gekommen, zunächst als Mitarbeiter für ein Projekt für Bergwiesenheu. Danach war ich in der Weiterbildungsgenossenschaft tätig, die ich später auch leiten durfte. Dann wechselte ich in die neue Abteilung Innovation & Energie. Seit eineinhalb Jahren bin ich Teil der Bauernbund-Geschäftsleitung. Ich durfte also miterleben, wie sich diese Abteilung von den ersten Schritten bis heute entwickelt hat.

Warum hat der Bauernbund damals eine eigene Innovationsabteilung gegründet?
Der Bauernbund wollte gezielt jene Bäuerinnen und Bauern unterstützen, die Neues ausprobieren wollen. Neben den großen Sektoren wie Milch, Obst, Wein gibt es viele kleine Nischen mit Potenzial. Gleichzeitig weiß man: Neun von zehn neuen Ideen scheitern. Deshalb brauchte es eine Abteilung, die Bäuerinnen und Bauern auffängt, wenn sie Neues wagen – eine Art Sicherheitsnetz, das Mut macht und beim Umsetzen hilft.

Wie haben sich die Aufgaben seit der Gründung verändert?
Die ersten Jahre waren Aufbauarbeit. Wir mussten Strukturen schaffen, Kontakte knüpfen, die Bedürfnisse der Mitglieder verstehen. Danach folgten konkrete Projekte und Beratungsangebote. Heute wissen wir klarer, wo wir unsere Stärken haben. Wir können nicht auf jede Frage eine Antwort geben, aber wir wissen, wie man zu einer Antwort kommt. Dieses Bewusstsein war ein großer Schritt.

Welche Projekte sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Da gibt es viele. In den Anfangsjahren haben wir Nischen wie landwirtschaftliches Bier, Fisch- und Krebszucht, Safran, Hanf, Beeren, Mastgeflügelhaltung untersucht. Manche ­Ideen wurden umgesetzt, andere nicht. Wichtig war, Wissen zu sammeln und weiterzugeben. Dieses Wissen nutzen wir heute noch, etwa in der Beratung oder in neuen Projekten rund um Verarbeitung und Direktvermarktung.

Gab es auch besonders ausgefallene Ideen?
Ja, und die sind oft die spannendsten! Wir haben uns mit Schnecken, Insekten, Leguminosen oder exotischen Früchten wie Asimina beschäftigt. Was anfangs kurios klingt, kann überraschend viel Potenzial haben. Uns geht es darum, Neues offen zu prüfen und ehrlich zu bewerten, ob es in Südtirol funktioniert. Manchmal entstehen daraus echte Innova­tio­nen, manchmal wertvolle Erkenntnisse für andere Projekte.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Landwirtinnen und Landwirten ab?
Wir bieten zwei Beratungsschienen: In der Orientierungsberatung helfen wir, neue Wege zu finden. Wir analysieren gemeinsam Stärken und Ideen des Betriebs. Wenn eine Idee steht, folgt der Ideen-Check – da prüfen wir Wirtschaftlichkeit, Standort, familiäre Situation und Fördermöglichkeiten. Der Betrieb entscheidet immer selbst, ob und wie er den Weg weitergeht. Wir begleiten, aber wir nehmen keine Entscheidungen ab.

Wie wichtig ist dabei Ihr Netzwerk?
Es ist sehr groß und extrem wichtig. Wir arbeiten eng mit anderen Abteilungen im Bauernbund zusammen – von der Steuerberatung über die Betriebsberatung bis hin zur Rechtsabteilung. Darüber hinaus pflegen wir Kontakte zu Forschung und Praxis: Laimburg, BRING, SBR, Uni Bozen, Eurac, NOI Techpark, die Landwirtschaftssektoren, aber auch Institutionen in Rom und Brüssel. Wir verstehen uns als Netzwerker. Wir wissen nicht alles selbst, aber wir wissen, wen man fragen muss.

Innovation heißt ja nicht nur, sich ständig neue Produkte auszudenken. Was umfasst der Begriff für Sie?
Innovation bedeutet, neue Denkweisen zuzulassen und alte Strukturen zu hinterfragen. Es geht um neue Technologien, Digitalisierung, Geschäftsmodelle und Produktionsformen. Wir begleiten Betriebe, die Roboter, Sensorik oder KI-Anwendungen einsetzen wollen, ebenso wie jene, die neue Vermarktungswege suchen. Wichtig ist immer: Innovation muss wirtschaftlich und alltagstauglich sein.

Ein Schlagwort ist auch Crowdfunding. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Sehr gute. Crowdfunding ist nicht nur ein Finanzierungsinstrument, sondern auch ein Marketing-Tool. Betriebe testen damit neue Produkte am Markt, bauen eine Kundengruppe auf und gewinnen Aufmerksamkeit. Es ist erstaunlich, wie stark solche Kampagnen motivieren können. Ich kann nur ermutigen: Wer eine Idee hat, sollte diesen Weg prüfen – und sich gerne jederzeit bei uns melden!

Der zweite Teil Ihrer Abteilung heißt „Energie“. Was steckt dahinter?
Energie ist ein stark wachsendes Thema. Wir beraten Betriebe bei Photovoltaik, Energieeffizienz und Energiemanagement. Wichtig ist: erst den Verbrauch kennen, dann optimieren und danach Energie produzieren. Viele Betriebe sparen dadurch Kosten und leisten gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz. Energiegemeinschaften und Eigenstromnutzung werden künftig noch wichtiger.

Wie geht die Abteilung in die nächsten 15 Jahre?
Die Themen werden uns nicht ausgehen. Klimawandel, Digitalisierung und gesellschaftliche Veränderungen fordern neue Antworten. Wir wollen Mut machen, Neues auszuprobieren und gemeinsam zu lernen. Südtirols Landwirtschaft ist innovativer, als viele glauben – und wir wollen helfen, dass das so bleibt.

Das Jubiläum wird auch auf der Fachmesse Agrialp gefeiert. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher?
Wir zeigen Projekte, erzählen Erfolgsgeschichten und diskutieren über die Zukunft der Innovation in der Landwirtschaft. Gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern wollen wir auf 15 Jahre zurückblicken und nach vorne schauen. Das Ziel bleibt dasselbe: Ideen aufgreifen, weiterentwickeln und gemeinsam Zukunft gestalten. 

Interview: Bernhard Christanell

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