Wolf ist für Almen größte Gefahr

Die Rückkehr der Großraubtiere ist das größte Problem für Südtirols Almen. Jeder vierte Almbetrieb sieht seine Zukunft wegen dieser und anderer Herausforderungen düster. Das zeigt eine Umfrage des Wirtschafts­forschungsinstituts der Handelskammer Bozen auf.

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Politik Wirtschaft

Das WIFO hat auf Initiative des Südtiroler Bauernbundes und in Zusammenarbeit mit der Landesverwaltung die Situation der Almwirtschaft untersucht. Um ein aktuelles Stimmungsbild zu erhalten, haben die Wirtschaftsforscher unter anderem 420 Almbetriebe befragt. Die Umfrage fand zwischen Mai und Juli 2022 statt und ist repräsentativ für die insgesamt rund 1400 Almbewirtschafter in Südtirol. Die Ergebnisse hat das WIFO vergangene Woche in Bozen vorgestellt.
Gefragt wurden die Almbetreiber nach den Gründen für die Bewirtschaftung ihrer Alm. Für die allermeisten sind die Tiergesundheit und die Futtereinsparung am Hof die wichtigsten Aspekte. Knapp dahinter folgen nichtwirtschaftliche Leistungen, die mit der Almpflege einhergehen, wie der Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft, der Erhalt der bäuerlichen Tradition, die Förderung der Artenvielfalt und der Beitrag zum Schutz vor Naturgefahren. Für knapp die Hälfte der Almbewirtschafter bedeutet die Alpung außerdem eine Arbeitserleichterung am Hof.

Aufwand für Weidepflege
Eine zentrale Fragestellung der Studie betrifft die Herausforderungen in der Almbewirtschaftung. Ein überraschendes Ergebnis ist, dass knapp 80 Prozent der Almbewirtschafter Mühe haben, sich ausreichend um die Weidepflege zu kümmern. 57 Prozent der Befragten bestätigen denn auch, dass die Verbuschung ihrer Almflächen in den letzten fünf Jahren zugenommen hat. Unter den weiteren relevanten Herausforderungen werden Konflikte mit Wanderern und Mountainbikern, die Instandhaltung von Almgebäuden und die fehlende Wirtschaftlichkeit genannt (jeweils rund 35 Prozent). Größte Schwierigkeit ist für Südtirols Almbetriebe aber erwartungsgemäß das Großraubwild. 80 Prozent der Almbetreiber empfinden die Rückkehr von Wölfen und Bären als wichtigste Herausforderung. Als größtes Problem werden in diesem Zusammenhang der emotionale Verlust durch gerissene Tiere sowie die Befürchtung, dass die Bauern und Bäuerinnen ihr Vieh nicht mehr auftreiben wollen, genannt. Auch wirtschaftliche Einbußen durch Viehrisse und ein zusätzlicher Arbeitsaufwand durch Herdenschutzmaßnahmen werden von einer Mehrheit der Almbetreiber befürchtet.
Wenig überraschend bezeichnen 62 Prozent der Almbetreiber den Wolf als größte Gefahr für das Almvieh. Weit dahinter liegen andere Gefahrenquellen wie Unfälle im Gelände, Blitzschläge oder frei laufende Hunde.

Bestände regulieren
So gut wie alle Almbetriebe (94 %) äußern Kritik an den unzureichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Umgang mit Wolf und Bär. Als Maßnahmen zum Schutz vor dem Großraubwild fordern sie in erster Linie eine Bestandsregulierung, die Entnahme von Problemtieren und die Schaffung wolfsfreier Zonen. Dagegen werde Maßnahmen zum Herdenschutz als weniger sinnvoll empfunden. Die meisten Almbewirtschafter verweisen in diesem Zusammenhang auf die schwierige Umsetzbarkeit und mangelnde Wirksamkeit von Zäunen und anderen Maßnahmen sowie auf den hohen Kosten- und Zeitaufwand. Aber auch kulturelle Aspekte wie das Landschaftsbild und der Erhalt des freien Weidens spielen in der Haltung der Almbewirtschafter eine Rolle.

Düsteres Stimmungsbild
Mit Blick auf die Zukunft wird die Einschätzung der Almbetriebe zum Teil pessimistisch. 42 Prozent der Befragten bezeichnen die Aussichten als „eher“ oder „sehr schlecht“, während 52 Prozent der Befragten von einer „sehr guten“ oder „eher guten“ Zukunft der eigenen Almbewirtschaftung ausgehen. Die Gründe für die pessimistische Einschätzung sind laut WIFO die genannten Herausforderungen wie hauptsächlich die Großraubtiere sowie fehlende zeitliche und finanzielle Ressourcen, beispielsweise für die Weidepflege oder den Herdenschutz. Konkret glaubt deshalb jeder vierte Almbetrieb (26 %), dass seine Alm in den nächsten zehn Jahren nicht mehr bewirtschaftet wird.

Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 8 des „Südtiroler Landwirt“ vom 28. April ab Seite 16, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

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