Die praktizierende Großtierärztin Monika Hinterhuber geht mit Begeisterung ihrer Arbeit nach und freut sich über die Fürsorglichkeit der Bauern.

Tierärztin: Mehr als nur eine Arbeit

Einen schönen, wenn auch fordernden Beruf hat sich Tierärztin Monika Hinterhuber aus Bruneck ausgesucht. Mit dem „Südtiroler Landwirt“ hat sie darüber gesprochen. „Unbezahlbar“ sind für sie die Momente, in denen sie Tieren helfen konnte.

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Leben

Das Interesse für Tiere bestand bei Monika Hinterhuber schon von Kind auf. „Statt mit Puppen zu spielen, beschäftigte ich mich schon damals lieber mit Tieren und spielte mit ihnen“, erinnert sie sich zurück. Dabei entwickelte sich schließlich auch ihr Bedürfnis, den Tieren bei Not zu helfen. So entschloss sie sich für das lange und fordernde Veterinärmedizinstudium. „Es braucht schon ein starkes Durchhaltevermögen, um das zwischen sechs und sieben Jahre dauernde Studium zu bewältigen“, gibt die ehrgeizige Tierärztin zu. Doch am Ende mache es sich auf jeden Fall bezahlt: „Denn die Momente, in denen man ein Tier erfolgreich behandeln konnte, sind unbezahlbar.“ Kritisch sieht Hinterhuber den „Numerus clausus“, durch den Studenten und Studentinnen nur mit Bestnoten Zugang zum Studium an deutschen und österreichischen Universitäten erhalten. „Für diese Arbeit braucht es mehr als nur hervorragende Noten!“, ist sie überzeugt. Empathie und ein guter Umgang sowohl mit den Tieren als auch mit den Bauern sei in diesem Beruf unverzichtbar, erklärt die erfahrene Hinterhuber. Sie selbst hat sich zur Großtierpraktikerin ausbilden lassen. Das sei sogar weniger gefährlich, als mit Kleintieren zu arbeiten: „Denn Hunde und Katzen zum Beispiel beißen viel öfter zu“, schmunzelt Monika Hinterhuber. In ihrer bisherigen Berufslaufbahn hatte sie nur ein einziges Mal mit einer Sehnenverletzung zu kämpfen, weil eine etwas nervöse Kuh sie getreten hatte.

Kann Frau das?
Als praktizierende Großtierärztin ist Monika Hinterhuber schon lange nicht mehr die einzige Frau, die sich für diesen Beruf entschieden hat. Mit Vorurteilen und dummen Sprüchen hatte sie nur anfangs ihrer Karriere zu kämpfen. Inzwischen empfinden es die meisten glücklicherweise als selbstverständlich und normal, dass eine Frau diese Arbeit ausübt. „Natürlich gibt es immer noch Ausnahmen, aber die sind zum Glück selten“, bestätigt Hinterhuber. Dass Körperkraft und Größe allerdings eine Rolle bei dieser Tätigkeit spielen, kann sie nicht abstreiten: „Es ist schon vorteilhaft, wenn man etwas größer ist und längere Arme hat.“ Trotzdem wäre es falsch zu glauben, kleine zartere Personen könnten etwa beim Kalben weniger gut helfen. „Es gibt sehr viele nützliche Hilfsmittel wie etwa eine Torsionsgabel, welche man zum Drehen des in der Gebärmutter verkehrt herum liegenden Kalbes verwenden kann. So ist es auch schon vorgekommen, dass Hinterhuber bei einer gebärenden Kuh Unterstützung von der Bäuerin bekam, während der Bauer anderen Aufgaben nachging. Wie in vielen anderen Jobs auch ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Tierärztinnen eine große Herausforderung. Denn zwischen Nacht- und Wochenenddiensten wird es oft schwierig, ausreichend Zeit der Familie zu widmen. Deshalb sei es wichtig, dass von der Politik die nötigen Weichen gestellt werden, um den angehenden Tierärztinnen ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. „Im Hinblick auf die vielen bevorstehenden Pensionierungen von Tierärzten besteht hier dringender Handlungsbedarf“, meint die Tierärztin.

