Mit Begeisterung voraus

Beim „Kiahgros mahnen af die Troutn“: Mit diesem Bild von Georg und seinem Sohn Philipp vom Kernhof in Pens zeigt die Südtiroler Bäuerinnenorganisation im Rahmen der Sensibilisierungskampagne MutterNacht, welch wertvolle Vorbildfunktion Väter für ihre Kinder haben.

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SBB Leben

„Ich musste auf Philipp aufpassen, weil meine Frau Renate zur Arbeit gegangen war. Mir war klar: Wenn ich Philipp zum Kiahgrosmähen mitnehme, dann braucht er etwas zu tun. Ich zimmerte ihm also eine kleine Sense und gemeinsam haben wir die Arbeit erledigt!“, beschreibt Georg die Situation auf dem Bild, das im Rahmen der Sensibilisierungsaktion MutterNacht als Gewinnerbild ausgewählt wurde (s. Podcast). „Wir bauen Kartoffeln an und der Hafer geht für die Fruchtfolge ganz gut. Er wird dann gemäht und an die Kühe verfüttert, Kiahgros holt“, erklärt der 31-Jährige. Und man sieht die Begeisterung in seinen Augen, während er im Gespräch erzählt, welche Freude Philipp mit der kleinen Sense hat.

Freude an die Kinder weitergeben
Georg ist gelernter Tischler und Zimmerer. Vor fünf Jahren hat er den Kernhof in Pens von seinem Onkel Stanislaus Mair übernommen und ist seitdem zusätzlich Bauer. Aber eigentlich ist er Bauer und geht nebenher seiner alten Arbeit nach. Er bewirtschaftet den 50 Hektar großen Hof, davon rund 12 Hektar Wiesen. Im Stall stehen 40 Stück Grauvieh, 23 Kühe. Und ein paar Schafe für die Kinder, zwei Schweine für den Eigengebrauch. Georg hat schon von klein auf am Hof mitgearbeitet, vor allem mit dem Vieh hatte er immer schon eine große Freude. Und die möchte er seinen Kindern weitergeben. „Magdalena mag lieber die Maschinen“, erzählt Georg über seine Tochter. Für ihn wäre es auch in Ordnung, den Hof einmal an sie weiterzugeben. „Die Freude mit dem Vieh muss halt da sein, sonst wird einem die Arbeit zu viel“, meint er. Renate, seine Frau, sieht es ähnlich. Für sie ist es wichtig, alles gemeinsam zu machen, dann geht alles leichter. Wenn’s sein muss, nimmt auch sie die Sense in die Hand, warum nicht? Renate ist Sozialarbeiterin im Altersheim in Sarntal, zurzeit ist sie zu Hause in Mutterschaft bei der einjährigen Tochter Magdalena. Für sie steht fest: Sie möchte zurück zu ihrer Arbeit.

Klassische Rollenbilder überdenken
Gemeinsam schaffen sie es auch, alles unter einen Hut zu bringen: die Arbeit am Hof, die Arbeit außerhalb und die Familie – mit Hilfe der Großfamilie. Im Nebenhaus wohnen die Eltern von Georg, seine Mutter Cäcilia hilft, wann immer sie gebraucht wird. Das ist klar, ohne ihre Unterstützung geht es nicht. Als Renate nach gut einem Jahr Mutterschaft bei Philipp wieder ihrer Arbeit nachging, musste Georg die klassisch gesellschaftlich geprägte Mutterrolle übernehmen. Das schaffte er, weil ihm sein Onkel und seine Mutter in der Früh bei der Arbeit im Stall halfen. So konnte Georg nach sieben Uhr vom Stall ins Haus und sich um Philipp kümmern. Das Windelwechseln ist für Georg kein Problem, auch das Kochen nicht. „Das Stritzlmachen habe ich von meiner Oma gelernt“, erzählt Georg mit Stolz. Bei ihm zu Hause war es der Vater, der oft kochte und den Haushalt machte, weil seine Mutter lieber bei der Arbeit auf dem Feld half. Bei Renate daheim war es umgekehrt: Da gab es das traditionelle Rollenbild – die Mutter war immer zu Hause und für Küche, Garten, Erziehung usw. zuständig, der Vater für die Arbeit im Stall und Feld, für die Männerarbeiten halt.
Im Gespräch wird klar: Die Kinder übernehmen vieles von ihren Eltern, die Vorbildfunktion ist schon wichtig, um den Kindern die Richtung vorzugeben, zumindest vorzuleben. Die Chance, dass sie das eine oder andere in ihrem Leben nachmachen, ist dann größer. Georg möchte seinen Kindern zeigen, was man aus Holz alles machen kann, wie man aus Steinen eine Mauer baut, wie man mit den Kühen im Stall umgeht … „Logisch, das braucht Zeit, denn man muss es in ihrem Tempo machen. Dazu braucht es Geduld, doch so kann ich sie für diese Arbeiten begeistern!“, ist sich Georg sicher. Das sieht man auch im Stall: Voller Begeisterung füttert Philipp mit seiner kleinen Heugabel die Kühe. Dieses Tunlassen, dasselbe machen wie der „Tatte“, ist einfach bärig für den Kleinen.

Für Georg ist wichtig, dass die Kinder mit dabei sind: Wenn ich eine Mauer aufstelle, gebe ich Philipp einen Hammer und ein paar Steine und er mauert mit mir – den ganzen Tag.“ Er hat sich bisher keine Gedanken über Rollenbilder gemacht. Die Arbeit muss erledigt werden, und zwar so, dass es auch für Renate gut geht. Und da ist es für ihn selbstverständlich, dass auch er kocht, dass auch er auf die Kinder schaut, dass auch er sich die Zeit für sie nimmt. „Onkel Stanislaus hat sich für mich immer viel Zeit genommen, Zeit hat bei ihm keine Rolle gespielt, und so habe ich von ihm viel gelernt,“ sagt Georg. Das probiert er heute bei seinen Kindern auch. Es ist nicht immer einfach, denn die Zeit ist knapp. Am Abend übernimmt er oft das Kochen, das ist für Renate sehr entspannend. Georg macht auch Pizza und Brot. Putzen könnte er mehr, sagt Renate. „Ja, das tue ich nicht so gern, kehren schon und den Traktor putze ich auch, aber sonst putze ich selten“, gibt Georg zu. Nach längerer Diskussion, ob hier die Väter auch eine Vorbildfunktion haben sollten, damit in Zukunft nicht nur die Frauen putzen, ist man sich einig, dass das wohl der richtige Weg sein sollte.

Den ganzen Bericht finden Sie ab Freitag in der Ausgabe 9 des „Südtiroler Landwirt“ vom 12. Mai ab Seite 23, online auf „meinSBB“ oder in der „Südtiroler Landwirt“-App.

Ulrike Tonner

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