Ein Blick nach Norden
Eine andere Baustelle ist das Vergütungssystem: „Mit einem festgelegten Tarifsystem, so wie es beispielsweise in Deutschland oder Österreich der Fall ist, welches alle Leistungen umfasst, wäre vieles einfacher“, meint Hinterhuber. „Neueinsteiger sind praktisch gezwungen, sich mit alteingesessenen Tierärzten zusammenzuschließen, um überhaupt in den Beruf einsteigen zu können und Aufträge zu erhalten“, erklärt sie. Die Entlohnung ist angesichts der großen Verantwortung und immer weiter zunehmenden Belastung, der steigenden Bürokratie und dem zeitlichen Aufwand nicht besonders hoch. „Dem könnte durch Nacht- und Wochenendzuschläge entgegengekommen werden“, schlägt die Tierärztin vor. Auch Gemeinschaftspraxen mit einem kombinierten System zwischen Klein- und Großtier-Behandlungen wären eine Möglichkeit, dem Problem entgegenzusteuern. „Handlungsbedarf bestünde auch noch in der Zusammenarbeit mit Nachbarkollegen“, unterstreicht Hinterhuber, „denn nur durch gute Absprachen untereinander werden die künftigen Mehraufwände zu bewältigen sein.“

Große Dankbarkeit
Trotz der kleineren und größeren Schwierigkeiten ist Monika Hinterhuber nach wie vor begeistert von ihrem Beruf. „Das Schönste“, betont sie immer wieder, „ist die große Dankbarkeit der Bauersleute, wenn eine Behandlung erfolgreich war.“ Prinzipiell erfahren Tierärzte hierzulande viel Wertschätzung. Das erkenne man auch daran, dass sich die Bauern auch bei kleineren Verletzungen und Problemen an sie wenden und sich fürsorglich um ihre Tiere kümmern. „Es kommt auch immer öfter vor, dass ich als Beraterin fungiere“, erklärt Hinterhuber, „zum Beispiel in Fragen, die Laufstall oder Anbindehaltung betreffen.“ Denn beide hätten Vor- und Nachteile: So komme es etwa auf die Anzahl der Kühe, den zur Verfügung stehenden Platz sowie die Möglichkeit für Weidegänge und viele weitere Faktoren an, welche Art der Haltung am Ende sinnvoller sei, damit die Nutztiere dem Bauern lange erhalten bleiben. Den zunehmenden Einsatz von Melkrobotern und der damit einhergehenden Industrialisierung steht  Hinterhuber etwas kritisch entgegen. Denn auch hier gelte es abzuwägen, inwiefern das Tierwohl gewährleistet werden kann. „Ein weiteres großes Thema ist der Umgang mit Antibiotika in Bezug auf Classyfarm und den daraus resultierenden Förderungen", hebt  die Tierärztin hervor, „Antibiotika müssen verabreicht werden, wenn sie für die Genesung unerlässlich sind – natürlich nur im richtigen Maß und zum richtigen Zeitpunkt. Das Tierwohl sollte jedoch zu jeder Zeit Priorität haben, auch wenn ein Betrieb dadurch die Förderungen zu verlieren riskiert."

Herzzerreißende Entwicklung
Erschreckend und traurig findet Monika Hinterhuber die Entwicklung bei den Großraubtieren: „Es ist herzzerreißend, wenn man auf eine Weide gerufen wird, wo der Wolf gewütet hat – so einen Anblick vergisst man nicht mehr.“ Die Tiere, die noch gerettet werden können, seien zutiefst traumatisiert, sodass die Bauern auch Jahre nach dem Angriff noch Schwierigkeiten hätten, die Herde wieder in den Griff zu bekommen. „Da mittlerweile immer mehr Schaf- und Ziegenhalter aufgeben, greift der Wolf nun vermehrt auch Kälber an“, erzählt die Ärztin kopfschüttelnd. Das sei bedenklich. „Ich hoffe, dass sich diesbezüglich bald politisch etwas tut!“

Evelyn Gafriller

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